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Buchner, Ernst; Jantzen, Hans [Gefeierte Pers.]
Das deutsche Bildnis der Spätgotik und der frühen Dürerzeit: [Hans Jantzen zum 70. Geburtstag] — Berlin, 1953

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https://doi.org/10.11588/diglit.31127#0035
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farbige Basis, von der sich das fahle, nicht mehr ganz intakte Inkarnat, das milde Lachsrot des
Wamskragens, der helle, weißlich-bräunliche Pelz und das in braunes Leder gebundene Buch diskret
abheben. Kühle, grünlich-blaue Landschaft. Die schmale, spitze Nase kontrastiert zu dem auf breitem,
säulenartig ansteigendem Hals sitzenden, leicht fülligen Gesicht. Schmallippiger Mund und graue Augen,
in Schnitt und Lagerung denen des Münchner Baumeisters verblüffend verwandt. Vielleicht liegt der fühl-
bare Qualitätsunterschied, der den Mann des Buches von dem Mann des Zirkels trennt, in dem unter-
schiedlichen Erhaltungszustand. Die feineri Schwebungen der Modellierung, die den Reiz des Münchner
Kopfes mit bedingen, sind hier verlorengegangen. Gut erhalten ist dagegen die feste, herbe Hand, die
den Zeigefinger als Seitenmerker benützt. Das seltene Motiv ist klar und überzeugend entwickelt. Zum
Vergleich mit einem gesicherten Bildnis des Meisters bringe ich den Stifter des namenspendenden Altars,
Dr. Johann von Schwartz-Hirtz aus der „Heimsuchung Mariä (Textabb. 1). In der Erfassung des
Psychischen und der Formgebung besteht eine weitgehende Verwandtschaft. Für die charakteristische
Landschaftsstilisierung mit den isolierten, kugelig zusammengefaßten Laubbäumen bietet das annähernd
gleich große Täfelchen im Wallraf-Richartz-Museum, auf dem Maria den scheu sich nahenden heiligen
Bernhard mit ihrer Milch begnadet, gute Vergleichspunkte.

10. MEISTER DES MARIENLEBENS, Bildnis eines Baumeisters.

Der sogenannte Baumeister aus der Wallerstein-Sammlung (Alte Pinakothek) (Abb. 11), in dem man in
früheren Jahrhunderten den Geschichtsschreiber Peter Appian erkennen wollte, ist mit das vornehmste
und würdigste Bildnis der Altkölner Schule. Trotz des Zirkels ist es nicht sicher, ob hier wirklich ein Bau-
meister dargestellt ist. Gerade die sehr gewählte Kleidung und die wahrhaft seigneurale Haltung könnten
an einen Münzmeister denken lassen, einen der hochgestellten Betreuer des Münzregals, die zu den wich-
tigsten und angesehensten staatlichen oder städtischen Beamten zählten. Doch ist der Zirkel als Standes-
symbol des Münzmeisters erst für das 16. Jahrhundert verbürgt.

Man begreift, daß die repräsentative Tafel lange Zeit — bis 1910 — als Schule des Jan van Eyck ging,
bis sie von Braune als niederdeutsch erkannt und für den westphälischen Meister von Liesborn in An-
spruch genommen wurde, um dann später der Kölner Schule zugewiesen zu werden. Noch ist das letzte
Wort über den Meister nicht gesprochen. Doch ist die Stilverwandtschaft mit dem Karlsruher Täfelchen
(Abb. 9), das mit guten Gründen für den Meister des Marienlebens in Anspruch genommen wird,
sehr erheblich, wenn auch der Mann mit dem Zirkel einen reiferen und geschlosseneren Eindruck macht.
Der formale Aufbau ist von würdiger Gehaltenheit, der farbige von diskreter, erlesener Pracht. Die
Finger der linken, mit einem schlichten Edelstein-Ring geschmückten Hand legen sich ruhig schräg auf
die für die Vorstellung vorhandene Brüstung, indes die fleischige Rechte, aus dem Pelzbesatz des Ärmels
emportauchend, in gewählter Geste den Zirkel hält. Ruhig messend, wägend, distanzierend blickt der
halb seitlich nach links gewandte, nicht schlecht im Fleisch stehende Herr aus kleinen, dunklen, ungleich
sitzenden Augen den Beschauer an. Wenige silbrige Löckchen spielen unter der hohen Kapuzmütze vor.
Das silbrige Graurosa des mit feinen grauen Schatten modellierten Gesichts hebt sich verhalten leuchtend
von dem Burgunderrot der Kapuzkappe, dem warmen Olivgrün des Grundes, dem tiefschwarzen Rock-
kragen, der höchst delikat durch die von einem Stück blanken Hemdweiß sich abhebende, durch goldne
Nesteln laufende Schnur zusammengefaßt wird. Eine tiefrote, mit mausgrauem Pelz verbrämte Schaube
umhüllt weich die füllige Gestalt des hochgestellten Herrn, mit dem — dafür scheint der etwas hoch-
mütige Zug um den wortkargen Mund mit der minimalen Oberlippe zu sprechen — wohl nicht gut

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