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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 41.1940

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Wurzler, H.: Burg Kapellendorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.35017#0022
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Brechen wir an dieser Stelle mit unserer Betrachtung über die Burganlage ab und wenden uns von der
Torfahrt und dem Torturm nach der anderen Seite, so wird die Westseite des Hofes von einem im schwachen
Winkel gebrochenen zweistöckigen Gebäude eingenommen, das in seinem nördlichen Teil das Justizamt und im
südlichen das Rentamt während der Dauer von 150 Jahren unter der Herrschaft von Sachsen-Weimar ausge-
nommen hatte.
Das Rechnungsamt besitzt im Erdgeschoß mehrere gewölbte Räume und einen davor liegenden gewölbten
Gang, die Fenster weisen barocke Umrahmungen auf. Im Obergeschoß ist ein 4,5 x 11 in großer Saal für die Sitzungen
der Burggemeinde neu geschaffen. Die Räume des Justizamtes dienen jetzt dem Wirtschaftsbetrieb; einzelne Zimmer
sind besonders ausgestattet worden, so die Burgklause, das Schenkzimmer, Willröder-, Landsknechts- und Schützen-
zimmer. Bei der Wiederherrichtung des letzten Zimmers fand man Spuren eines großen Brandes, der am 13. April
1599 in der Burg ausgebrochen war. Man erzählte sich damals in Erfurt, Kapellendorf sei abgebrannt. Die Fenster-
umrahmungen dieses Flügels sind im Frührenaissancestil ausgeführt. Nach dem Hof zu ist das Obergeschoß in Fach-
werk ausgebildet. Während der letzten Jahrzehnte wurde die Burg vollständig verwahrlost, hierbei wurden auch
sämtliche älteren Türen zu Feuerungszwecken verbrannt. Nur eine einzige barocke Tür hatte sich noch erhalten, sie
diente dann bei der späteren Instandsetzung als Vorbild. In einer Nische der Außenmauer ist noch ein eisernes Schränk-
chen erhalten, es soll während des 30jährigen Krieges die Kasse ausgenommen haben.
In unmittelbarer Verbindung mit dem Jusüzamt steht ein Turm, der die Westseite flankiert, und in dem sich
das Schenkzimmer befindet. Sein Untergeschoß weist gut erhaltene Schießscharten des 15. Jahrhunderts auf. Er
ist jetzt unter einem Dach mit dein Justiz- und Rentamt.
Verfolgen wir den Schloßbezirk nach dieser Richtung weiter, so bildet die Nordwestecke ein im rechten Winkel
gebrochenes Gebäude, das sogenannte Prinzessinnenhaus. Es soll der Überlieferung nach für die Prinzessin Sophie
Dorothea, die Witwe des Prinzen von Homburg, errichtet worden sein. Da dieser 1708 starb, ist der Baubeginn kurz
danach anzusetzen. Das Gebäude ist jedoch unvollendet geblieben. Es zeigt aber die Absicht eines etwas schmuck-
volleren Bauens, eine Außenfrontgliederung durch schwache Pilaster und zehn von barocken Sandsteineinfassungen
umrahmte Fenster in jedem Geschoß; nach dem Hof zu befindet sich ein kleines, rechteckiges, von einem Flachbogen
überdecktes Eingangsportal zwischen zwei Fenstern. Es
ist dreigeschossig und mit einen: Mansardendach ver-
sehen. Im Innern ist lediglich im Erdgeschoß eine Längs-
wand ausgeführt, sie fehlt in den beiden oberen Ge-
schossen; nur im nordöstlichen Teil des Gebäudes sind
noch kleine Zwischenmauern vorhanden, sonst ist keinerlei
Raumaufteilung zu erkennen. Die wenigen vorhandenen
Türgewände zeigen schöne Profilierungen. In dem
kleinen Seitenflügel ist in der Mauer nach dem Graben
!zu in den beiden Hauptgeschossen je eine Abortanlage
in der Wandstärke ausgespart.
Die bauliche Verbindung zwischen der alten Burg
der Kirchberger und den Neubauten durch die Stadt Er-
furt und spätere Geschlechter bildet die Kemenate. Sie
grenzt an den ältesten Bau der Anlage, den Pallas der
ehemaligen Herren von Kapellendorf und an den jüng-
sten, das Prinzessinnenhaus. Sie ist ein fünfstöckiges
Gebäude mit fast 2 m starken Mauern, die unteren
Stockwerke zur Verteidigung eingerichtet. Sie enthielt
ehemals Harnischkammer und Waffensäle und ein mit
besonders großen und schönen Kreuzstockfenstern aus-
gestnttetes Wohngeschoß. Das unterste Geschoß, das
höhenmäßig in der Mitte zwischen der Kirchberger Burg
und dem unteren großen Hofe liegt, hat nach Südosten
zwei steil nach oben führende Licht- und Luftschlitze und
nach Südwesten einen Eingang, der durch eine Rampe
mit dein unteren Hof in Verbindung steht. Die jetzige
Tür stammt aus Erfurt und ist von der Burggemeinde
in eine früher hier befindliche große Öffnung eingesetzt
worden.
Das darüber befindliche Geschoß war das eigent-
liche Eingangsgeschoß und hat seinen Zugang vom Hof
Abb. 11. Burg Kapellcndorf in Thüringen. Ansicht des der Kirchberger Burg. Das Spitzbogenportal, leider sehr
Torturmes. Foto Bnrggemeinde Kapellendors. zerstört, ist aber in seiner Profilierung mit Kantenstäben
 
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