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Brugsch, Heinrich
Reise nach der grossen Oase El Khargeh in der libyschen Wüste: Beschreibung ihrer Denkmäler — Leipzig, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.3991#0028
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mythologischer Neugebilde, mit welchen iu eben so grosser Menge als Feinheit in der Aus-
führung die berühmte aus den Zeiten desselben Königs herstammende sogenannte Mctter-
nich-Stele bis zur winzigsten Stelle hin bedeckt ist, mit den reichen Abbildungen (in Haut-
relief) des Allerheiligsten des Tempels von Hib, lässt sofort eine unabweisliche Ideenverwandt-
schaft der Darstellungen in den Vordergrund treten. Hoslans war der Erste, welcher diese
sonderbare Welt mythologischer Träumereien getreulich kopirte und seinem Werke über die
Oase einverleibte. Er schien selber von dem Gegen stände ganz betroffen, wenn man seinen
eigenen Worten darüber Glauben schenken darf. This extraordinary assemblage of divinities
in the most grotesque attitudes, of animals, beasts, and birds, is not, I am persuased, a fan-
ciful composition of an eccentric artist — also sagt er und meint, dass damit some meta-
physical mystery is evidently represented. Obgleich die Königsschilder, welche hier und da an
verschiedenen Stellen die Abbildungen eines Königs begleiten, leere Räume darbieten oder
mit dem Zeichen für haq d. i. „Fürst, König" ausgefüllt sind, so zweifle ich dennoch nicht
im mindesten an der Thatsache, dass Nayjt-hor-Mb der Schöpfer der ganzen sonderbaren
mythologischen AVeit gewesen ist, für welche weder die ältere noch die jüngere Geschichte
Aegyptens ähnliche oder verwandte Beispiele darbietet. Zu dem Ende liess der König die alte
Cella Darius' I. umbauen und im Innern mit einem Steinmantel ausfüttern, um für seinen un-
heimlichen Teuf eisspuck den würdigsten Platz des ganzen Tempels zu gewinnen.

VI.

Die Darstellungen und Inschriften an den Wänden des Tempels

von Hib.

Ich komme nunmehr zu dem meist mythologischen Inhalt der Inschriften, mit welchen
die Wandflächen des Tempels und der Pylone als belehrendem Zierrath geschmückt sind. Zu-
nächst muss ich als Einleitung die Bemerkung voranschickeii, dass die Sprache der Oasen-
Texte weder correct noch grammatisch allenthalben richtig ist. Die Sprache, wie sie in dem
Stein verewigt vorliegt, scheint unter dem Eiufluss der Entfernung von Aegypten gelitten zu
haben. Die Schreiber und Bildhauer in den Oasen haben dazu manche Beiträge eigener
Ignoranz geliefert. Versetzung der Buchstaben und Zeichen ein und desselben Wortes (z. B. noref
statt nofer, poyes füryopei; tep stäupet, meneh statt mehen), Verwechslung ähnlicher Schriftcharak-
tere (o statt <r=>, PD an Stelle von 3 p, ctzd statt fTJ» =t statt rm, «w statt im, 0 statt © )

Auslassung von Buchstaben (d statt an, yop statt yopcs, üb statt üben, roS statt rod- u. s. w.)
gehören zu den gewöhnlichsten Erscheinungen der hieroglyphischeu Oasen-Schrift. Zu den gram-
matischen Verstössen zählt z. B. yßt-t „die Krone" mit dem weiblichen Artikel, während das
Wort männlichen Geschlechtes ist, nuter dpen „dieser Gott" statt n. pen, u. a. m. Um so
bemerkenswerther ist das Vorkommen der sogenannten änigmatischen Schriftzeichen, wie sie sich
zuerst in einzelnen Königsgräbern (der XIX. Dynastie) von Bibdn-el-moluk nachweisen lassen
und in der späten Ptolemäer Epoche zu einer decorativen Gewohnheitsschrift an den Tempel-
wänden herabsinken. Wie es scheint ward ein altes Mysterium aller Welt preisgegeben und
ohne Scrupel der Schlüssel allen Priesterklassen überliefert. Das erste Beispiel eines öffent-
lichen Gebrauches dieser Zeichen bietet wie bemerkt der Tempel von Hib, etwa 200 Jahre vor
der Ptolemäerzeit dar. Welche Einflüsse unter den Persern sich geltend machten, um das
lang bewahrte Geheimniss der änigmatischen Schrift zu entsiegeln und zur Tempeldecoration
 
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