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Buchner, Ernst; Jantzen, Hans [Gefeierte Pers.]
Das deutsche Bildnis der Spätgotik und der frühen Dürerzeit: [Hans Jantzen zum 70. Geburtstag] — Berlin, 1953

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https://doi.org/10.11588/diglit.31127#0061
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46. KONSTANZER MEISTER VON 1460, Bildnis des Heinrich Blarer.

Leider hat das ordensgesegnete Bildnis des Konstanzer Patriziers Heinrich Blarer aus dem Jahre 1460
(Abb.46) durch Übermalungen und Retuschen empfindlich gelitten, so daß einer stilkritischen Beurteilung
Schranken gesetzt sind. Daß es kein Werk eines bedeutenden Meisters gewesen ist, läßt sich auch heute noch
sagen, und es nimmt Wunder, das Weizsäcker vermeinte, hier eine Quelle der Kunst des Hausbuch-
meisters sprudeln zu hören. Das kulturhistorische Interesse überwiegt bei dem starr gefügten Konterfei
das künsterische. Im vornehmen patrizischen Staat hat sich der noch sehr jung aussehende, braunlockige
Blarer konterfeien lassen. Stolz auf seinen ausgiebigen Ordensschmuck trägt er über der mit braunem
Pelz verbrämten Schaube das breite, weiß-grau-blau gemusterte Ordensband des Kannenordens, auf das
die Henkelkanne mit den drei Blumen gestickt ist. Der zu den Insignien des Kannenordens gehörige
Greif erscheint oben links im blaugrünen Hintergrund, darunter ist ein zweiter Orden (Kranz mit An-
hänger) gemalt. Ein schweres Barett mit dunklem und hellem Pelz besetzt, soll dem etwas schmächtigen
Patrizier die nötige Würde verleihen. Der hohe, steife Wamskragen ist mit einer Schnur vernestelt. Die
parallel zum Bildrand geführte, reichlich steife Hand hält einen monumentalen, blau-grauen Bisamapfel,
dessen Kette um die Hand geschlungen ist. Der Ausdruck des kindlich wirkenden, rötlichen Gesichts mit
den blauen Augen und der spitzen Nase ist starr und leblos. Oben steht neben dem Wappen (roter
Hahn auf weißem Feld) der Name des Dargestellten und die Jahreszahl. Die Einfügung des Namens
mit Wappen und Datum am oberen Bildrand scheint alte Konstanzer Tradition gewesen zu sein, was
noch Elsners posthume Porträts von Konstanzer Persönlichkeiten aus der Konzilszeit zeigen. Das Bild-
nis, das von einem autoehthonen Maler stammen dürfte, ist kein Ruhmestitel für die Konstanzer Malerei
jener Zeit.

47. KASPAR ISENMANN (?), Bildnis eines älteren Mannes.

Weit auseinander klaffen die Zuschreibungen des kleinen, scharf charakterisierten Bildnis eines mürrischen
Alten, das aus der Sammlung Tobias Christ vor ein paar Jahren in die Basler Kunstsammlung gelangt ist
(Abb.47). Mehr als ein Menschenalter derZeit, ein paar Klafler aber der Werthierarchie nach: Kaspar Isen-
mann, Martin Schaffner und — Mathis Gotthardt-Nithardt. Für die von Paul Wescher ausgesprochene Zu-
weisung an den stark von niederländischer Malerei, insbesondere von Dirk Bouts berührten Kolmarer
Kaspar Isenmann spricht die frappierende, stilistische Verwandtschaft mit hart geprägten, bildnisartigen
Köpfen auf Isenmanns 1465 vollendeten Passionsszenen aus St. Martin. Isenmann ist 1472 gestorben. Das
Bildnis mag aus seinen letzten Jahren stammen. Da der Sprung von der Altartafel zum isolierten Bildnis
seine Schwierigkeiten hat, empfiehlt es sich, die Zuweisung an Isenmann vorsichtshalber mit einem
Fragezeichen zu versehen.

Aus dem tiefblauen Grund hebt sich hell das graurosa Antlitz, auf dessen hoher Stirn die knappe,
braunrote Kappe sitzt. Aus dem Grauschwarz des schlichten, bis zum Hals geschlossenen Rockes tau-
chen fragmentarisch die Hände der über der Brust gekreuzten Arme auf. Sowohl die einfache, schlag-
kräftige Bildführung, als die Intensität der Charakter-Zeichnung hat etwas Überzeugendes. Ein unwir-
scher, dürftig behaarter Rundschädel, geladen, wie es scheint, mit Energie und Mißtrauen. DieHaltung der
Arme von verblüffender Selbstverständlichkeit. Die graue, malerisch strichelnde Vorzeichnung schimmert
durch die dünne, wohl nicht mehr ganz intakte Farbschicht durch. Unruhige Schattenschläge beleben die
linke Gesichtshälfte und markieren die gewöhnliche Nase. Gramfalten über der Nasenwurzel, angezo-

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