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Brugsch, Heinrich
Reiseberichte aus Aegypten: geschrieben in den Jahren 1853 und 1854 — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.11791#0118
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von Monfalüt an, den gegenüberliegenden steilen arabischen
Bergen an Höhe nichts nachgibt. Ich ritt in das Stadt-
thor ein, welches zugleich die Pforte des Gouvernements-
gebäudes bildet, und hatte das traurige Schauspiel einer
orientalischen Soldatenaushebung vor Augen. Der ganze,
von Bäumen beschattete Hof, war von hockenden Männern
und Weibern belagert. Die Schechs der einzelnen Dör-
fer hatten ihr Contingent herbeigeführt und die Verlosung
sollte gerade vor sich gehen. Koptische Beamte, leicht
kenntlich an den schwarzen und blauen Turbanen, standen
an den Thüren und waren eifrig bemüht, ihr Amt als Ka-
tib oder Schreiber der Begierung auszuführen. Eine stei-
nerne Brücke , unter welcher das von den Feldern nach
und nach abströmende Nilwasser mit grossem Geräusch
abfloss , führte in das Innere der Stadt, die im Ganzen
recht regelmässig gebaut ist, und eine seltene Eigenschaft"
im Orient, das Aussehen grosser Reinlichkeit hat. Von
dem entgegengesetzten Theile der Stadt führt gleichfalls
ein Damm nach dem naheliegenden Kalkgebirge, auf des-
sen Mitte und Höhe eine grosse Anzahl antiker Gräber
schon von weitem die Neugierde des Forschers anlocken.
Mit Leichtigkeit bestieg ich den Berg und genoss auf der
Höhe eines der schönsten Schauspiele, welches ganz Aegyp-
ten, so glaube ich , dem Freunde der Natur darzubieten
vermag. Wie ein kleines Venedig breitet sich die Stadt
mit ihren zahlreichen braunen Häusermassen und flachen
Dächern, mit ihren Moscheen, aus denen die weissgetünch-
ten Minarets den Halbmond in die Luft strecken , mit ihren
grünen Wiesen und Gärten vor den überraschten Blicken
aus. Und wie Inseln im grossen Weltmeere , so ragen
 
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