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Auf dem Flur ... 143

Auch wenn Schoonbeke zu den reichsten Männern Antwerpens zählte und,
was sein Vermögen angeht, eine Ausnahme darstellt, so waren doch die Wohn-
situation und sein Lebensstil nicht exklusiver als bei anderen wohlhabenden Bür-
gern.18 Entscheidend für den sozialen Status einer Familie war weniger das Haus,
in dem man wohnte, als die Anzahl der Bediensteten, die Kleidung sowie die
Menge an Leinwand und Silbergeschirr, über die man verfügte.19 Bezeichnend
ist, daß Gilbert van Schoonbeke, einer der größten Antwerpener Immobilien-
unternehmer des 16. Jahrhunderts, niemals ein Haus baute oder erwarb, um
selbst darin zu wohnen.20 Vielmehr lebte er wie die meisten seiner Zeitgenossen
zur Miete.21 Stattliche 380 Gulden im Jahr kostete ihn das »De Keyser« genann-
te Haus in der Minderbroedersrui.22 Der Vater Joris Hoefnagels zahlte zur glei-
chen Zeit für sein Haus in der Sint-Katelijnevest mit 150 Gulden nicht einmal
halb soviel.23 Doch gab es durchaus auch teurere Häuser: So wendeten die italie-
nischen Kaufleute Agostino Gentili und Silvestro Cataneo jeweils 400 Gulden
auf, und ihr Landsmann Bernardino Porquini mußte jährlich gar 600 Gulden
aufbringen.24 Die meisten dieser Häuser ähnelten einander schon rein äußerlich
und wiesen eine beinahe stereotype Gliederung auf. Wie »de Keyser« bestanden
sie aus einem Vorder- und einem Hinterhaus, die durch eine Galerie verbunden
waren, sowie einem kleinen Innenhof. Im straßenseitigen Teil des Hauses lagen
die Repräsentations- und Geschäftsräume, während im hinteren Teil der Anlage
die Wohn- und Funktionsräume untergebracht waren. Die Verbindung zwischen
beiden Teilen war eine geschlossene Galerie, der sogenannte »Vloer«, der über
den Hof gebaut war.25

»Auf dem Flur ...«

So wohlhabend die Familie van Schoonbeke war, stellte sie doch keinen über-
mäßigen Luxus zur Schau, und in der Zahl der Gemälde und Bücher blieb sie
sogar weit hinter dem in ihren Kreisen üblichen Standard zurück.26 In den mei-
sten Haushalten des gehobenen Bürgertums fanden sich mehr als dreißig Bücher,
darunter in der Regel neben Gebets- und Andachtsbüchern auch einige kosmo-
graphische Werke.27 Als Beispiel ließe sich der Haushalt des Antwerpener Amts-
schreibers Dominicus Wagemakers zum Vergleich anführen, der am 4. Novem-
ber des Jahres 1576 das Zeitliche gesegnet hatte.2S Wagemakers war als Sekretär
zwar nicht zu außerordentlichem Reichtum, jedoch zu Wohlstand und Ansehen
gelangt.29 Er bewohnte ein stattliches Haus auf der Steenhouwersvest, neben dem
Haus »De Dondercloot«.30 Am 26. November erstellte der Notar Dominicus van
Cauwenberghen in Gegenwart zweier Zeugen ein Inventar der Erbmasse.31 Er
begann seinen Rundgang durch das Haus im Hinterzimmer, in dem eine Holz-
 
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