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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Oberdeutsche Kunst der Spaetgotik und Reformationszeit — Augsburg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.29752#0216

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RARL FEUCHTMAYR / DER MEISTER DER UNTERMENZINGER

ALTARFIGUREN

In der Erforschung der Münchner spätgotischen
Plastik bleibt noch viel zutun. Berthold Iliehl1,
der eine wertvolle Materialsammlung und damit
allerdingsdieGrundlagefürdieweitereForschung
gegeben hat, ist auf eine wirklich systematische
Arbeit, auf eine Ordnung derWerke nach Mei-
sternnichteingegangen.ZweiGruppenvonSkulp-
turen, eine Reihe von Arbeiten, die sich dem füh-
renden Meister Erasmus Grasser zuweisen lassen
und die Blutenburger Figuren sind zwar bis jetzt
— wenigstens im allgemeinen — herausgehoben
worden, aber auch hier liegt vorläufig noch ein
Berg von Problemen. Erst durch die in nächster
ZeiterscheinendenForschungenPhilippM.Halms
über die Arbeiten Grassers, die Blutenburger Fi-
guren und die näheren Bezieliungen zwischen
diesen Werken wird da einigermaßen Klarheit
geschaffen werden. Die übrigen bedeutenderen
spätgotischen Skulpturen in München und Mün-
chens Umgebung sind überhaupt noch nie zum
GegenstandkunsthistorischerForschunggemacht
worden. Auch wenn es nicht möglich sein sollte,
diese isoliert nebeneinander stehendenWerke mit
den Meisternamen inVerbindung zu bringen, clie
Adolf Feulner kürzlich aus den Münchner Steuer-
büchern mitgeteilt hat,2 so muß doch versucht
werden, aus der Masse des Vorhandenen Zusam-
mengehöriges herauszulösen. Und es lassen sich
auch auf stilkritischemWege um einzelneWerke
zugehörige, gruppieren. Im folgenden soll der
Meister der Figuren des Untermenzinger Altär-

lJBerthold Riehl, Die Münchener Plastik in der Wende voni
Mittelalter zur Renaissance, Abhandlungen der Bayer. Aka-
demie derWiss. III Kl. XXIII. Bd II. Abt., München 1904.

2) MeisterwerkederPlastikBayerns.begründetvonFritzBurger,
fortgesetzt von Adolf Feulner, Bd. II, Lief. 1 und 2: Ad. Feul-
ner, Erasmus Grasser.

chens, der feinste und liebenswürdigste unter den
anonymen Münchner Schnitzern, als Urheber
einiger bisher unbekannter Arbeiten erwiesen
werden.

DasUntermenzingerKirchleinist 1499 durchden
Münchner Maurer- und Steinmetzmeister Ulrich
Randeck erbaut worden. Herzog Sigismund von
Bayern, der nach seiner Thronentsagung einen
großenTeil seiner Einkünfte künstlerischen Un-
ternehmungen gewidmet hat, der als Bauherr des
Schlößchens und der Kapelle zu Blutenburgsowie
der Pippinger Kirche bekannt ist, soll auch diesen
Bau durch Stiftungen gefördert haben.° Das seit
1862 im Bayerischen Nationalmuseum befind-
liche Altärchen (Abb. 120) ist jedoch nicht von
ihm, sondern von einem unbekannten — offen-
bar dem Hofe nahestehenden —■ Stifter in Auftrag
gegeben worden. Auf der Außenseite des linken
Flügels ist er mit seinemWappen4 zu Füßen eines
heiligen Abtes dargestellt.

Die drei Gestalten des Schreins, Maria mit dem Kinde
und die Heiligen Barbara und Katharina stehen unter
einem Kleeblattbogen, der gleich den Zwickeln mit
krausem und fragilem Rankenwerk von außerordent-
lich eleganter Durchbildung ausgesetzt ist.5 Das bekrö-
nende Gespreng ist nicht mehr erhalten. Die übergan-
genen und sehr verputzten Gemälde auf den Innen- und
Außenflügeln, Heiligengestalten vorblauem Grundund
unter Rankenwerk, sind Durchschnittsleistungen spät-
gotischer Miinchner Malerei. Das amTurmderBarbara
eingeschnittene Zeichen J dürfte die Signatur des Bild-
hauers sein.

3) Sigmund Riezler, Geschichte Baierns, Bd. 3, 1889, p. 93g.

4) Auf rotem Feld das Brustbild eines bärtigen Mannes, der
Hals von einem Bolzen durchbohrt, auf dem schwarzen Rock
eine gelbe Lilie.

5) Vergl. 6. Band der Kataloge des Bajer. Nationalmuseums,
München, i8g6,Nr. 1316. — Lindenholz. — Höhe derFiguren
87—88 cm. — Die Predella ist modern.

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