Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Buchner, Ernst; Jantzen, Hans [Gefeierte Pers.]
Das deutsche Bildnis der Spätgotik und der frühen Dürerzeit: [Hans Jantzen zum 70. Geburtstag] — Berlin, 1953

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31127#0033
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
hannes Haß heißt es von ihm „Vnd aus solcher erkanther liebe, die keiser Sigismund mit viel gnaden zu
stadt gehabt, hat ein rathe seiner mt. person abecontirfeyn lassen, vnd zu einem langen gedencknus ires
fromenn herns, jn die ratsstube hengen lassen, do isz bisz auff heute donerstagis nach Bonifacij den
X. Junij (1536) henget vnd gesehn wirt.“ Aus einer fragmentierten Inschrift geht hervor, daß das Bild-
nis eine erst nach dem Tode des Kaisers (1437) erfolgte Gedächtnisstiftung ist, die jedoch, wie Wilde mit
Recht annimmt, um 1450 anzusetzen ist. Das eigentümlich starre, aber höchst eindringliche, an eine
Reliquienbüste gemahnende Staatsporträt, das auf eine um 1400 entstandene Bildnisaufnahme zurück-
gehen dürfte, zeigt den prachtliebenden und lebensfrohen Kaiser, den berühmt „schönen“ und galanten
Fürsten, noch in der vollen Pracht seines reich und zierlich gelockten Haares. Ein prunkendes, glocken-
artiges Staatskleid, mit konzentrischen, perlbesetzten Querkordeln geschmückt, und die hohe, mächtige
Pelzmütze rahmen die markanten, ein wenig an einen Nußknackerkönig erinnernden Züge.

8. ÖSTERREICHISCHER MEISTER UM 1480, Bildnis des Kaisers Sigismund.

Bewahrt das Görlitzer Konterfei in seiner kunstl os-schlichten Anordnung noch viel von dem Charakter
der frühesten deutschen Einzelbildnisse, so gibt sich das Bildnis in Schloß Sebenstein (Abb. 6) deutlich
als posthumes, etwa um 1480 gemaltes Porträt zu erkennen. Durch die erhobene, den Handteller dem Be-
schauer zuwendende Linke und die trocken-scharfe Charakterisierung des vom Weißhaar gerahmten
Antlitzes bekommt das knapp in das nischenartige Bildfeld gefügte Bildnis etwas Unmittelbar-Sprechen-
des. Dem scharf beobachteten Porträt liegt ohne Zweifel eine aus den letzten Lebensjahren des Kaisers
stammende Bildnisaufnahme zu Grunde, doch „sprengt die Sprechgebärde der erhobenen Linken schon
die traditionelle Kompositionsform der älteren Fürstenbildnisse“ (J. Wilde) und der tüchtige, aber etwas
trockene, vermutlich österreichische Maler verleiht dem sprechenden Alten einen ausgesprochen bürger-
lichen Charakter.

29
 
Annotationen