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Brugsch, Heinrich
Reise nach der grossen Oase El Khargeh in der libyschen Wüste: Beschreibung ihrer Denkmäler — Leipzig, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.3991#0074
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(Tischen, nicht ägyptischen Völkern zu thun, über deren Herkunft nach den Dümichens'schen
Funden kein Zweifel bestehen kann. Die Kenem-ti sind Oasiten, und zwar Bewohner einer
der beiden Oasen im Süden der Oase von Farafrah. Auch die oben (S. 62) bereits angezogene
demotische Uebersetzung uax d. i. „die Oase" der Gruppe Kenem in der citirten Stelle des
Todtenbuches stimmt damit vollkommen überein.

Die Oasis major der Alten bestand wie noch heute aus zwei gesondert neben einander
liegenden Oasen, einer inneren {Dahhel, der westlichen) und einer äusseren (Khargeh, der öst-
lichen). Als Hauptort der letzteren hatten wir bereits mehrfach die liib genannte Stadt an-
geführt. Beide Oasen zusammengenommen dürften unter der allgemeinen Bezeichnung der
„südlichen Oase" (vergl. oben S. 61) verstanden worden sein. Dass unter dem Namen der Oase
von Kenem oder Kenemem die Oase von Khargeh wiederzuerkennen sein dürfte, dazu führt
mich folgende Betrachtung. Es hält nämlich nicht schwer die moderne Ableitung des alten
Namens in seiner heutigen arabischen Bezeichnung mit vollständiger Sicherheit nachzuweisen.
Dieselbe betrifft den Namen Ghanaim, mit welchem ein Berg und seine nächste Umgebung
(einschliesslich der Trümmer älterer Bauten) im Osten der Stadt El-Khargeh von den Ein-
geborenen belegt wird. Ueber die entsprechende Vertretung eines hieroglyphischen K-Lautes
gegenüber einem semitischen £_ (gh) ist eine Streitfrage heute zu Tage nicht mehr möglich,
da bereits die Sache durch schlagende Beispiele festgestellt ist. Das hebräisch - arabische
Megharah (-ai) lautet hieroglyphisch makaraO-ä „Höhle", der Stadtname Ghasah (-at) altäg.
Kazad „Gaza", das semitische Gharelah {-at) ägypt. KarenaOd (KarelaÖä) praeputium. Vergl.
Zeitsch. 1876 S. 129. Ein älteres ägyptisches Kenem, Kenemem und ein arabischer Ghanahn
decken sich so gut wie vollständig.

Mit dieser Gleichstellung haben wir ausserdem ein sehr wichtiges Mittel gewonnen, den
Namen eines der in Heil. Schrift überlieferten Volksstämme zu bestimmen, welche als Söhne
Mizraim's d.h. Aegyptens Gen. X. 13 aufgeführt werden, ich meine den Namen der tra:?
Idnamim (oder Ghanamim). Die LXX umschreiben das Wort mit 'Evs(4eust(i oder uilve(isriel(i.
Die Erklärungen sämmtlicher Ausleger zur Bestimmung dieses Volksstammes schweben in der
Luft, weil ihnen jede sichere Grundlage fehlte. Nur der alte von Winer desshalb leise getadelte
Bochart traf beinahe das Rechte, indem er von dem arabischen |*ää grex ovium ausgehend,
an die nomadischen Anwohner des Jupiter Amnion Tempels dachte. Die L4namim oder Ghana-
mim der Schrift sind thatsächlich die Kenemem der Denkmäler, d. h. die alten Bewohner
der grossen Oase von El-Khargeh.

Auf Grund dieser Betrachtung, deren Wahrscheinlichkeit jedem unbefangenen Leser in die
Augen springen dürfte, scheint mir die oben angedeutete Berichtigung in einem der Oasen-
Texte in unzweifelhafter Weise gelöst werden zu können. Offenbar ist in der Inschrift Nr. 3
zu lesen: „Kenem südöstlich von Ta-ähu (gelegen). Damit hört jeder Widerspruch auf
und wir finden uns nunmehr in der Lage, auch die hinter Kenem genannte Oase (Nr. 4)
'Jesles geographisch genau zu bestimmen.
 
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