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Erhabenheit blieb, so war doch sein Geschmack milder und
vermied meistens das Uebertriebene. Sodann erschuf Ra-
phael eine mehr zusammenhängende Geschichtödarstellung der
ganzen Offenbarung. Er führte die alte fast vollständig
durch, und schloß die neue vollendend an; die neue setzt er
nun fort in mancherlei Gemälden zu allen Zeiten und schafft
ihr schönere erhöhtere Ideale, erschöpft einige fast und bringt
andere der Vollkommenheit nahe. Für die christliche Kunst-
welt ist der Stifter des Glaubens das Höchste, wozu sie sich
hinanschwingen kann, da im Grunde derselbe Begriff des
Ideals im Gottmenschen liegt, als in den Götterbildungen
der Alten, nur mit der Eigenheit, daß höchste sittliche
Kraft versinnlicht erscheinen soll.
Denkt euch ein Wesen, in dem alle sittliche Reinheit
und Größe, als Gegensatz des Sittlich r Häßlichen; aber
Güte, ohne alle Schwäche; reines Wohlwollen und allumr
fassende Liebe ohne Empfindsamkeit vereinigt ist, und versetzt
nun dieses in einen Leib, gebt ihm eine Umhüllung, und
ihr werdet finden, daß keine als die schönste, d. h. in allen
Theilen harmonische, seiner würdig geachtet werden kann.
Aber es wird nicht die Schönheit eines Herkules, nicht die
weichliche eines Bacchus, des sinnlichen Freudsngebers,
sondern eher die eines Phöbus Apollo seyn, der im Gefühle
seines Adels alles Unreine haßt, alles Zerstörende, alles
Böse zu zerstören strebt. Ihm rasselt der Pfeil auf de;
Schulter, wenn er vom Himmel sich schwingt, um zu stra-
Erhabenheit blieb, so war doch sein Geschmack milder und
vermied meistens das Uebertriebene. Sodann erschuf Ra-
phael eine mehr zusammenhängende Geschichtödarstellung der
ganzen Offenbarung. Er führte die alte fast vollständig
durch, und schloß die neue vollendend an; die neue setzt er
nun fort in mancherlei Gemälden zu allen Zeiten und schafft
ihr schönere erhöhtere Ideale, erschöpft einige fast und bringt
andere der Vollkommenheit nahe. Für die christliche Kunst-
welt ist der Stifter des Glaubens das Höchste, wozu sie sich
hinanschwingen kann, da im Grunde derselbe Begriff des
Ideals im Gottmenschen liegt, als in den Götterbildungen
der Alten, nur mit der Eigenheit, daß höchste sittliche
Kraft versinnlicht erscheinen soll.
Denkt euch ein Wesen, in dem alle sittliche Reinheit
und Größe, als Gegensatz des Sittlich r Häßlichen; aber
Güte, ohne alle Schwäche; reines Wohlwollen und allumr
fassende Liebe ohne Empfindsamkeit vereinigt ist, und versetzt
nun dieses in einen Leib, gebt ihm eine Umhüllung, und
ihr werdet finden, daß keine als die schönste, d. h. in allen
Theilen harmonische, seiner würdig geachtet werden kann.
Aber es wird nicht die Schönheit eines Herkules, nicht die
weichliche eines Bacchus, des sinnlichen Freudsngebers,
sondern eher die eines Phöbus Apollo seyn, der im Gefühle
seines Adels alles Unreine haßt, alles Zerstörende, alles
Böse zu zerstören strebt. Ihm rasselt der Pfeil auf de;
Schulter, wenn er vom Himmel sich schwingt, um zu stra-