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VIERTES KAPITEL.

DIE NOMENGOTTHEITEN AEGYPTENS.

Ein jeder Nomos der beiden Aegypten bildete von alten Zeiten her einen Staat im
Staate. Politiseh für sich abgeschlossen beruhte die Macht der einzelnen auf dem Ansehen und
der Verwandtschaft ihrer Nomarchen mit den herrschenden Königshausern und auf der Ver-
schwägerung der Familien von Nomarchen benachbarter Gaue. Den Mittelpunkt der Nomen
bildeten die Metropolis, in welchen die Nomarchen und die Localnumina ihren Sitz hatten.
Diese politische Abgeschlossenheit wurde vermehrt, ja ging vielleicht ganz und gar hervor aus
der Verschiedenheit religiöser Kulte und damit verbundener theologischer Meinungsverschie-
denheiten der betreffenden Priestercollegien, denen beständig daran liegen musste, das Ansehen
des Nomarchenhauses schliesslich bis zur Königsw ürde gesteigert und damit die Nomosgottheit
an die Spitze der übrigen äg. Götter gesetzt zu sehen. So konnte es nicht fehlen, dass religiöse
Eifersucht bald auf das politische Feld übertragen wurde und die Erhebung und der Sturz der
Nomosgottheiten mit dem "Wechsel einzelner Königshäuser verbunden war. Davon giebt die
äg. Denkmalgeschichte mehr als ein Beispiel, mehr als ein sprechendes Zeugniss.

Die Kenntniss der Nomosgottheiten, welche, wie bereits bemerkt worden ist, in den
Metropolis ihren besonderen Kultus hatten, schöpfen wir aus verschiedenen, schätzenswerthen
Quellen: aus den einheimischen gleichzeitigen Denkmälern, aus den Gauinünzen und aus der
griechisch-römischen Tradition. Die beiden letzten Orts genannten Quellen ziehen wir insofern
in das Bereich unserer Untersuchung, als sie den Denkmälern bestätigend zur Seite stehen
oder der Coinbination ein günstiges Material gewähren, unbestimmte Gaue auf den Denkmälern
näher erkennen zu lassen. Die Denkmäler zerfallen in solche, welche ganze Listen von
Nomosgottheiten in Verbindung mit den Nomossymbolcn der Reihe nach aufzählen, wie die
oben beschriebene Nomosliste (III.) aus Karnak, oder in solche, welche eine Gottheit gelegent-
lich als Herr eines Nomos mit den Nomossynibolen oder den Metropolis in Verbindung
Illingen. Die Gauinünzen gewähren bisweilen brauchbare Beiträge, da sie mit den grie-
chischen Nomosnamen auch die Bilder der ägyptischen Nomosgottheiten und die heiligen
Tlüere der Gaue darstellen, wenn auch in griechisch-römischer Auffassung und oft freilich in
schwer erkennbaren Gestalten. Die klassische Tradition endlich giebt theils durch die grie-
chische Nomosbezeichnung die Gottheit des Gaues sofort zu erkennen, wie "AifQodun^ollii^,
E^ft07toiItijs, ArponoUvtfc u. s. w., theils durch bestimmte Angabe der Gottheiten und der
ihnen geweihten Thiere der Metropolis und, — was dasselbe zu sein scheint, der Nomen. Ich
beginne die Reihe der Nomen, nach der äg. Zählungsweise mit dem

1. Gau Nubien.

Die Liste von Karnak*) nennt als den Nomosgott dieses Gaues den widderköptigen, auf
einem Throne sitzenden, in den Händen das Zeichen des Lebens = auch und das Scepter= tarn

*) Man vergl. die Abbildung derselben auf Taf. 17 bis Taf. 2(5.
 
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