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Buchner, Ernst; Jantzen, Hans [Gefeierte Pers.]
Das deutsche Bildnis der Spätgotik und der frühen Dürerzeit: [Hans Jantzen zum 70. Geburtstag] — Berlin, 1953

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https://doi.org/10.11588/diglit.31127#0031
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rüstige Fünfundvierziger trägt einen hellgriinen mit einem schmalen Stehkräglein versehenen Kittel, der
Fiintergrund ist dunkles Lila. Wie beim Bildnis Rudolfs des Stifters (Abb. 1) liegen die allgemeinen,
stilistischen Voraussetzungen für das erstaunlich unkonventionelle Bildnis in der böhmischen Malerei.
Jerchel hat den Zusammenhang der Illustrationen Bellifortis mit böhmischer Buchmalerei der Wenzel-
zeit, insbesondere mit den Miniaturen des Hasenburgischen Missales von 1409 gezeigt. Doch gibt es,
soweit ich sehe, für die unbekümmert zupackende Art der Bildnisprägung kein unmittelbares Vorbild.
Konrad Kyeser, der 1460 in Eichstätt geboren wurde, beendete sein Werk 1405 als Verbannter in den
böhmischen Wäldern. Er hat es Kaiser Ruprecht und der ganzen deutschen Nation gewidmet.

5. SÜDTIROLER MEISTER VON 1432, Bildnis des Oswald von Wolkenstein.

Die stattliche, fast einen halben Meter hohe Porträtminiatur in der Innsbrucker Liedersammlung Oswald
von Wolkensteins (Abb. 5) unterscheidet sich in ihrer Wirkung in nichts von einer selbständigen Bildnis-
tafel 1 . Immerhin ist es kein Zufall, daß uns im 15. Jahrhundert die ersten starken, ganz persön'lich ge-
prägten Bildnisschöpfungen in Manuskripten begegnen. Der Schritt zum selbständigen, für die Wand be-
stimmten Konterfei wurde nur zögernd unternommen. Das kraftvolle, knapp in den Rahmen gefügte
Bildnis des südtiroler Ritters und Sängers, dessen abenteuerliches Leben erfüllt ist mit Kriegszügen und
Fahrten durch die ganze mittelalterliche Welt, mit Ritterdienst am königlichen und kaiserlichen Hof,
mit Gebietsstreitigkeiten und wilden Fehden mit Bruder und Lehnsherrn, gibt ein ungeschminktes Bild
von dem gewalttätigen und energischen Wesen der weltgewandten Kämpfernatur. Zehn Sprachen war
er mächtig; in seinen Liedern bricht ein starkes, neues Naturgefühl und eine elementare, oft ungebän-
digte Leidenschaft durch.

Ein gedrungener, fast quadratischer Schädel. Die violette, mit silbergrauem Pelz besetzteKappe schwingt
sich über Stirn und Haar, das in dichtem, mattbraunem Lockenschwall in den schwarzen Grund absteht.
Das rot unterlaufene Lid des rechten Auges, das schon in früher Jugend beim wilden Knabenspiel einem
Pfeilschuß zum Opfer fiel, ist geschlossen. Buschige, dunkle Brauen, kurze, stämmige Nase; am breiten,
energisch geschlossenen Mund nistet eine Schmarre. Um das feuerrote, goldgemusterte, pelzverbrämte
Prachtkleid ist das breite silbergraue Band des kastilischen Hausordens, der banda de Castilia, geschlungen.
Ihr Zeichen, die goldne Kanne, wird gerahmt vom Drachenorden der von König Sigmund gestifte-
ten Rittergesellschaft vom Lindwurm oder Salamander und dem geflügelten Greif, dem Abzeichen des
arragonischen Kannenordens, dessen Kette mit den gereihten Kannen den Pelzbesatz begleitet. Stolz
trägt der Ritter die Zeichen fürstlicher Huld auf seiner breiten Brust. Für eine Inkunabel der deut-
schen Bildnismalerei von einer erstaunlichen Unmittelbarkeit und Schlagkraft der Charakterisierung.
Eine Anregung durch die fortschrittliche Bildniskunst Pisanellos, der Kaiser Sigmund, den Gönner des
ofl am Hof weilenden Ritters Oswald, konterfeit hat, ist wahrscheinlich. Eine zweite, künstlerisch
schwächere Miniatur (Wien, National-Bibliothek) zeigt Oswald stehend in ganzer Figur, die rechte
Hand erhoben, die linke am Gürtel, die Beine straff gespreizt.

6. ÖSTERREICHISCHER MEISTER UM 1435 (Kopie), Bildnis Herzog Albrechts V.

Obwohl das Bildnis Herzog Albrechts V. nur in zwei alten, wohl noch aus dem 15. Jahrhundert stam-

1 Die durch drohendes Abblättern der Farbschicht gefährdete Miniatur wurde kürzlich unter der Leitung Robert Eigen-
bergers behutsam gesichert und gereinigt, so daß sie wieder in alter Frische leuchtet. Unsere Abbildung zeigt das Blatt
vor der Restaurierung.

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