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Buchner, Ernst; Jantzen, Hans [Honoree]
Das deutsche Bildnis der Spätgotik und der frühen Dürerzeit: [Hans Jantzen zum 70. Geburtstag] — Berlin, 1953

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https://doi.org/10.11588/diglit.31127#0030
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Dürer selbst und Hans Holbein in Anspruch genommen worden sind (Männliche Bildnisse in Warschau
und Sammlung Mellon, Bildniszeichnung in London, Brit. Mus., Winkler A. 1).

Ein mächtiger, feuerroter, kürbisartig sich ausbuchtender Hut mit hoher Krempe sitzt tief in der Stirn
des Peter Stromaier, dessen markiges Antlitz durch den stattlichen Vollbart, den martialischen, spiralig
gedrehten Schnurrbart und die energischen Brauen etwas Urkräffig-Reckenhaftes bekommt. Das inten-
sive Rot von Hut und Rock hebt sich wirkungskräftig vom grauen Grund. Um den steifen Kragen des
roten, an den Schultern mit Pelz verbrämten Gewandes ist ein heckenzaunartiger Kranz geschlungen, an
dem zweimal das Antonius-T und ein Anhänger mit dem drachentötenden hln. Georg hängen. Es scheint
eine Kombination des Ordens von der Hecke 1, des Antonius- und des Georgsordens vorzuliegen. In der
Familie des Freiherrn Stromer von Reichenbach, der Nachkommen des Peter Stromaier, wird eine aus
dem Ende des 16. Jahrhunderts stammende Kopie des Stromaierporträts (Holz: 35X22 cm) bewahrt,
die auf der Rückseite auf einem aufgeklebten Pergamentblatt die Nachricht übermittelt, daß Peter Stro-
mer ein Nürnberger Bürger, und Habhaft Einger (= Habvast Ehinger) aus Ulm im Städtekrieg von
1387/88 die Hauptleute der Nürnberger waren und daß diese beiden „samt ihren symbolis“ im Auf-
trage der Stadt abgemalt worden seien 2.

Einen altertümlicheren Eindruck erweckt das enger in das Bildfeld gepackte Konterfei des Johann Hab-
vast Ehinger aus Ulm. Aus der massigen, sorgfältig gekräuselten Haarperücke tauchen fast bedrohlich
die markanten Züge des stämmigen Feldhauptmanns auf. Volles Gesicht, waagrechte, dunkle Brauen, un-
ter denen die dunklen Augen aus geschwungenen Lidern dräuen. Aus der knorrigen, unten eingekerbten
Nasenwurzel springt sichelförmig die gebuckelte, unten spitz überhängende Nase vor. Der volle Mund
ist fest geschlossen. Uber dem engen, vernestelten Kragen faltet sich das leichte Doppelkinn. Leuchtendes
Rot (Grund) und tiefes Schwarz (Gewand) rahmen das helle Haupt. Am oberen Rand des großgemuster-
ten Damastrocks eine dicke, gestreifte Kordel, über der der schwarze Wamskragen ansteigt. Hell funkelt
aus dem dunklen Damast die von Rosetten und blanken, von einem Band umschlungenen Schwertern
gebildete Kette des cyprischen Schwertordens.

4. OBERDEUTSCHER (BÖHMISCHER?) MEISTER VON 1405. Bildnis des KonradKyeser (Abb.4).

Von einer verblüffenden „Gegenwärtigkeit“ ist das Konterfei des aus Eichstätt gebürtigen Konrad Kye-
ser, eine Bildnisminiatur aus seinem 1405 abgeschlossenen Kriegsbuch „Bellifortis“ (Göttingen) 3. Der
Maler würde in einer „Expressionisten“-Ausstellung damit den Vogel abschießen. Ein robuster Rund-
schädel mit kurz geschorenem Haar, forschem Schnurr- und Knebelbart und speckigem Hinterhals. Daß
es ein Fachmann für Kriegsmaschinen und Feuerwerkerei war, glaubt man ihm sofort. Frische, gesunde
Gesichtsfarbe, große, weit voneinander stehende, braune Augen; Haare und Bart dunkelbraun; ein
Haarzwickel stößt in die hohe Stirn vor; ein liebevoll durchgebildetes Prachtexemplar von Ohr zwischen
den Stoppeln des nach burgundisch-höfischer Mode in halber Schädelhöhe ausrasierten Haares. Obwohl
die Verkürzung des Kopfes nicht ganz geglückt ist und das Antlitz wie breitgedrückt erscheint, ist die
ganz persönliche Charakterisierung des stämmigen Kriegsingenieurs von der eindringlichsten Art. Der

1 Paul Ganz, Die Abzeichen der Ritterorden, Schweizer Ardiiv für Heraldik, 1904, S. 139 f., Fig. 140. 2 Ernst Frhr. Stro-

mer von Reichenbach, Unsre Ahnen in der Reichsstadt Nürnberg, Grünsberg bei Nürnberg, 1951, S. 11 ff. 3 Für freundliche

Auskünfte und Besorgung einer Photographie bin ich Herrn Bibliotheksrat Dr. E. Will sehr zu Dank verpflichtet. Vergl.
Heinrich Jerchel, Das Hasenburgische Missale von 1409, die ’Wenzelswerkstatt und die Mettener Malereien von 1414. Zeitschr.
d. D. Ver. f. Kunstwissensch. IV, 1937, S. 233 ff.

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