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Burg Kapellendorf.
Von Baurat Dkpl.-2ng. H. Wurzler, Lippstadt i. W.
lährend der Glanz des Rittertums nach seiner Blütezeit unter den Hohenstaufen allmählich verblaßte,
war mit dem Anfang des 14. Jahrhunderts das Zeitalter der aufstrebenden Stadtgewalten angebrochen.
Staunenswerte Kräfte entwickelte das emporkommende Bürgertum. In Thüringen trat damals ein
machtvolles Städtetum allerdings wenig in Erscheinung, um so mehr entwickelte sich Erfurt, begünstigt
durch seine ausgezeichnete Lage an der alten Gerafurt gelegen, zu einem der größten Handels- und Ver-
kehrsplätze. Um 1150 bereits umschloß ein schützender Mauerring Wohnstätten und Klöster, und um 1250 war die
Bürgerschaft so erstarkt und selbständig geworden, daß sie sich in wichtigen Dingen schon selbst regierte. Durch Schaffung
guter auswärtiger Verbindungen, durch Neuanlage guter Straßen wurde ein Aufblühen des Handels sehr begünstigt.
Um den Verkehr auf den Straßen auch zu schützen und um ein sicheres Geleit zu gewähren, besaß die Stadt
bereits vier Burgen: Vargula schirmte gegen Überfälle vom Eichsfeld her, Schloß Vippach sicherte die Salzstraße,
die Mühlburg hielt die Verbindung mit Franken über den Thüringer Wald aufrecht, und Tonndorf schützte die
böhmische Straße. Da erwarb zu diesen Besitzungen im Jahre 1348 der Rat der Stadt Erfurt noch die Herrschaft
Kapellendorf und mit ihr die inmitten des Gebietes liegende ehemalige Stammburg der Herren von Kapellendorf,
die sie zu einer der mächtigsten Trutzfesten ausbauten. Noch heute ist die Burg ein Wahrzeichen städtischer Macht-
entfaltung und Größe. Wie sehr die Erfurter ihre Neuerwerbung schätzten, geht schon daraus hervor, daß auf dem
großen Wappen am Rathaus der Stadt Erfurt das Wappen der Herrschaft Kapellendorf — drei schwarze Pfähle
auf silbernem Grund — unter den Wappenschilden der vier größten Besitzungen an erster Stelle steht.
Freilich heute liegen Dorf und Burg abseits vom Verkehr und der großen Heerstraße, aber zu damaliger Zeit
hatte sie als der am weitesten nach Osten zu vorgeschobene Stützpunkt eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Die Flur-
karte von Kapellendorf enthält heute noch eine Flurbezeichnung „An der Kupferstraße". Von dieser wichtigen Geleits-
straße, die von Nürnberg über Kvburg, Gräfental, Saalfeld, Blankenhain, Mellingen, Umpferstedt, Liebstedt, Ober-
reißen über Teuchardt und Querfurt nach Eisleben führte, ging ein Abzweig von Blankenhain über Magdala, Lehn-
stedt, am Wiegendorfer Wald, der Grenze der Kapellendorfer Feldmark entlang nach dem Geleitsorte Wiegendorf,
wo noch das ehemalige Geleitshaus vorhanden ist, keine drei Kilometer von der Burg entfernt.
Werfen wir nun in der Geschichte kurz einen Blick zurück. Das erhöhte Gelände inmitten einer wasserreichen
und fruchtbaren Umgebung war zur Siedlung vortrefflich geeignet. Wie Grabungen erwiesen haben, ist es tatsäch-
lich schon in vorgeschichtlicher Zeit bewohnt gewesen, und hier mag Wohl auch die erste Befestigung entstanden sein.
Um diese geschützte Kernsiedlung entwickelte sich dann eine große Siedlung nach Westen zu in Richtung des Asper-
teiches gelegen. Es ist die in der Geschichte erwähnte Wüstung Aspa oder Aspe. Die Aspe oder Espe, die Zitterpappel,
ist der ausgesprochene Gerichtsbaum. Die erwähnte Siedlung ist also nach einer Gerichtsstätte genannt, die dort
gewesen sein muß. Tatsächlich besitzen die Herren von Kapellendorf hier schon sehr früh das Hochgericht, das Gericht
über Hals und Hand mit dem Galgen auf dem Galgenberge, den: heutigen Sperlingsberg. Der überlieferte Name
der ältesten Burganlage ist „Aspana". Es wird wohl kaum zu ergründen sein, wann die ursprüngliche Siedlung
Aspa zur Wüstung wurde, ob überhaupt nicht ein Teil der alten Siedlung zur Frankenzeit den Rainen Kapellendorf
erhielt. Es ist auch nicht erwiesen, ob schon bei dem ersten Erscheinen der Franken das an die Aspaflur grenzende
Frankendorf in seiner ursprünglichen Siedlung entstand.
Mit der Eroberung und Besiedelung durch die Franken ging in Thüringen der Aufbau einer mustergültigen
Verwaltung Hand in Hand. Überall entstanden Verwaltungsbezirke, und die Beamten und Edlen wurden mit Königs-
lehen (Allodien) ausgestattet. Schon früh war in Kapellendorf Königsgut oder Allodialgut vorhanden. Die Hof-
statt oder das Burggut lag noch bis in die neuere Zeit hinein unmittelbar am Burggelände und war in die Befestigungs-
zone mit einbezogen. Bereits Ende des 9. Jahrhunderts wird Kapellendorf erwähnt, in der betreffenden Urkunde
Capeldorf genannt. Es ist schon damals Herrensitz, und es ist nnzunehmen, daß die um 900 erwähnten Besitzer schon
eine befestigte Anlage errichtet hatten: denn die Kämpfe mit den Sorben, die noch 874 einen großen Aufstand erregt
hatten, waren noch nicht beendet.
Nun haben geschichtliche Forschungen ergeben, daß die Burg der Kirchberger, deren Reste noch vorhanden sind,
nicht das erste „Haus" der Kirchberger gewesen sein kann. In unmittelbarer Nähe der Burg liegt die Wüstung Hus-
dorf. Es war einst ein eigenes Dorf der Kirchberger, als Siedlung bei ihrem Hause entstanden. Wenn nun 1235 bei
der Klostergründung in Kapellendorf Güter in Husdorf zur Verfügung gestellt werden, so muß notwendigerweise
noch viel früher ein „Hus" der Kirchberger vorhanden gewesen sein. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts tritt uns in
Kapellendorf das Geschlecht der Herren von Kapellendorf entgegen. Den Namen von Kirchberg nehmen sie erst an,
als sie 1149 Burggrafen von Kirchberg geworden waren. Wann sie nach Kapellendorf kamen, oder ob sie schon mit
jenem um 900 erwähnten Grafengeschlecht in verwandtschaftlichen Beziehungen gestanden hatten, ist nicht bekannt.
Burg Kapellendorf.
Von Baurat Dkpl.-2ng. H. Wurzler, Lippstadt i. W.
lährend der Glanz des Rittertums nach seiner Blütezeit unter den Hohenstaufen allmählich verblaßte,
war mit dem Anfang des 14. Jahrhunderts das Zeitalter der aufstrebenden Stadtgewalten angebrochen.
Staunenswerte Kräfte entwickelte das emporkommende Bürgertum. In Thüringen trat damals ein
machtvolles Städtetum allerdings wenig in Erscheinung, um so mehr entwickelte sich Erfurt, begünstigt
durch seine ausgezeichnete Lage an der alten Gerafurt gelegen, zu einem der größten Handels- und Ver-
kehrsplätze. Um 1150 bereits umschloß ein schützender Mauerring Wohnstätten und Klöster, und um 1250 war die
Bürgerschaft so erstarkt und selbständig geworden, daß sie sich in wichtigen Dingen schon selbst regierte. Durch Schaffung
guter auswärtiger Verbindungen, durch Neuanlage guter Straßen wurde ein Aufblühen des Handels sehr begünstigt.
Um den Verkehr auf den Straßen auch zu schützen und um ein sicheres Geleit zu gewähren, besaß die Stadt
bereits vier Burgen: Vargula schirmte gegen Überfälle vom Eichsfeld her, Schloß Vippach sicherte die Salzstraße,
die Mühlburg hielt die Verbindung mit Franken über den Thüringer Wald aufrecht, und Tonndorf schützte die
böhmische Straße. Da erwarb zu diesen Besitzungen im Jahre 1348 der Rat der Stadt Erfurt noch die Herrschaft
Kapellendorf und mit ihr die inmitten des Gebietes liegende ehemalige Stammburg der Herren von Kapellendorf,
die sie zu einer der mächtigsten Trutzfesten ausbauten. Noch heute ist die Burg ein Wahrzeichen städtischer Macht-
entfaltung und Größe. Wie sehr die Erfurter ihre Neuerwerbung schätzten, geht schon daraus hervor, daß auf dem
großen Wappen am Rathaus der Stadt Erfurt das Wappen der Herrschaft Kapellendorf — drei schwarze Pfähle
auf silbernem Grund — unter den Wappenschilden der vier größten Besitzungen an erster Stelle steht.
Freilich heute liegen Dorf und Burg abseits vom Verkehr und der großen Heerstraße, aber zu damaliger Zeit
hatte sie als der am weitesten nach Osten zu vorgeschobene Stützpunkt eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Die Flur-
karte von Kapellendorf enthält heute noch eine Flurbezeichnung „An der Kupferstraße". Von dieser wichtigen Geleits-
straße, die von Nürnberg über Kvburg, Gräfental, Saalfeld, Blankenhain, Mellingen, Umpferstedt, Liebstedt, Ober-
reißen über Teuchardt und Querfurt nach Eisleben führte, ging ein Abzweig von Blankenhain über Magdala, Lehn-
stedt, am Wiegendorfer Wald, der Grenze der Kapellendorfer Feldmark entlang nach dem Geleitsorte Wiegendorf,
wo noch das ehemalige Geleitshaus vorhanden ist, keine drei Kilometer von der Burg entfernt.
Werfen wir nun in der Geschichte kurz einen Blick zurück. Das erhöhte Gelände inmitten einer wasserreichen
und fruchtbaren Umgebung war zur Siedlung vortrefflich geeignet. Wie Grabungen erwiesen haben, ist es tatsäch-
lich schon in vorgeschichtlicher Zeit bewohnt gewesen, und hier mag Wohl auch die erste Befestigung entstanden sein.
Um diese geschützte Kernsiedlung entwickelte sich dann eine große Siedlung nach Westen zu in Richtung des Asper-
teiches gelegen. Es ist die in der Geschichte erwähnte Wüstung Aspa oder Aspe. Die Aspe oder Espe, die Zitterpappel,
ist der ausgesprochene Gerichtsbaum. Die erwähnte Siedlung ist also nach einer Gerichtsstätte genannt, die dort
gewesen sein muß. Tatsächlich besitzen die Herren von Kapellendorf hier schon sehr früh das Hochgericht, das Gericht
über Hals und Hand mit dem Galgen auf dem Galgenberge, den: heutigen Sperlingsberg. Der überlieferte Name
der ältesten Burganlage ist „Aspana". Es wird wohl kaum zu ergründen sein, wann die ursprüngliche Siedlung
Aspa zur Wüstung wurde, ob überhaupt nicht ein Teil der alten Siedlung zur Frankenzeit den Rainen Kapellendorf
erhielt. Es ist auch nicht erwiesen, ob schon bei dem ersten Erscheinen der Franken das an die Aspaflur grenzende
Frankendorf in seiner ursprünglichen Siedlung entstand.
Mit der Eroberung und Besiedelung durch die Franken ging in Thüringen der Aufbau einer mustergültigen
Verwaltung Hand in Hand. Überall entstanden Verwaltungsbezirke, und die Beamten und Edlen wurden mit Königs-
lehen (Allodien) ausgestattet. Schon früh war in Kapellendorf Königsgut oder Allodialgut vorhanden. Die Hof-
statt oder das Burggut lag noch bis in die neuere Zeit hinein unmittelbar am Burggelände und war in die Befestigungs-
zone mit einbezogen. Bereits Ende des 9. Jahrhunderts wird Kapellendorf erwähnt, in der betreffenden Urkunde
Capeldorf genannt. Es ist schon damals Herrensitz, und es ist nnzunehmen, daß die um 900 erwähnten Besitzer schon
eine befestigte Anlage errichtet hatten: denn die Kämpfe mit den Sorben, die noch 874 einen großen Aufstand erregt
hatten, waren noch nicht beendet.
Nun haben geschichtliche Forschungen ergeben, daß die Burg der Kirchberger, deren Reste noch vorhanden sind,
nicht das erste „Haus" der Kirchberger gewesen sein kann. In unmittelbarer Nähe der Burg liegt die Wüstung Hus-
dorf. Es war einst ein eigenes Dorf der Kirchberger, als Siedlung bei ihrem Hause entstanden. Wenn nun 1235 bei
der Klostergründung in Kapellendorf Güter in Husdorf zur Verfügung gestellt werden, so muß notwendigerweise
noch viel früher ein „Hus" der Kirchberger vorhanden gewesen sein. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts tritt uns in
Kapellendorf das Geschlecht der Herren von Kapellendorf entgegen. Den Namen von Kirchberg nehmen sie erst an,
als sie 1149 Burggrafen von Kirchberg geworden waren. Wann sie nach Kapellendorf kamen, oder ob sie schon mit
jenem um 900 erwähnten Grafengeschlecht in verwandtschaftlichen Beziehungen gestanden hatten, ist nicht bekannt.