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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 41.1940

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Wurzler, H.: Burg Kapellendorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.35017#0019
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Es war ein umfangreicher Besitz, der mit der Übernahme von Schloß und Amt Kapellendorf in die Hände
Erfurts kam. Da jedoch die Zeiten noch unruhig waren, und der neue Besitz weit von der befestigten Stadt entfernt
lag, so mußte in diesem neuen Amtsbezirk eine Verteidigungsanlage geschaffen werden, die allen Kriegsstürmen
trotzen konnte. So entstand nach und nach in weitem Bogen um die alte Kirchbergische Feste die Wasserburg Kapellen-
dorf, ein Werk, das noch heute jedem Besucher die höchste Anerkennung der Tatkraft und Unternehmungslust einer
mittelalterlichen Stadt abnötigt.
Der Burgbezirk steigt im ganzen nach Norden an. Von der Gesamtanlage ist der Burgkern, jene sanfte Er-
hebung innerhalb des Geländes, der kleinste aber auch der älteste Teil. Sie trug ehemals die Burg der Kirchberger,
und es ist schwer zu sagen, wann die einzelnen Teile entstanden sind. Allerdings haben die Ausgrabungen der Burg-
gemeinde Kapellendorf, die mit Hilfe des Landesarbeitsdienstes Thüringen und Vertretern der thüringischen Landes-
denkmalpflege durchgeführt wurden, baugeschichtlich manches Interessante zutage gefördert. Schon 1932 hatte oanä.
püil. aal. H. Schmidt aus Apolda auf dem Gelände der Kernburg, das mehr einem verwilderten Garten als einem
Burghofe glich, Grabungsversuche unternommen und hierbei die Reste des alten Bergfrieds wieder entdeckt. Weitere
Ausgrabungen fanden dann unter der wissenschaftlichen Leitung des Prof. Or. G. Neumann vom germ. Museum
der Universität Jena statt. Nachdem seitens des Arbeitsdienstes 1933 etwa 50000 Karren Schutt und Geröll beseitigt,
außerdem ein Schnittgraben im Burgzwinger unter dem Küchenausguß von 5—7 in Tiefe unter Leitung von oanck.
xliil. E. Schirmer, Jena, angelegt war, ergaben sich wertvolle Einblicke und Ergebnisse bezüglich der Entwicklung der
Burganlage. Es zeigte sich, daß das Burggelände schon zur Bronzezeit besiedelt gewesen sein muß. Weiterhin konnte
jetzt, nachdem die Räumungsarbeiten durchgesührt waren, die Anlage der Kirchbergischen Burg wieder klar erkannt
werden.
Es ist eine kleine fast kreisrunde, aber stark befestigte Burg gewesen. Nach der Anhöhe, dem Sperlingsberge
zu, war sie durch eine starke Mauer, gleichwie durch einen Schild geschützt, an die sich jedenfalls der Pallas anlehnte;
denn die hier noch vorhandenen Mauern und Kellergewölbe lassen auf ein äußerst massives und festes Gebäude schlie-
ßen. Seine Größe beträgt etwa 23x8,5 an Irgendwelche Kunstformen des romanischen Stiles sind leider nicht vor-
handen, sie stammen alle aus der Gotik, aus der Zeit des großen Um- und Erweiterungsbaues durch die Stadt Erfurt.
Damals ist auch die Burgküche eingebaut worden mit ihrem mächtigen Rauchfang und Schornstein. Sie hat nach
außen eine Spitzbogentür und ein größeres Fenster, das gleichzeitig zur Aufstellung eines Schrägen eingerichtet war.
Bei den Räumungsarbeiten wurde hier in der Küche eine Schicht von 30—40 ein Schutt beseitigt, und so das alte
Plattenpflaster mit der Feuerstelle wieder freigelegt. Die Feuerstelle bildet einen rechteckigen Platz von 4x5 in
inmitten der Küche, der aus dem Pflaster ausgespart und mit verziegeltem Lehm angefüllt war. Der anstoßende
dreieckige Raum barg große Mengen von Asche und zerbrochenen Gefäßen, dazu Ofenkacheln der Renaissance und
Barockzeit. An der Innenwand des ehemaligen Palasses sind noch eine Anzahl Kragsteine erhalten, die die alte
Geschoßeinteilung erkennen lassen. Die Mauer dieses Baues trägt einen noch jetzt vorhandenen Wehrgang, auf welchem
ein auf mächtigen Konsolen ruhender Altan erhalten ist. Dieser Gang führt außerdem zu einer spitzbogigen Tür an
der anstoßenden Kemenate, die ebenfalls in Erfurter Zeit errichtet wurde.
Ungefähr in der Mitte des Beringes ist der unterste Teil des mächtigen Bergfriedes wieder freigelegt worden.
Er ist rund und hat einen Gesamtdurchmesser von 10,26 in bei einer Mauerstärke von 3,20 in. Er ist mit Buckelquadern
mit Randschlag nach außen verblendet, nach innen ist die Wandung aus glatten Quadern hergestellt. Er reiht sich würdig
ein in die Zahl der romanischen Bergfriede, die wir noch heute wegen ihrer unerschütterlichen Festigkeit und Stärke
bewundern, und deren architektonische Schönheit nicht zumindest durch den Buckelquader bedingt ist. Ein ähnlicher
Bergfried hat sich noch bei dem benachbarten Oberschloß zu Kranichfeld erhalten, der der Überlieferung nach 1172
erbaut ist; sein äußerer Durchmesser beträgt 13,20 in bei einer Mauerstärke von 3,90. Auch das Schloß Tonndorf
besitzt einen solchen Turm aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, der eine Mauerstürke von 3,70 in aufweist.
Eine hohe Ringmauer schloß die ganze Anlage ringförmig ein; an ihrer Westseite, wo jetzt die Kemenate steht,
haben sich vielleicht Stallungen befunden. Auf der Südseite ist sie in ihren Fundamenten wieder freigelegt worden.
Wo sich das Tor
befunden hatte,

konnte nicht mehr
festgestellt werden.
In einer geringen
Entfernung vom
Bergfried wurde
der Burgbrunnen
wieder aufgefun-
den. Er hat einen
Durchmesser von
1,30 ra und ist bis
auf 10,80 in aus-
gehoben, wird


Abb. 11. Burg Kapellendorf in Thüringen. Ansicht von Süden 1:1000; gez. H. Wurzler.
 
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