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Brugsch, Heinrich
Reiseberichte aus Aegypten: geschrieben in den Jahren 1853 und 1854 — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.11791#0219
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Karnak. Fragment aus meinem
Tagebuche. October.

Ich habe es nicht nöthig zu belheuern, dass mir die Stunden
in Karnak unter meinen wissenschaftlichen Beschäftigungen
unbemerkt dahinfliessen. Kommt der Abend heran, so kehre
ich von meiner Arbeit von den Ruinen in den Ape-Tempel
zurück, und finde gewöhnlich Besucher, mit denen bei dam-
pfendem Schibuk die Abendstunden nach dem Essen ver-
plaudert werden. Mein steter lieber Gast ist ein Türke,
Abdurrahhman Effendi, von ansprechendem Aeussern und
gewinnender Unterhaltung. Sein Haus liegt am Ende der
Sphinx-Allee von Karnak, also nicht gar zu weit vom mei-
nigen entfernt. Bisweilen reite ich nach Luqsor, um Herrn
Maunier einen Besuch abzustatten, und finde mich auf dem
Amenophis-Tempel wie in Paris wieder. Von Reisenden ist
bisjetzt Niemand angelangt; es scheint als ob die kriegeri-
schen Verhältnisse draussen in Europa selbst den Engländern
die Reiselust verdorben habe. Nur den muthigen Jesuiten,
Pater Ignaz Knoblocher, Abiina Soliman, habe ich neulich
mit zehn jungen Deutschen in Luqsor getroffen und mich
herzlich gefreut einmal wieder deutsche Laute zu vernehmen.
Der Pater geht mit seiner Expedition nach Chartüm, um von
da aus am dritten Grade im Lande der Dinka-Neger eine
Station zu errichten. Am vierten Grade befindet sich
bereits ein Haus. Der Paler ist ein Mann im Alter von etwa
35 Jahren, voller Unternehmungsgeist, besitzt die Gabe
grosser Beredtsamkeit und ein liebenswürdiges Benehmen.
 
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