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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 43.1942

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Wurzler, H.: Burg Ehrenstein und verwandte Mantelmauerburgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.35019#0033
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Hunderts der Hauptbau aus einem Guß und im Verband entstanden: nach dem Buchenberg der gewaltige Bergfried
und in seinem Schutz der langgestreckte dreigeschossige Pallas mit Keller und turmartig überhöhtem Westteil. Zum
Schutze des Eingangstores entstand vielleicht schon kurz danach ein kleiner Zwinger an der Westseite, der mit einer
Rundung an die Südwestecke anschloß. Nach Norden nahm er etwa die halbe Längsseite des Pallas ein, war durch
zwei Rundtürmchen und zwei Tore gesichert und schloß ein kleines gewölbtes Wirtschaftsgebäude ein, das wohl auch
als Küche bezeichnet wird und auf der Ansicht von 1681 ein spitzes Dach trägt.
Etwa 100 Jahre später, als bereits die Pulverwaffen die Burgen zu immer stärkeren Befestigungen und zur
Anlage von Batterietürmen zwangen, erhielt auch der Ehrenstein eine zweite Zwingermauer. Sie setzte mit einer
Rundung an der Südwestecke an den alten Zwinger an, lief in mäßigem Abstand an der ganzen Südfront entlang,
bog dann nach Norden ab und schützte nunmehr in einer Stärke von 1,60 m gegen den höher ansteigenden Buchenberg.
Die Nordostecke ist durch einen kleinen Batterieturm verstärkt, ein ähnlicher hat sich vielleicht an der Nordwestecke
befunden. Leider ist dieser Teil des Zwingers durch ein Abrutschen des Geländes vollständig zerstört. Gleichzeitig
wurde der runde Anschluß des ersten Zwingers an der Nordwcstecke abgebrochen und durch ein gerades Mauerstück
mit einem Pförtchen ersetzt. Ebenso wurde von der Mitte der Ostmauer nach der Ecke des Bergfrieds eine Trennmauer
mit einem Törchen gezogen. Schießscharten wurden reichlich angebracht, nach dem Buchenberg zu zum Teil über-
einander. Nach Osten und Süden wurde außerdem noch ein kleiner Graben mit Wall angelegt, um so die Burg nach
dem Berg zu als der Angriffsseite möglichst zu schützen. Der Weg stieg wohl genau wie noch heute an der Ostseite
empor, lief in dem breiten Halsgraben entlang und wandte sich dann in scharfer Steigung zu dem jetzt verfallenen
Tor, über das eine prächtige Linde ihr Laubdach breitet. Nahebei befand sich noch ein Schlupfpförtchen von nur 60 om
Breite; und auch an der Westseite des Hofes scheint noch ein Törchen gewesen zu sein, wie der Einlaß eines Verschluß-
balkeus zeigt.
Der Pallas ist ein gewaltiger Mauerklotz, der in seinen unteren Geschossen nur durch schmale Lichtschlitze und
kleine Fenster erhellt wird. Mit der aufstrebenden Masse des Bergfrieds im Osten und dem Schalenturm im Westen
ist er ein SiunbiW urwüchsiger Kraft, der alle Stürme überdauert hat und in seinem Blauerwerk noch so fest gefügt
ist wie einst vor 700 Jahren. Seine untere Mauerstärke betrügt 2^ m, und er birgt in seinem Inneren zwei lange
schmale Räume, die durch eine Zwischenwand getrennt sind. Beide Teile waren unterkellert. In dem vorderen
befanden sich der aus dem Fels gehauene Burgbrunnen, der noch jetzt eine Tiefe von fast 20 m hat, und ein Törchen,
das nach dem kleinen Wirtschaftsgebäude innerhalb des ersten Zwingers führt. Das Erdgeschoß besitzt nur schmale
Schlitze und das spitzbogige Eingangstvr. Im 1. Obergeschoß sind ebenfalls nur kleine Fenster, wie sie ähnlich auch
die Ehrenburg bei Plaue zeigt. Beide Burgen haben übrigens noch am besten ihren äußeren welnchaften Charakter
erhalten, während die beiden Li ebenstein durch späteren Einbruch großer Fenster auch im Erdgeschoß mehr das Wohn-
liche betonen. Erst das oberste Geschoß zeigt größere Fensteröffnungen, zum Teil mit schönen spätgotischen Profilen,
die wohl aus der Bauzeit des Grafen Wolf von Gleichen für seine Gemahlin stammen. Das Mauerwerk setzt in den
oberen Geschossen etwas zurück, um ein Auflager für die Balken zu schaf-
fen. Der westliche Turm überragt den Pallas noch um zwei Geschosse. Er
ist nach innen offen und war wohl in seinem oberen Teil nur durch Fach-
werk geschlossen. In großartiger Weise sitzt bei der Ehrenburg bei Plaue
die Rückwand des bergfriedartigen Aufbaues auf einem gewaltigen Spitz-
bogen. Daß vielleicht auch hier eine ähnliche Konstruktion vorhanden
gewesen ist, dafür sind jetzt keinerlei Anhaltspunkte mehr vorhanden.
Als Gegenstück zu dem Schalenturm im Westen erhebt sich im Osten
der noch etwa 25 m hohe Bergfried, der mit seinen einzelnen Geschossen
in unmittelbarer Verbindung mit dem Pallas gestanden hat. Den unter-
sten Teil bildet wie wohl bei allen Burgen das Verlies, das nur durch
das „Angstloch" zugänglich war. Darüber befindet sich ein kaum 1,70 m
hoher gewölbter Raum, der eine rundbogige Tür nach dein Pallas hat,
die aber jetzt wegen der Zugangstreppe nach unten ausgebrochen ist.
Merkwürdigerweise sitzt hier der Verschlußbalken vor der Tür, so daß
diese nur vom Pallas aus geöffnet werden konnte. Dieser Raum diente
offenbar ebenfalls noch als Gefängnis. Die beiden nächsten Räume waren
desgleichen vom Pallas aus zugänglich und nur durch eine Balkendecke
getrennt. Der obere war gewölbt und als Wohnraum eingerichtet mit
einem schönen gekuppelten Spitzbogenfenster nach dem Burghof, einem
kleinen Rechteckfenster nach dem Graben zu und einem Aborterker. Jetzt
führt von dem gewölbten Raum über dem Verlies eine Treppenanlage
zum Teil in der Mauer zu diesem Gemach, das von der Burggemeinde
zu einer idyllischen Klause eingerichtet wurde. Darüber befinden sich noch
zwei weitere ziemlich hohe gewölbte Räume. n.ie in ihnen sichtbaren Bal- Abb. 55. Bum üiebenstein (Tuchsen-Mei-
ken stammen noch von Zwischenpodesten, die der Amtmann Fröbing zur ningen). Fow: H.Wurzier.
 
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