Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 42.1941

DOI Artikel:
Lincke, Julius: Der Ausbau der Burg Hoheneck in Mittelfranken zu einer Schulungsburg der Reichstierärztekammer als praktisches Beispiel für die nützliche Verwendung einer mittelalterlichen Burg
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.35018#0019
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
17

Die 1937 freigelegten romanischen Doppelfenster an den Hoffassaden legen Zeugnis davon ab, daß sich
tatsächlich noch viel vom Ursprünglichsten erhalten hat und in den großen Baublock miteinbezogen worden ist. —
Wir wissen dadurch genau, wo einst der romanische Pallas stand, und können uns so auch den Holzschnitt von
Hans Wandereisen gut auslegen, der Pallas, Burgkapelle lind Kemenate zeigt, so wie sie in typisch romanischer
Anordnung getrennt für sich dastanden. Auch der runde Turm ist hier noch zu sehen, von dem wir wissen, daß
er 1553 gesprengt wurde. Daß in diesem Jahr die Burg „eingenommen und verprentt" wurde, läßt sich ja auch
aus der Überschrift des Holzschnittes entnehmen. Wie weit Hoheneck nach dieser Zerstörung wieder ausgebaut
wurde, läßt sich kaum mehr feststellen, jedenfalls wird die Burg nicht bis zum Jahre 1664 als Ruine stehen ge-
blieben sein, dem Jahre, in dem von Markgraf Christian Ernst der Wiederaufbau befohlen wurde. Den verwan-
delten Zeitbedürfnissen gemäß wurde alles Vorhandene in meisterlicher Weise zu einen: „Bergschloß" zusammen-
gefaßt, das neben seinen militärischen Zwecken vor allen Dingen den Freuden der Jagd dienen sollte.
Irgendwelche genaueren Ansichten von dem in: 19. Jahrhundert abgebrochenen Teil sind nicht vorhanden.
Jedoch war es uns möglich, aus wiederaufgefundenen Grundrissen und Skizzen zu einem Schnitt das Aussehen
der Burg mit ziemlicher Genauigkeit zu rekonstruieren.
Für den Umbau im Jahre 1936 waren diese geschichtlichen Unterlagen von wesentlichster Bedeutung. Man
war sich zwar bewußt, daß eine Wiederherstellung des alten Zustandes unmöglich sei, wollte aber mit dem, was
neu geschaffen wurde, wenigstens einen Abglanz des einst Dageweseuen bringen. Vor allem sollte die ursprüng-
liche, burgenmäßige Geschlossenheit wiederhergestellt werden. So war es kein Zufall, daß die neuen Gebäude
auf die alten, bei dieser Gelegenheit wieder aufgefundeneu Fundamente zu stehen kamen. Der langgestreckte
Flügel an Stelle des früheren Wehrganges enthält in seinem Erdgeschoß Stallungen und sonstige Nebenräume.
Jedoch wurde die Fassade durch Bogenstellungen so gestaltet, daß durch Herausnahme der Ausmauerung dersel-
ben später ein offener Laubengang entstehen kann. In den: aufgebauten Fachwerksgeschoß befinden sich Einzel-
zimmer, von denen noch die Rede sein wird. Da mit der Burg ausgedehnte Felder verbunden sind, war auch die
Errichtung einer stattlichen Scheune notwendig, die nunmehr den einen Eckpfeiler der Eingangsfront bildet, wäh-
rend auf der anderen Seite ein niedriger Turn: den Abschluß übernimmt, der nicht der Romantik zuliebe dorthin
gesetzt wurde, sondern den Transformator aufzunehmen hatte. Fast von selbst ergab sich dann die vollständige
Schließung des Burghofes durch Schaffung eines Hinganges auf den Restei: der alten Außenmauer und durch
die Wiedererrichtung des Tores, von den: ebenfalls die untersten Schichten noch vorhanden waren. Auf diese
Weise sind sämtliche Flügel wieder miteinander verbunden und durch das mächtige Tor ein würdiger Auftakt
gebildet. Zum Hofe hin wurde alles Neuhinzukommende weitmöglichst in Eichenholzfachwerk ausgebildet, um es
klar von dem altei: trutzigen Gemäuer abzuheben. Nach außei: hin wurde der Geschlossenheit zuliebe alles in
Sandsteinbruchsteinmauerwerk errichtet, und zwar aus vier verschiedenen Brüchen zusammengewürfelt, die Steine
ungerechnet, die an Ort und Stelle beim Aushub gewonnen wurden. Dies entsprach ganz der früheren Zu-
sammensetzung des bei der alten Burg ver-
wendeten Steines. Dabei stört es in keiner
Weise, daß roter, grüner und grauer Sand-
stein nebeneinander verwendet wurde.
Sehen wir nun, welche Wandlungen
in: Innern vor sich gegangen sind. Hier
ist die Burg allerdings gegen früher kaum
wiederzuerkennen. Aus den: weitgespann-
ten Gewölbe, das zuletzt zum Rübenkeller
herabgesunken war, wurde eine saubere
elektrische Küche. Von hier wurde ein
Durchbruch zum nächsten, ebenfalls ge-
wölbten Raun: geschaffen und dieser in
einen Speisesaal verwandelt, in dem
120 Personen Platz finden. Wo in Er-
mangelung anderer Räume Kühe und
Schweine untergebracht waren, die nun
schon längst in ihre neuen Stallungen
umgesiedelt sind, ist nach gründlicher In-
standsetzung eine Wagenhalle entstanden.
Solange keine Scheune vorhanden war,
mußte das Heu in einem Flügel des
ersten Stockes gelagert werden. Nun ist
hier ein Schlafsaal für 26 Personen und
zwei kleinere Schlafräume sowie der dazu-
gehörige Wnschraum geschaffen worden. Abb. 21. Burg Hoheneck. Teilansicht Nom Groben nus. Foto: Lmcko.
 
Annotationen