Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
19

Um es kurz zu sagen, so bemerke ich, dass in den zuerst von Hrn. Harris in Alexan-
drien yermutheten und dann von mir bestätigten Nomenlisten auf den ägyptischen Denkmälern
jenes Zeichen dazu dient, das ägyptische Wort Nomos mit seinem heiligen Namen zu vertreten.

Hier scheint mir der passendste Ort zu sein über die zwiefache Bezeichnungsweise im
Altägyptischen zu sprechen, mit welcher Götter, Personen, Oertlichkeiten und auch sonst
Gegenstände von einer gewissen Heiligkeit benannt wurden. Diese Erscheinung tritt übrigens
nicht allein im Aegyptischen ein, sie ist vielen Völkern gemeinsam und beruht auf einer tieferen
Vorstellung über ältere Bezeichnungen in der Sprache, welche sich gewöhnlich bei den Priestern,
den Trägern der Literatur der Alten, als mystische Ausdrucksweisen erhalten haben. Wenn
der Dichter Homer (Ibas, Gesang A, 401—404) singt:

ä)J.a av r,av y e).d-ovaa, D-ta, vvtekvoao ötoiudv,

or/ l/.ui (')■/•/eioov y.u'/.taua ig (.ioxqov "Ohvf.ircnv,

nv Bqiuqeojv y.aXtovoi it-eol, livÖQtg de te icuvitg

Alyuii'jY

so ist diese doppelte Bezeichnung des hundertarmigen Riesen unter dem göttlichen Namen
Briareos und dem offenbar profanen Aigaios keine poetische Fiction, sondern der Dichter
folgte einfach einer Ueberlieferung, welche als uralt und von den Priestern ausgehend ihm be-
kannt war. Aehnliche Stellen kommen vor in der Pias II. 813, XIV. 291, XX. 74, in der Odyssee
X. 305, XII. Gl. Diese Doppelnamen, welche bei dem griechischen Dichter, den ich als Beispiel
gewählt habe um au etwas Bekanntes anzuknüpfen, im Ganzen seltener erscheinen, sind im
Aegyptischen, vor allen bei Localnamen, sehr gewöhnlich und beruhen hier auf einem genau
nachweisbaren Verhältniss der heiligen Sprache und Schrift zur Volkssprache und -Schrift.
Wie ich bereits oben erwähnt habe, führte die hieroglyphische Schrift im Altägyptischen den
Namen der „Schrift der Göttersprache." Dieser (auch vom Homer gebrauchte) Ausdruck der
Göttersprache bezeichnet nichts anderes als den älteren, später als Priester- und Monamental-
sprache benutzten sogenannten heiligen Dialekt, der bei der allmähligen Entwicklung der
Volkssprache Abweichungen in Formen und Wörtern von jener darbieten musste, die dem Volke
meistens unverständlich, nur von dem Priester, als seiner Sprache angehörig, genauer erkannt
wurden; oder es waren Bezeichnungen, die zwar dem grossen Haufen als Namen verständlich
waren, aber mit besonderen religiösen Vorstellungen im Zusammenhange standen, von denen
nur der priesterliche Theil der ägyptischen Bevölkerung die genügende Rechenschaft zu geben
wusste. Spuren dieser Bezeichnungen haben sich selbst in einigen griechischen Nachrichten
über Aegypten erhalten, wie wenn z. B. Manetho (beim Josephus contra Ajjioneiit Buch I. c. 14)
von der Stadt Auaris behauptet, sie heisse so: miö xivog ägyalag i)tn?.oyiag „nach einer alten
theologischen Ueberlieferung." Bei den alten Aegypten) hat fast jeder nur einigennaassen
bedeutende Ort des Landes einen derartigen doppelten Namen, von denen wir den ersteren den
theologischen, den letzteren dagegen den profanen im Verlaufe dieses Buches nennen
werden. Da wo vorausgesetzt werden muss, dass der erstere in der Volkssprache nicht mehr
nachzuweisen ist, wie das bereits früher besprochene Wort für Regent = Üuq, griechisch ' YV..
von dem schon Manetho (beim Josephus 1. 1.) bemerkt, dass es „y.ur'f 'isoüv yhoooav" den
König bezeichne, werden wir den theologischen Namen näher durch den Zusatz bezeichnen
„im heiligen Dialekte."

Das Wort, auf welches jener Zusatz seine nächste Anwendung rindet, ist dasjenige, von
dem die nothwendige Abschweifung über theologische und profane Namen im Altägyptischen
ausgegangen ist, die theologische Bezeichnung im heiligen Dialekte, welche dem Nomos oder
Gau entspricht.

3*
 
Annotationen