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unser Streben blieb. Erfreuend ist die Ueberzeugung, dass sich die Theilnahme für die Kunst in im-
mer grösseren Kreisen verbreitet hat, dass das Urtheil des Publikums bestimmter und selbstständiger
hervortritt, und dass namentlich die Einwirkung auf die Künstler erspriesslicher geworden ist. Die letz-
tere Beziehung lässt der hiesige St. Lucas - Verein, der Künstler und Kunstfreunde innig verbindet,
vorzugsweise ins Leben treten, und ruft hervor und befördert eine grössere Anzahl geübter Dilettanten,
als ein anderer Ort sie aufzuweisen hat.

Soviel wir vermogten, haben wir dem hiesigen Maler Herrn Wegener die angetretene Kunst-
reise erleichtert, und freuen uns der bedeutenden Fortschritte welche derselbe in Holland gemacht hat.
Dies wurde ihm vorzugsweise möglich durch den gediegenen Rath Schelfhouts, der, obgleich er
keine Schüler aufnimmt, doch durch das Talent und die Persönlichkeit des jungen Künstlers veranlasst,
wurde, sich für ihn ganz besonders zu interessiren, und ihm Lehre und Anleitung zu geben. Sein
seltenes Talent, der Ernst seines Strebens und die tiefe poetische Auffassung berechtigen uns zu den
erfreulichsten Hoffnungen.

Wenden wir uns der Statistik des Vereins zu, so finden wir beim Beginn des Jahres 519
Mitglieder mit 610 Actien und einem Einkommen von 1220 Thlrn. verzeichnet. Ausgeschieden sind
64 Mitglieder mit 76 Actien; dagegen traten 46 Mitglieder mit 47 Actien hinzu, so dass wir heute
501 Mitglied mit 581 Actien und eine Einnahme von 1162 Thlrn. haben.

Der übernommenen Verpflichtung gemäss haben wir in diesem Jahr eine Ausstellung veranstal-
tet und eine grosse Anzahl ausgezeichneter Kunstwerke veröffentlicht, welches uns nur möglich wurde
durch die hohe Gnade Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen und des Prinzen Karl, so wie durch die
Gewogenheit vieler Künstler, Mitglieder und Kunsthändler, wofür wir den ehrerbietigsten und ergebensten
Dank öffentlich aussprechen. Auch fühlen wir uns gedrungen, den Herren Hieck, Kiesling, Schön-
beck, Lauken und Priedel unsere Dankbarkeit für das mühevolle Arrangement der Ausstellung zu
erkennen zu geben. Se. Majestät der König geruhten, dieselbe am 4. Juni, begleitet von Ihrer Königl.
Hoheit der Frau Grossherzogin von Mecklenburg-Schwerin, Ihrer Durchlaucht der Frau Fürstin Liegnitz
und Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Alb recht, in Augenschein zu nehmen und Seine Allerhöchste
Zufriedenheit huldvoll auszusprechen. Die schönen Frühlingstage scheinen Schuld zu sein, dass diese
Ausstellung weniger, als die früheren, vom Publikum besucht wurde. Die hiesigen Bildungsanstalten
wurden wieder zur Besichtigung derselben eingeladen, damit der Sinn für die Kunst frühzeitig genährt
werde, und von allen ist diese Erlaubniss benutzt worden. Der Verkauf von Kunstwerken war in die-
sem Jahre weit bedeutender, als in den früheren; Se. Majestät der König haben deren allein fünf ge-
kauft, und ausser dem Kunst-Verein haben mehrere Privaten Gemälde erstanden.

Wir haben im Laufe dieses Jahres 16 Oelgemälde für 859 Thaler erworben; die beiden von
Vogel sind durch den Herrn Schlossbaumeister Schadow in Bom für den Verein angekauft worden.
Für sechs Kupferstiche, einen Stahlstich und drei Steindrucke zahlten wir 40 Thlr. Ausserdem erhiel-
ten wir vom Kunstverein in Berlin: das trauernde Künigspaar, die Aernte und die Altenburger im Korn;
von dem in Düsseldorff: der Koland und Christus; von dem in Breslau: die slavische Försterfamilie,
und von dem in Braunschweig: den Tod des Herzogs; mit den angekauften: 17 Blätter, so dass wir
im Ganzen 31 Gewinne zählen, da 4 der genannten Blätter nur 2 Gewinne bilden.

Der Herr Premierlieutenant von Kessel hat es übernommen, Ansichten Potsdams zum Be-
sten des Vereins zu zeichnen, damit dieselben lithographirt und vertheilt werden können. Für dies Jahr
wird der Hirtenknabe nach Thorwaldsen, gezeichnet von von Kessel, lithographirt von Tempeltei,
jedem Mitgliede übergeben werden. Die übrigbleibenden Exemplare werden wir zum Besten unserer
Gasse, das Blatt für 1 Thlr.', verkaufen, wenn sich Liebhaber dazu finden. Wir fühlen uns gedrungen,
dem Herrn von Kessel für diese uneigennützige und gelungene Arbeit unseren innigsten Dank auszu-
sprechen.

Damit die landschaftlichen Gegenstände mit anderen abwechseln, so beabsichtigen wir, das'an-
sprechende Gemälde: die Braut von Schorn, lithographiren zu lassen, und jedem Mitgliede bei der
 
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