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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 43.1942

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Schmid, Bernhard: Burgen in Litauen
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https://doi.org/10.11588/diglit.35019#0005
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der Frau des Radike und anderes hätte nur an dem bösen Wege gelegen^). Hieraus sieht man, welchen Wert Witowd,
der doch zeitlebens ein Gegner des Ordens war, auf die Arbeit eines deutschen Baumeisters legte, und dieser Fall
wird nicht vereinzelt dastehen. Einen weiteren urkundlichen Beleg enthalt das Grabdenkmal des Steinmetzen Nicolaus
Wolcet von 1676 in der Bernhardiner-Kirche zu Kauen, der als Trevirensis bezeichnet wird und am Kloster Pozajiscie
gebaut hat; er gehört der Familie Wolscheid in Trier an^). Die wichtigsten Urkunden sind aber die Baudenkmäler
selbst, die ihre Abhängigkeit von denen des Ordenslandes verraten. In den eroberten russischen Provinzen fanden
die Litauer schon das Christentum vor, und die erste Gründung von Kirchen im eigentlichen Litauen ist jedenfalls
schon vor 1386 erfolgt, doch werden die ältesten Kirchen nur Holzbauten gewesen sein. In Kauen hatten die Danziger
Kaufleute eine Handelsniederlassung, ein Kontorsi, hier konnte schon früher der Ziegelbau eindringen. Am wichtigsten
waren aber die obengenannten Burgen des Deutschen Ordens, die doch wohl zum Teil schon massiv ausgeführt waren:
hier hatten die Litauer Gelegenheit, den abendländischen Burgenbau kennenzulernen. Jnr Jahre 1361 war Kinstut
im Gefecht bei Eckersberg gefangen genommen, und er war längere Zeit Gefangener in der Marienburg ge-
wesen, auch dadurch hatte er das Wesen der Ordensburgen kennengelernt. Es lassen sich nun folgende Hauptformen
unterscheiden:
1. Vieleckige Ringmauern, die einen großen Hof umschließen, die Gebäude sind innen an die Mauern
angebaut. Äußere Sicherungen, wie Gräben, Äußenmauern, fehlen. Diese Burgenform geht hier zurück auf die
Burgwälle der frühgeschichtlichen Zeit, wie sie wohl in Litauen auch vorhanden waren. Die in völkischer Hinsicht
den Litauern verwandten Preußen hatten Burgwälle mit runder Linienführung des Walles; Beispiele hierfür aus
dem Samlande teilt Hans Crome in seinen „Führer zu den frühgeschichtlichen Burgwällen in: Saarlands" mitsi.
So waren auch in Deutschland die älteren Burganlagen, z. B. Steinsberg») in Baden, oder Dankwarde-
rode, die Burg Heinrichs des Löwen. Jnr Ordenslande bot die Burg Stuhnr bei Marienburg ein gutes Vorbild,
sie wird 1295 als „Curia" zum ersten Male genannt, der Massivbau fällt in das Jahrzehnt von 1320—1330, Ordens-
beamte sind hier 133l nachweisbar. In Höhenburgen führte die unregelmäßige Form des Felsens zu dieser Anlage,
aber auch im Flachlande auf niedrigem Hügel behielt man sie bei, so in Czersk a. Weichsel in Masowien und in Neu-
garten. Selbst eine Wasserburg wie Stuhm hat sie. Die Türme sind in ihrer Bauart aber schon von den Ordens-
burgen beeinflußt.
2. Ringmauern als Viereck oder Rechteck, hervorgerufen durch das Streben nach baukünstlerischer Regel-
mäßigkeit. Auf deutschem Boden ist die Anlehnung an das römische Kastell oder die italienische Burganlage unver-
kennbar. Wesentlich sind dabei die großen Abmessungen, so daß die Burg den Eindruck eines befestigten Lagers macht;
die einzelnen Gebäude werden auch hier nur an die Außenmauer gelehnt.
0 DerSchriftwechselliegtimStaatsarchiv Königsberg. Abgedrucktvon Pro chasknimOoclsxepistol.m-KVitoIOi, Krakau 1882<Register>.
h Bgl. „Die Denkmalpflege" 20, Berlin 1918, S. 106.
») Bgl. Hirsch, Handels- und Gewerbegeschichte Danzigs. Leipzig 1858, S. 160ff.
0 Prussia, Zeitschrift für Heimatkunde, Band 31, Königsberg <Pr.) 1940, S. 5—82.
') Ebhardt, Der Wehrbau Europas im Mittelalter I, Berlin 1939, S. 24 und 45.


Abb. 2. Burg Neugarten in Litauen.
 
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