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ERSTES KAPITEL.

AEGYPTENS LAGE UND GEENZEN IN DEN VERSCHIEDENER EPOCHEN SEINES POLITISCHEN

BESTEHENS.

Es wird hier, wo es in der Natur der Untersuchungen liegt, nicht dem mathema-
tischen, sondern vielmehr dem historischen Theil der geographischen Forschungen über
das alte Aegypten die volle Aufmerksamkeit zuzuwenden, ein allgemeines Bild der Lage
Aegyptens nach den modernen Karten vorausgesetzt. Hiernach ist es bekannt, dass das Land,
von den Kingebornen durch Misr bezeichnet, an der nordöstlichen Ecke des Erdtheiles
Afrika liegt und mit Asien durch die schmale Landenge von Suez verbunden ist. Die natür-
lichen Grenzen im Norden bildet das Mittelmeer, im Osten die Kette des arabischen Gebirges,
im Westen der libysche Höhenzug, und im Süden die erste Katarakte bei Assuan. Alles
Land, welches von den beschriebenen Grenzen eingeschlossen ist, umfasst das kulturfähige
Aegypten, dessen geschichtliche Bedeutung mit dem vierten Jahrtausend vor unserer Zeit-
rechnung beginnt.

Die Denkmäler geben uns keine Nachricht darüber, wie sich die alten Aegypter die Lage
ihres Landes im Verhältniss zu der ihnen bekannten Welt vorgestellt haben. Jedoch ist es nicht
unwahrscheinlich, dass sie sich dasselbe in der Mitte der Erde liegend gedacht haben (s. die
Anmerkung unten), die durch einen Mann (Gott Sehl) inliegender Stellung, mit dem Kopfe
nach unten hin blickend und mit dem rechten Arm auf den Boden sich stützend, dargestellt
ward, während die Figur einer darüber ausgestreckten, nach innen blickenden Frau, gestützt
von den emporgerichteten Armen einer männlichen Gestalt mit einer Feder auf dem Kopfe,
dem Atlas der ägyptischen Mythologie, und mit den Fuss- und Handspitzen den Boden berührend,
den Himmel (Göttin Nut) versinnlichen sollte. Die Bedeutung derselben wird durch die Sonnen-
barken bestätigt, welche auf dem Rücken der Himmelsfrau einherfahren. Man sehe die be-
schriebene Darstellung in dem Ritual de* Amonfisor im Museum zu Leiden. Ganz ähnlich ist ein
astronomisches Deckenbild aus dein Grabe Königs Eamses IV. zu Biban-el-moluk, veröffent-
licht auf Taf. VII. in den Wandgemälden der Königlichen Museen, Abtheilung der
ägyptischen Alterthünier (Berlin 1855); nur fehlt hierin die liegende Gestalt des Erdkör-
pers. Da hinter den Beinen der himmlischen Göttin der Geier, Symbol der Göttin des Südens
Neben,, und die Lotoslilien, gleichfalls zur Andeutung der Südregion aufgestellt sind, so ist
daraus der Schluss zu ziehen, dass die Füsse des Himmels im Süden, die Hände im Norden
ruhend gedacht wurden. Daraus geht zu gleicher Zeit hervor, dass der stützende Mann nach
Norden schaut, dass sich dagegen die Aegypter den Kopf der Welt im Süden, die Beine
nach Norden zu liegend vorstellten, so dass der rechte Ann nach Osten, der linke dagegen
nach Westen zu fiel*).

*) Es ist nützlich hiermit das Bruchstück bei Stobaeus (Ecl. Eth. p. 992 ff.) zu vergleichen, welches
liitter Bunsen in seinem Werke Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte \. 8. 38 öitirt Darnach'
 
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