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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 41.1940

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Burgenschau
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Ebhardt, Bodo: Buchbesprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.35017#0042
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Buchbesprechungen

Die Lauenburg im Ostharz. Beschrieben von Hermann Goern.
Ausgenommen von Hermann Wäscher. Geschichtlicher Überblick
von Walther Grosse. Forschungen zur Denkmalpflege in der
Provinz Sachsen. Im Aufträge des Landeshauptmanns heraus-
gegeben vom Provinzialkonservator. Heft I. Verlag R. K. Jaeckel
inQuerfurt. 62 Seiten, 38 Tafeln im Anhang. Format 17,5:24,5.
In ungewöhnlicher, aber sehr fruchtbringender Form ist in der
ansehnlichen und ausführlichen Schriftensammlung eine Beschrei-
bung und Kennzeichnung der Lauenburg in drei Aufsätzen unter-
nommen, die ein gutes Bild der Geschichte der Burg und ihrer
Bewohner geben. Auszüge aus Urkunden und Chroniken, sowie eine
Zusammenstellung des Schrifttums bilden eine wertvolle Ergänzung.
38 Bildtafeln stellen die Landschaft, Bauplatz, Baureste und
Bodenfunde vortrefflich dar. Durch Ausgrabungen ist diese genaue
Vermessung und vorzügliche zeichnerische Darstellung ermöglicht
worden, die eine Kennzeichnung der Technik des Mauerwerkes und
eine genaue Darstellung der umfangreichen Grundmauerreste er-
laubte. Die Grundrisse zeigen die einzelnen Bauteile: Bergfriede,
Mantelmauern, Kapelle, Toranlagen, Zwinger, Gräben und Wälle
nebst Wegeführung und Höhenlinien der Doppelburg.
Gute Aufnahmen erlauben die Beurteilung des Steinmaterials,
Granit- und Sandstein-Werkstücke. Die Bauzeit wird auf die erste
Hälfte des 12. Jahrhunderts geschätzt. Der Begründung der Alters-
schätzung auf S. 25 können wir uns nicht vorbehaltlos anschließen.
Eine vortreffliche Beigabe ist die Übersichtskarte „Der Harz als
Wohnung, Festung und Küchengarten der deutschen Könige des
Mittelalters, insbesondere die Harzstellung Heinrichs IV. und ihre
Angreifer".
Die ganze Zusammenarbeit kan» für ähnliche Einzelforschungen
sehr empfohlen werden. Für Druck, Papier und Ausstattung ist
dem Berlage sehr zu danken. Bodo Ebhardt.
Die deutschen Kaiserpfalzen. Von Gottfried Schlag. Großdeutsche
Schriften. Herausgegeben von Walter Platzhoff, Heinrich Ritter
von Srbik und Paul Wentzke. Heft 2. Mit 17 Tafeln und 16 Text-
abbildungen und Grundrissen. 118 Seiten Wortlaut. Format
16: 23. Verlag Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M. 1940.
Die Arbeit von Gottfried Schlag will eine Lücke ausfüllen.
Eine zusammenfassende Darstellung über die deutschen Kaiserpfalzen
besitzen wir bisher nur in dem Buche von W. Weitzel, Die deutschen
Kaiserpfalzen und Königshöfe vom 8. bis 16. Jahrhundert, Halle
1905, das aber in jeder Hinsicht als überaltet angesprochen werden
muß und dem heutigen Stande der Forschung in keiner Weise
genügt. Neuerdings hat Bodo Ebhardt, Der Wehrbau Europas im
Mittelalter, Band 1, Berlin 1939, einen besonderen Abschnitt den
Kaiserpfalzen gewidmet, der baugeschichtlich einen guten Über-
blick über die Entwicklung der Pfalzanlagen gibt, soweit wir diese
in der heutigen Forschung zu ergreifen vermögen. Schlag will aber
mehr, als nur eine baugeschichtliche und kunsthistorische Abhandlung
über die Kaiserpfalzen schreiben. Einmal geht seine Absicht dahin,
die Kaiserpfalz begrifflich genau zu bestimmen, sie in ihrer Natur
von dem Reichsbesitz, den Königshöfen, den „Hohenstaufenschlössern"
zu trennen und als besondere bauliche Erscheinungen des profanen
Palastbaues herauszustellen, und weiter will er die Kaiserpfalzen
in ihrer besonderen wirtschaftlichen, rechtlichen und historischen
Stellung umreißen. Es sei gleich betont, daß ihm diese Absicht
wohl nicht gelungen ist.
Schon die unterschiedliche Benennung der Kaiserpfalz im mittel-
alterlichen Sprachgebrauch hätte den Verfasser in stärkerem Maße

darauf aufmerksam machen müssen, daß den mittelalterlichen Zeit-
genossen die Kaiserpfalz kein fest umrissener Begriff war. Zwar
betont auch Schlag, daß von der mittelalterlichen Benennung her
man nicht an die Kaiserpfalz herankommt, aber sein nun folgender
Versuch, von der verfassungs- und wirtschaftsgeschichtlichen Seite
her die Kaiserpfalz zu bestimmen, kann nicht vollgültig befriedigen.
Man vermißt ein tieferes Eingehen auf die verfassungsrechtliche
Entwicklung der kaiserlichen Stellung seit den Tagen Karls des
Großen bis zum Ende der Staufer. So wie das Reich und der
Kaiser seit dem Zusammenbruch der karlingischen Monarchie von
den einzelnen Stämmen her auf einer föderalistischen Basis er-
wachsen war, entsprach die damalige Kaiserpfalz als unbefestigter
großer Wirtschafts- und Repräsentationshof den allgemeinen wirt-
schaftlichen und rechtlichen Verhältnissen des deutschen Adels, der
ebenfalls in den Tagen der Ottonen und der ersten Salier größten-
teils als Großgrundbesitzer auf seinen Gütern hauste und wirt-
schaftete. Nicht allein, daß durch die verfassungsrechtliche Wurzel
des Reiches eine feste Residenz des Kaisers nicht gegeben war, son-
dern daß die damalige Pfalz auch den allgemeinen Verhältnissen
des deutschen Adels entsprach, hätte in stärkerem Maße berücksichtigt
werden müssen. Eine Wandlung dieser Dinge setzt seit der Mitte
des 11. Jahrhunderts durch den aufkommenden Burgbau ein. Der
Adel gibt seine großgrundherrliche Stellung mehr und mehr auf;
er schafft sich seine Territorien, die Derra äoinini, und er baut sich
nun seine festen Burgen. Die kaiserliche Pfalz macht diese Wand-
lung mit. Es entstehen die burglich ausgebauten Pfalzen der
Hohenstaufen. Auch das territoriale Prinzip scheint sich anzudeuten.
Im wesentlichen bleibt die neue burgliche Pfalz auf das Stamm-
gebiet der Hohenstaufen am Oberrhein in Schwaben und in Franken
beschränkt. Es wird nicht zufällig sein, daß auch Schlag den fast
einer Residenz gleichkommenden Charakter Hagenaus Herausstellen
muß. Eine intensivere Berücksichtigung dieser Entwicklungsstufen
hätte Schlag eine viel bessere Grundlage geboten, die Kaiserpfalz
in ihrer Natur festzuhalten, und hätte auch die Pfalz in stärkerem
Maße von der Burg getrennt, während man bei Schlag gerade die
scharfe Trennung von Burg und Pfalz, die er ja auch vornehmen
will, vermißt. Die klare Herausstellung eines festen Begriffes der
Kaiserpfalz ist nur durch ein Eingehen auf den verfassungsgeschicht-
lichen Ablauf möglich, und weil Schlag diesen Weg nicht gegangen
ist, ist er auch nicht in der Lage, den Begriff „Kaiserpfalz" bis in alle
Einzelheiten zu klären und eine reinliche Scheidung zwischen Pfalz,
Reichsburg und Burg zu ziehen.
Demgegenüber bringt der baugeschichtliche Teil der Abhandlung
nicht viel Neues. Die Voraussetzungen für den Pallasbau sieht
Schlag vornehmlich durch das germanische Baugefühl gegeben, be-
sonders seit den Tagen der Ottonen, als die spätantiken Einflüsse,
die sich unter Karl dem Großen mehr und mehr durchzusetzen
schienen, zurücktreten. Eingehend behandelt er noch die baulichen
Fragen der Pfalzkapellen und der Pfalzbauhütten. Die Frage, ob
wir mit bestimmten Pfalzbauhütten rechnen dürfen, läßt der Ver-
fasser offen, doch glaubt er Voraussetzungen für das Bestehen solcher
Bauhütten im Elsaß zur staufischen Zeit aufzeigen zu können.
Wenn auch die Arbeit Schlags die bestehende Lücke nicht aus-
zufüllen vermag, so zeigt sie doch an, wie fruchtbar nicht allein für
den Kunsthistoriker, sondern in größerem Umfange auch gerade für
den Historiker die Frage nach der Stellung und Bedeutung der
Kaiserpfalz und letzten Endes der mit ihr in Verbindung stehenden
Burg ist. Die Arbeit zeigt einen Punkt in der historischen Forschung
auf, der fast noch unbetretenes Neuland ist, und der einer gründlichen
und intensiveren Bearbeitung bedarf. Kurt Wefelscheid.
 
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