und eine Fülle sozialer und wirtschaftlicher Reformen, die erst in neuerer Zeit begriffen und gewürdigt
worden sind.“
Als Schilter (Maler) des Herzogs Rudolf wird 1360 der Wiener Heinrich der Vaschang genannt 1. Ge-
gen die zunächst einleuchtende Vermutung Lhotskys, daß er der Maler des ersten deutschen Einzelpor-
träts gewesen sein könnte, sprechen nach Oettinger 2 die urkundlichen Daten: Er wird bereits 1353 als
haushäbig in "Wien erwähnt und muß vor 1364 verstorben sein, da am 7. September 1364 seine Witwe
wieder verheiratet ist. Oettinger glaubt daher, daß der als Schilter Herzog Albrechts III. erwähnte
Chunrad (Chunz), der von 1360 bis 1392 in den Urkunden vorkommt, als Maler der Tafel in Betracht
käme und vermutet, daß AlbrechtV. 1365 den Bildnisauftrag anläßlich der Beisetzung seines Bruders
erteilt habe. Aber die sehr persönliche Charakterisierung der Tafel macht doch den Eindruck, daß sie
ad vivum gemaJt, also von Rudolf selbst in Auftrag gegeben worden ist.
Verdankt das Bildnis des Herzogs politischem Willen und Herrschaftsanspruch seine Entstehung, so be-
zeugt eine andre, für die Kenntnis der frühen Bildnismalerei wichtige Nachricht, daß im Wien des aus-
gehenden 14. Jahrhunderts auch Männer des Geistes und der akademischen Lehre für darstellungswürdig
gehalten worden sind. Aus einer Urkunde vom 13. September 1460 3 erfahren wir, daß im Apostelchor
der Stephanskirche eine stattliche Reihe von gemalten Bildnistafeln berühmter Universitätsprofessoren
hing, die damals restaurierungsbedürflig waren und, wie Lhotsky annimmt, großenteils aus der Zeit
Albrechts V. stammten.
2. u. 3. NÜRNBERGER MEISTER UM 1388 (um 1506 kopiert). Bildnisse der Nürnberger Kriegshaupt-
leute Peter Stromaier und Johann Habvast Ehinger (Abb. 2 und 3).
Wie die Stadt Florenz das Andenken an ihre Condottieri durch Ehren-Bildnisse festhielt, so hat auch die
Stadt Nürnberg — allerdings in sehr viel bescheidenerem Maßstab — ihre beiden Kriegshauptleute im
Städte-Krieg 1387/88, Peter Stromaier uhd den Ulmer Johann Habvast Ehinger, konterfeien lassen. Die
Originale, in denen kleine Täflein zu vermuten sind, befanden sich im Besitz von Hartmann Schedel und
werden von Lazarus Holzschuher, der sein Geschlechterbuch 1506 begann, in diesem, wie folgt, erwähnt:
„anno domini tauset dreyhundert und siben und achzik jar da hub sich die gar gross Zeit an pey des
romischen kungs wencls reygierung... des Kriegs waren oberst haubtleut der stat peter stromair von
nürnbergk und ein ehinger von ulm, d'peder gestalt hat doctor Hartmo schedl sehr alt, hab ich lassen
abmalen hie nach volget am ... plat..
Anders als die üblichen Kopien alter Bildnisse wirken die beiden flüssig gezeichneten, ungemein leucht-
kräftig kolorierten Blätter 4 wie selbständige Kunstwerke, und es besteht wohl kein Zweifel, daß der
aus dem engsten Kreis Dürers stammende Meister die Urbilder im Sinne seiner Zeit umstilisiert hat. Aber
in den Hauptzügen der Physiognomien, in Tracht und Ordensschmuck sind sie sicher verlässig. Nur ver-
rät sich in der Steigerung ins Imponierend-Mächtige die Einwirkung Dürerscher Bildniskunst. Wir ver-
muten in dem Zeichner den jungen, um 1505—07 in Nürnberg tätigen Schäufelein, dem unter dem Ein-
druck des Dürerschen Vorbilds ein paar bedeutende Bildnisschöpfungen gelungen sind, die sogar für
1 R. Müller, Wiens höfisches und bürgerliches Leben im ausgehenden Mittelalter, Geschichte der Stadt Wien, III, 1907, S. 648.
2 K. Oettinger, Wiener Hofmaler um 1360—1380. Zur Entstehung des ersten deutschen Porträts. Zeitschrift für Kunstwissen-
schaft. 1952. 3 V. Redlich, Kleine Beiträge zur Geschichte der ersten deutschen Universitäten, Zeitschr. f. deutsche Geistes-
geschichte II, 1936, S. 20 f. A. Lhotsky, a. a. O., S. 35. 4 Für den Hinweis auf die beiden Blätter und Oberlassung von Photo-
graphien bin ich Friedrich Winkler zu Dank verpflichtet.
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worden sind.“
Als Schilter (Maler) des Herzogs Rudolf wird 1360 der Wiener Heinrich der Vaschang genannt 1. Ge-
gen die zunächst einleuchtende Vermutung Lhotskys, daß er der Maler des ersten deutschen Einzelpor-
träts gewesen sein könnte, sprechen nach Oettinger 2 die urkundlichen Daten: Er wird bereits 1353 als
haushäbig in "Wien erwähnt und muß vor 1364 verstorben sein, da am 7. September 1364 seine Witwe
wieder verheiratet ist. Oettinger glaubt daher, daß der als Schilter Herzog Albrechts III. erwähnte
Chunrad (Chunz), der von 1360 bis 1392 in den Urkunden vorkommt, als Maler der Tafel in Betracht
käme und vermutet, daß AlbrechtV. 1365 den Bildnisauftrag anläßlich der Beisetzung seines Bruders
erteilt habe. Aber die sehr persönliche Charakterisierung der Tafel macht doch den Eindruck, daß sie
ad vivum gemaJt, also von Rudolf selbst in Auftrag gegeben worden ist.
Verdankt das Bildnis des Herzogs politischem Willen und Herrschaftsanspruch seine Entstehung, so be-
zeugt eine andre, für die Kenntnis der frühen Bildnismalerei wichtige Nachricht, daß im Wien des aus-
gehenden 14. Jahrhunderts auch Männer des Geistes und der akademischen Lehre für darstellungswürdig
gehalten worden sind. Aus einer Urkunde vom 13. September 1460 3 erfahren wir, daß im Apostelchor
der Stephanskirche eine stattliche Reihe von gemalten Bildnistafeln berühmter Universitätsprofessoren
hing, die damals restaurierungsbedürflig waren und, wie Lhotsky annimmt, großenteils aus der Zeit
Albrechts V. stammten.
2. u. 3. NÜRNBERGER MEISTER UM 1388 (um 1506 kopiert). Bildnisse der Nürnberger Kriegshaupt-
leute Peter Stromaier und Johann Habvast Ehinger (Abb. 2 und 3).
Wie die Stadt Florenz das Andenken an ihre Condottieri durch Ehren-Bildnisse festhielt, so hat auch die
Stadt Nürnberg — allerdings in sehr viel bescheidenerem Maßstab — ihre beiden Kriegshauptleute im
Städte-Krieg 1387/88, Peter Stromaier uhd den Ulmer Johann Habvast Ehinger, konterfeien lassen. Die
Originale, in denen kleine Täflein zu vermuten sind, befanden sich im Besitz von Hartmann Schedel und
werden von Lazarus Holzschuher, der sein Geschlechterbuch 1506 begann, in diesem, wie folgt, erwähnt:
„anno domini tauset dreyhundert und siben und achzik jar da hub sich die gar gross Zeit an pey des
romischen kungs wencls reygierung... des Kriegs waren oberst haubtleut der stat peter stromair von
nürnbergk und ein ehinger von ulm, d'peder gestalt hat doctor Hartmo schedl sehr alt, hab ich lassen
abmalen hie nach volget am ... plat..
Anders als die üblichen Kopien alter Bildnisse wirken die beiden flüssig gezeichneten, ungemein leucht-
kräftig kolorierten Blätter 4 wie selbständige Kunstwerke, und es besteht wohl kein Zweifel, daß der
aus dem engsten Kreis Dürers stammende Meister die Urbilder im Sinne seiner Zeit umstilisiert hat. Aber
in den Hauptzügen der Physiognomien, in Tracht und Ordensschmuck sind sie sicher verlässig. Nur ver-
rät sich in der Steigerung ins Imponierend-Mächtige die Einwirkung Dürerscher Bildniskunst. Wir ver-
muten in dem Zeichner den jungen, um 1505—07 in Nürnberg tätigen Schäufelein, dem unter dem Ein-
druck des Dürerschen Vorbilds ein paar bedeutende Bildnisschöpfungen gelungen sind, die sogar für
1 R. Müller, Wiens höfisches und bürgerliches Leben im ausgehenden Mittelalter, Geschichte der Stadt Wien, III, 1907, S. 648.
2 K. Oettinger, Wiener Hofmaler um 1360—1380. Zur Entstehung des ersten deutschen Porträts. Zeitschrift für Kunstwissen-
schaft. 1952. 3 V. Redlich, Kleine Beiträge zur Geschichte der ersten deutschen Universitäten, Zeitschr. f. deutsche Geistes-
geschichte II, 1936, S. 20 f. A. Lhotsky, a. a. O., S. 35. 4 Für den Hinweis auf die beiden Blätter und Oberlassung von Photo-
graphien bin ich Friedrich Winkler zu Dank verpflichtet.
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