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144 Kunden von Kunst und Karten

kiste stand, die das Familiensilber enthielt. Raum für Raum schritt der Notar in
seiner Beschreibung fort: vom Hinterzimmer mit dem Silber und dem Geld
durch den Repräsentationsraum im Erdgeschoß, in das über der Küche gelege-
ne Schlafzimmer bis auf den Dachboden und den Kornspeicher. Danach durch
einen weiteren Dachboden über den »Vloer«, durch ein kleines Nebengelaß und
das Arbeitszimmer. Sorgsam verzeichnete er sämtliche Möbel, die Gegenstände
des täglichen Gebrauchs, das Geschirr, die Kleidung und jedes Stück Linnen,
selbst der Keller und ein Heizraum wurden genauestens in Augenschein ge-
nommen. Neben dem üblichen Hausrat und einigen Gemälden besaß die Fami-
lie einen Vogelkäfig mit einem echten Kanarienvogel und einem anderen Sing-
vogel sowie eine große Menge Bücher. Die Beschreibung der etwa 450 Titel bil-
dete das Schlußstück des Inventars.32 Die »Bibliothek«, die in diversen Kisten und
zwei Schreibmöbeln untergebracht war, bestand zu mehr als einem Drittel aus
juristischen Werken. An die dreißig Bibelausgaben oder -kommentare und ein
paar Andachtsbücher werden genannt. Besonders historische Texte, sowohl klas-
sische, kirchliche als auch - wenngleich in geringerem Maße - zeitgeschichtli-
che, waren in großer Zahl vorhanden. Die klassische Literatur war reichlich ver-
treten, und auch die Werke der großen Humanisten fehlten nicht. Belletristik gab
es kaum; nennenswert einzig ein kleines Konvolut von zeitgenössischen franzö-
sischen Werken. Eigens erwähnt sind auch beinahe zwanzig Bücher über medi-
zinische Themen im weitesten Sinne sowie einige mathematische und astrono-
mische, vor allem aber geographische Werke.33 Eine Ausgabe der »Geographia«
des Ptolemaeus, das »Theatrum orbis terrarum«, ein »Theatre du monde« sowie
eine Ausgabe der von Gemma Frisius edierten »Cosmographia« Apians doku-
mentieren sein Interesse an Erdbeschreibung und Kosmographie.34 Ein Großteil
der Werke, die Wagemakers besaß, war in lateinischer Sprache abgefaßt, die sein-
erzeit bei weitem nicht jeder zu lesen verstand. Selbst griechische Bücher besaß
er, wobei man den Besitz eines Lexikons und einiger zweisprachiger Ausgaben
griechischer Klassiker als Ausweis dafür werten darf, daß er zumindest die An-
fangsgründe der Sprache beherrschte. Das gleiche gilt sicher für Spanisch und
Französisch, beides Sprachen, die er als Antwerpener Amtschreiber können muß-
te.35 Was seine Bibliothek angeht, war Wagemakers sicher nicht repräsentativ für
den Durchschnittsbürger.36 Denn so es auch Gelehrte oder Adelige gab, die über
weit mehr Bücher verfugten, war eine Büchersammlung diesen Umfangs selbst
in besseren Kreisen die Ausnahme.37 Das Interesse an Gedrucktem war jedoch,
zur großen Verwunderung ausländischer Besucher, bei den Niederländern ganz
allgemein recht hoch. Davon zeugen beispielsweise die Memoiren des spanischen
Offiziers Alonso Väzquez, der unter Alexander Farnese in den Niederlanden ge-
dient hatte: »Die Bewohner dieses Landes (...) hegen eine große Liebe zur Lite-
ratur, die sie eifrig studieren, vor allem die klassische Literatur; und sie sind sehr
gewandt im Gebrauch der beiden einheimischen wie auch fremder Sprachen.
 
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