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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Oberdeutsche Kunst der Spaetgotik und Reformationszeit — Augsburg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.29752#0104

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WOLFGANG MARIA SCHMID / BEITRÄGE ZUR PASSAUER

RUNSTGESCHICHTE

Für die Kunstgeschichte der ostbaierischen
Grenzmarken ist die kirchen- und staats-
politische Einstellung der beiden Diözesen Salz-
burg und Passau und ihr Verhältnis zueinander
seit ältesten Zeiten von großer Bedeutung; später,
nachdem auf dem östlichen Kolonisations- und
Missionsland der österreichische Staat sich ge-
bildet und machtvoll entwickelt hat, spielt auch
das Verhältnis zu diesem und seinem Kultur-
mittelpunkt Wien eine Rolle. Der abschließen-
den kunstgeschichtlichen Erforschung der bei-
den genannten Diözesen, voran ilirer fürstlichen
Bischofssitze, stehen noch allerhand Hindernisse
entgegen. In erster Linie sind die Denkmalsbe-
stände weder auf bayerischer, noch auf österrei-
chischer Seite vollständig aufgenommen und
kritisch bearbeitet; besonders in den oberöster-
reichischen Klöstern harrt noch viel Material
der Würdigung.1 Auch das darauf hezügliche
urkundliche Material hat noch keine systema-
tische Bearbeitung erfahren; Salzburg ist dahei
in der glücklichen Lage, für seine mittelalter-
liche Kunst in Bürgerbüchern und Rechnungen
auf klärende Belege zu besitzen, während in Passau
durch den großen Stadtbrand von 1662 fast alle
älteren Archivalien solcher Art vernichtet wor-
den sind. So ltam es, daß in der Behandlung
dieser Kunstprovinzen die ältere Methode: „hier
Meisternamen — lrierWerke“, sich am längsten
halten konnte. In dem bekannten Bestreben,
auch eine „Entwicklung“ festzulegen, ist man
dann dazu gekommen, Salzburg als Kristallisa-

1) Leider entbehrt auch das sog. Diözesanmuseum in Passau,
welches die um 1860 aus den Kirchen genommenen Bilder
umfaßt, trotz mehrfacher Anreg-ung und trotz seiner hohen
Bedeutung für die Ausbildung der jungen Geistlichkeit
im.rn.er noch einer systematischen Ordnungund wissenschaft-
lichen Bearbeitung.

tionspunkt der „alpenländischen“ Kunst eineVor-
rangstellung zuzuschreiben, von dem Einflüsse
nach Westen, Norden und Osten ausströmen
sollten; wenn „Beziehungen“ nicht gleich fest-
lagen, mußte der oft beanspruchte „Wander-
künstler“ aushelfen. Neben dieser Vermengung
und Verwechslung von fester zunftmäßiger
Schule d. h. Werkstätte, Künstlerpersönlichkeit
und zeitlich gesteigerter Arheits- und Verdienst-
möglichkeit haftet jener Methode als Haupt-
mangel an, claß sie lediglich auf dem vor-
handenen Denkmälerbestand ihre Schlüsse
aufbaut. Eine allerdings oft recht mühsam zu
erstellende Denkmälerstatistik für frühere Zeiten
liefert aber sehr oft ganz andere Maßstäbe für
dieWichtigkeit einerWerkstätte oder eines Pro-
duktionsortes. Meist stark vernachlässigt werden
auch die historisch-geographischen Beziehungen,
die sich aus Besitz und Verwaltung ergeben und
aus der Abhängigkeit von dem Diözesanmittel-
punkt, die sich besonders in der Besetzung zahl-
reicher Pfarreien durch Domherren kundgibt.

So ist auch heute noch keine abschließende Dar-
stellurig der spätmittelalterlichen Kunst Passaus
möglich und damit ist auch einer klaren Erkennt-
nis von Wesen und Entwickhmg des „Donau-
stiles“ noch der Boden entzogen.

Im Nachstehenden soll versucht werden, wenig-
stens eine Seite der besprochenen Mängel zu he-
heben, indem über Passauer Künstler und deren
Tätiglceit bis zum Ausgang der mittelalterlichen
Kunst Nachrichten beigebracht werden. Nach-
dem an anderer Stelle bereits die mit dem Dom-
bau zusammenhängende Haupthütte der S t e i n-
metzen, dann die Gewerbe der Goldschmiede,
Bronzegießer und Zinngießer behandelt
 
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