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70 Kunst auf Karten

derartige Arbeit unbedingt zur Verbesserung des Kartenbildes bei, und es ist
mehr als wahrscheinlich, daß derartige Produkte Anlaß zu der - bis in das 19.
Jahrhundert verbreiteten - Warnung gaben: »Kupferstücke befärben, anders
nichts ist als dieselben verderben«.89 Auch im 16. Jahrhundert mag schon der
eine oder andere Liebhaber selbst zu Farbe und Pinsel gegriffen haben. Davon
zeugt nicht zuletzt die große Zahl von Büchern und Traktaten, die diesem The-
ma gewidmet ist.90 Eine der in den Niederlanden verbreitetsten Schriften die-
ser Art war das Illuminierbuch des Alexis Piemontois, das 1561 bei Christoph
Plantin in einer niederländischen Ausgabe erschienen war.91 Zu den ersten Käu-
fern dieses Werkes zählten - das belegen die erhaltenen Rechnungsbücher - der
Kolorierer und Verleger Gerard de Jode und der »caert-afsetter« Abraham Or-
telius.92

Zumindest in späteren Jahren stand Ortelius der Kolorierung kritisch gegen-
über. In einem Brief, den er im Januar es Jahres 1595 an seinen Neffen Jacob
Cools sandte, dem er ein »Theatrum« zu schenken gedachte, schreibt er: »Du
möchtest also ein farbiges Exemplar haben. Ich mag es ehrlich gesagt lieber oh-
ne Farben, weil es eben mit Farben nicht besser herauskommt, sondern schlech-
ter. Daß ich mich Deiner Meinung nach in dieser Sache täusche, ist sehr wohl
möglich, aber Du kannst Dir ja aussuchen, ob es Dir mit Farben besser gefällt.«93

Diese Ablehnung der Kolorierung hatte ihren Grund wohl in der Technik der
»caert-afsetter«. Vor dem Jahr 1600 war nämlich allgemein ein recht dicker, we-
nig luzider Farbauftrag in Mode, der nicht selten die Feinheiten des Kupferstichs
verschwinden ließ, so daß es eben mit Farben nicht besser herauskam, sondern
schlechter.94 Besonders der Gebrauch von Blattgold und Blattsilber, die als kost-
bare Dekoration besonders geschätzt wurden, ließ die Linien unsichtbar wer-
den.'«

In diesem Kontext gilt es, auch auf die Farbwahl einzugehen, die Frage nach
der Bedeutung der Farben auf den Karten des 16. Jahrhunderts zu stellen.96 Zwar
liegt es nahe, die auf der Karte wiedergegebenen Wasserflächen blau zu färben,
doch welche Farben sollte man dem Gelände geben? Man ist es heute gewohnt,
die Kolorierung als Teil des Karteninhaltes anzusehen, auf einer politischen Kar-
te die verschiedenen Länder unterschiedlich gefärbt zu sehen und auf einer geo-
graphischen oder geologischen Karte aus den verwandten Farben auf die Be-
schaffenheit des landschaftlichen Raumes zu schließen.97 Das ist heute zwar
selbstverständlich, war im 16. Jahrhundert aber keineswegs Allgemeingut. So
bedeutete es eine bemerkenswerte Leistung, wenn sich der Geograph Jacob van
Deventer (1505-1575) auf seinen um das Jahr 1550 entstandenen Karten der
Niederlande einer einheitlichen Farbgebung bediente und in seinen militäri-
schen Karten Sumpfgebiete anders färbte als für Truppenbewegungen geeigne-
tes Terrain.98 Eine derartige Kolorierung, die auf die topographische Situation
abgestellt war, blieb in ihrer Zeit die Ausnahme.99 In der Regel bediente man
 
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