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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Oberdeutsche Kunst der Spaetgotik und Reformationszeit — Augsburg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.29752#0279

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OTTO HARTIG / LUDWIG X., DER ERBAUER DER LANDSHUTER

RESIDENZ, IN MANTUA

Die Residenz in Landshut, der italienische
Renaissancepalast inmitten gotischer Giebel,
drängt sich so unvermittelt in die ruhige Ent-
wickelung der höfischen undbürgerlichen Archi-
tektur Altbayerns, daß man sich immer wieder
die Frage vorlegt, woher ihrem Schöpfer die An-
regung zu dieser überraschenden und staunens-
werten Leistung kam. Es handelte sich nicht nur
um die Einführung eines fremden Stils, sondern
was I.udwig nachzuformen und zu übertragen
suchte, war das Neueste und Modernste auch im
Lande des Vorbilds, die eben erst erstandenen, ja
zumTeil noch im Werden begriffenen Bauten des
Giulio Romano in Mantua. Im Jahre 1555 war,
nach zehnjähriger Bauzeit, der Palazzo delTe voll-
endet,indennächstenJahrennocharbeiteteGiulio
an der Umgestaltung des PalazzoDucale, und schon
finden sich, wie uns Bassermann-Jordan Saal für
Saal und Zimmer fiir Zimmer nachwies,1 die
Räume in dem fast gleichzeitig begonnenen
Hause in Landshut wiederholt. Die Frage drängt
sich in verstärktem Maße auf, wenn wir in der
neuesten Veröffentlichung zur Geschichte des
Baues lesen, daß Ludwig ursprünglich keines-
wegs eine Residenz, sondern nur ein „Zollhaus“,
allerdings einen „ansehnlichen und trefflichen
pau“ plante, daß er aber nachVerlauf einiger Mo-
nate plötzlich die Bestimmung des Hauses und die
ganze Bauw eise änderte, neben den deutschen Bau-
leiter einen welschen setzte und diesen mit denihm
gewohnten Arbeitskräften aus dem Süden umgab.
Aus den von A. Mitterwieser2 wieder aufgefun-

i)E. Bassermann -Jordan, die dekorative Malerei der Renais-
sance, München 1900.

2) A. Mittervvieser, Die Baureclmung'en der Renaissance-Stadt-
Residenz in Landshut (1536—43). Monatshefte f, Kunstwissen-
schaft 1922, S. 122 ff.

denen und in ihrer Bedeutung erkannten Rech-
nungen über das angebliche „Zollhaus“, denen
wohl schon Meidingers bisher maßgebende No-
tizen entnommen sind, läßt sich der Zeitpunkt
des Umschwungs fast auf den Tag bestimmen.
Nachdein von Mai bis Jahresende 1556 an dem
sogenannten deutschen Teile gearbeitet wrorden
war, erscheint im Januar Meister Sigmund mit
seinem Gesellen Antoni „beideWalhen von Man-
tua" gefolgt von einem Meister Bernhard, dpr
nochmals kurz in die Heimat zurückkehrt, um
ein Dutzend welsche Maurer anzuwerben, mit
denen er auf Christi Himmelfahrt zum ersten-
male entlohnt wird. Nur die Maler sincl deutscher
Herkunf't. Die Annahme Bassermanns, daß neben
Bocksberger d. Ae., Ludwig Refinger und
Hermann Postliumus noch fünf italienische
Künstler tätig waren, wird durch die Rechnungen
nicht bestätigt. Mitterwieser macht außerdem
einen Landshuter MalerPaulus und zweiMün-
chener, Christof und Michel namhaft. Christof
(Sesselschreiber?) wird auch in den Münche-
ner Steuerbüchern, z. B. 1527, ohne Zunamen
aufgeführt^ der andere ist Michael Olgast, dessen
gleichnamiger Sohn später Stadtmaler war.

Ich möchte nun, gleich an die Künstlerfrage an-
knüpfend, zunächst auf ein sehr interessantes
Schreiben Ludwigs vom 11. September 1554 auB
merksam inaclien, das, obwohl bereits vei'öffent-
licht,3 soweit ich sehe, noch nicht herangezogen
wurde. Es ist an Federigo II. von Mantua gerich-
tet und empfielrlt den Überbringer, Ludwigs
M’aler, mit den Worten: „Et perche il prefato
mio servitore e molto desideroso di vedere et im-

5)Jahrb. der Sammlang d. Allerh. Kaiserh. 16 (1895) Urkunde
Nr. 15995.
 
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