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Buchner, Ernst; Jantzen, Hans [Gefeierte Pers.]
Das deutsche Bildnis der Spätgotik und der frühen Dürerzeit: [Hans Jantzen zum 70. Geburtstag] — Berlin, 1953

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https://doi.org/10.11588/diglit.31127#0032
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menden Kopien überliefert ist, die Kurt Blauensteiner im Galerievorrat des Kunsthistorischen Museums,
Wien, festgestellt hat 1, erweckt das straff und spannkräftig in das Bildfeld gesetzte Fürstenkonterfei
einen starken, elementaren Eindruck (Abb. 8). Aus den steil ansteigenden Schulterschrägen wächst vor
stumpfrotem Grund, bedrohlich nach vorn gehalten, das rötliche, rauhe, ungeschlachte, energische Ant-
litz mit der kompakten, gelblich braunen Fiaartolle, die fast die ganze Stirn bedeckt, der breiten, geraden
Nase, der kurzen, von einem grimmigen Schnurrbart bedeckten Oberlippe und der mächtigen Kinnlade.
Ein graugelbliches, stachliges Kränzlein mit goldenen Fruchtgebilden belebt den festen Haarwulst. Um
den Hals schlingt sich ein schwarzes Band mit goldnem Ornament. Das am Hals und an den Achseln mit
hellem, graubeigefarbigem Fell besetzte braunrote Golddamastgewand ist von einem breiten, mattgol-
denen, mit Perlen und bläulichen und rötlichen Edelsteinen besetzten Band gesäumt, an dem der vom
Herzog gestiftete Adlerorden hängt, ein weißer Adler mit gespreizten Flügeln und üppigem, goldnem,
schwarz gestricheltem Blattgehänge. Durch die Bestimmung des Ordens, dessen Statuten erhalten sind,
hat Lhotsky die Identifizierung des Dargestellten erhärtet 2. Da Albrecht noch nicht die Insignien der
1438 erlangten Königswürde trägt und nicht unwesentlich jünger aussieht, als auf der Schutzmantel-
tafel des Albrechtsaltars, die ihn gekrönt zeigt, darf das Urbild des Porträts etwa um 1435 angesetzt
werden. Aus der farbigen Schilderung, die Enea Silvio Piccolomini, der Albrecht gekannt hat, von dem
Aussehen des Fürsten entwirft 3, seien als kennzeichnende Züge herausgegriffen: Ragende Gestalt, nervi-
ger und kraftvoller Körper, furchteinflößendes Antlitz, dräuende Augen, dunkle Gesichtsfarbe, Bart nach
Volkssitte rasiert, Oberlippe ungeschoren, ein leidenschaftlicher Jäger, waffenerprobt, immer dasSchwert
an der Seite, ein Mann der lieber handelte als redete. Selten deckt und stützt sich bildliche und litera-
rische Charakterzeichnung so gut.

7. SÜDOSTDEUTSCHER MEISTER UM 1450, Bildnis des Kaisers Sigismund.

Nicht leichten Herzens wurde auf die Hereinnahme des bedeutendenBildnissesKaiserSigismunds der Wie-
ner Galerie in das Corpus verzichtet. Johannes Wilde hatte es imWiener Gemäldevorrat entdeckt und als
vermutliche Arbeit des Salzburger Meisters Konrad Laib veröffentlicht 4. Aber die Gründe, die Bernhard
Degenhart 5 für Antonio Pisanello als Meister des Bildnisses ins Feld geführt hat, überzeugen. Der Ver-
gleich des groß gesehenen Antlitzes mit Bildniszeichnungen (Louvre) und Köpfen aus den Fresken von
Sta. Anastasia (Verona) ergibt zwingende Verwandtschaftszüge.

Auch das berühmte Staatskonterfei des Kaisers Sigismund, das Dürer 1513 für die Nürnberger Heil-
tumskammer, den zeitweiligen Aufbewahrungsort der Reichskleinodien, vollendet hat, ist in das Corpus
nicht aufgenommen, da es, obgleich sich die scharfen Züge des Kaisers vergleichsweise eng an ein zeit-
genössisches Konterfei halten, in Format, Gesamtanordnung, Haltung, Gebärde der Hände von Dürer
neu redigiert ist.

Dagegen gehört das urkundlich als alte Stiflung erwähnte Bildnis im Kaiser-Friedrich-Museum zu Gör-
litz (Abb. 7) noch in die Mitte des 15. Jahrhunderts. In den Görlitzer Ratsannalen des Bürgermeisters Jo-

1 A. Lhotsky, Festschrift d. Kunsthist. Mus. zur Feier des 50jährigen Bestandes. Die Geschichte der Sammlungen. 1941

bis 1945, I, S. 42. 2 A.a.O. S. 58. 3 Aeneae Sylvii Piccolominei opera quae extant omnia, Basileae 1551 „In Europam sui

temporis varias continentem historias“ Kap. I. — Aeneas Sylvius Piccolomineus qui postea Pius II. P. M. De viris illustribus.

Bibl. d. literar. Vereins, Stuttgart I, 1843, S. 66 ff. — W. Suida, österreichs Malerei in der Zeit Erzherzog Ernsts des Eiser-

nen und König Albrechts II., 1926, S. 53 f. „Enea Silvio Piccolomini über das Aussehen König Albrechts.“ 4 J. Wilde, Ein

zeitgenössisches Bildnis des Kaisers Sigismund, Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen in Wien, N. F. IV, 1930, S. 213
bis 222. 6B. Degenhart, ebenda,'N. F. XIII, 1944.

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