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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 1.1862

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Nr. 8 (August 1862)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6483#0030
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe reiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 8.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Auguſt 1862.

J. † Aeber Paramente.

Zweiter Artikel: Stola, Manipel, Albe u. ſ. w

künſtleriſchen Compoſitionen die Prieſtergeſtalten mit der alten
Caſulform bekleiden und nicht mit der Gewanduug der Re-
naiſſance-Periode. Was aber an einem Gemälde ſchön iſt,
wird es wohl auch in der Wirklichkeit und im Leben ſein. Es
iſt ſogar die künſtleriſche Verwendung der alten Caſul zum
eigentlichen Merkmal geworden, aus welchem zu entnehmen
iſt, weſſen Geiſtes Kind der Maler iſt, ob er der ernſten,
würdigen Schule angehöre oder zu den franzöſiſchen Bilder-
Fabrikanten gerechnet werden müſſe.
Jch gehe nun zur Fortſetzung des erſten Artikels, zu den
übrigen prieſterlichen Gewandſtücken und zur Kelch-
und Altarbedeckung über.
Die Stola, früher auch Orarium genannt, war ur-
ſprünglich ein Ehrenkleid, womit die römiſchen Kaiſer verdiente
Civil und Militärperſonen zu decoriren pflegten. *) Dieſes
profane Orarium wurde gerade ſo getragen, wie das kirch-
liche, nämlich um den Hals gelegt auf die Bruſt herabhän-
gend; beide hatten die gleiche Form und wie das bürgerliche
war auch das kirchliche Orarium damals breiter als jetzt,
etwa dem Velum ähnlich. Von jeher hat die Stola bei Bi-
ſchöfen und Prieſtern als Zeichen ihrer prieſterlichen Würde
und Gewalt gedient. Nach dem Pontificale iſt ſie das Shym-
bol des vom Prieſter auf ſich genommenen Joches Chriſti,
das ſüß und ſanft und auszeichnend zugleich und das Unter-
pfand jener Glorie iſt, welche anſtatt des verlorenen Gewandes
uns im Himmel wieder bekleiden wird. Die Form derſelben
betreffend, ſo ſagen ältere kirchliche Beſtimmungen: Die Stola
hänge wenigſtens bis zum Beſatze der Albe oder auch bis zu deren
Ende hernieder. **) Noch der hl. Carl Borromäus ſchreibt
in ſeiner Jnſtruction vor: Die Stola ſei 9 Schuh lang, daß ſie
unter die Kniee hinabreiche, 4 Zoll breit, unten nur ein we-
nig und blos allmählig breiter werdend und in der Mitte und
am Ende mit kleinen, gleichförmigen Kreuzen, unten aber mit
Franſen, die etwas über 2 Zoll lang ſind, verſehen. Seiden-
bänder (Schnüre) zum Feſtknüpfen ſoll nur die Stola des Bi-
ſchofs und Diakons haben, an der des Prieſters aber ſollen

Jch habe mich im erſten Artikel mit Gründen für die all-
mählige Einführung der alten Caſulform ausgeſprochen, und
zu dieſem Zwecke auf die von Caſaretto in Crefeld verfertig-
ten und von einer Reihe von Biſchöfen empfohlenen ſoliden,
kirchlich deſſinirten Paramentenſtoffe aufmerkſam gemacht.
Am Rhein und in Schwaben hat in Folge der eifrigen, un-
ermüdeten Beſtrebungen der dortigen Diöceſanvereine dieſe
Form bereits ziemlich Eingang gefunden. Wenn man bei uns
nur erſt wenige Spuren von Strebſamkeit auf dem Gebiete
der chriſtlichen Kunſt und namentlich der Paramentik wahr-
nimmt, ſo liegt die Urſache davon ohne Zweifel darin, daß
den neuen Jdeen bis jetzt der Weg noch zu wenig gebahnt
worden, und daß man nur ſelten Gelegenheit gefunden hat,
Producte der neuen chriſtlichen Kunſt zu Geſicht zu bekommen;
denn ohne Anſchauung wird man ſich nicht ſo leicht von der
Schönheit und Zweckmäßigkeit derſelben überzeugen. Auch trägt
die liebe Gewohnheit viel dazu bei, daß man nicht ſo ſchnell
von dem Hergebrachten ſich trennen will. Viele finden kein
Bedürfniß, die zwei ſteifleinenen Deckel, womit Bauch und Rü-
cken, einer Schildkröte ähnlich, bedeckt ſind, und den Lyoner
Frack mit einem Gewande von altem Schnitt zu vertauſchen.
Es iſt ja ſchon lange ſo geweſen, wozu eine Neuerung? Auch
ſcheint es Manchem zu unbequem und umſtändlich, in der
Ferne Beſtellungen zu machen, da man ja in der Nähe gut
ſortirte Paramenten⸗ Waaren- Lager hat oder gar der reiſende
Hebräer die ,Waare ins Haus bringt. Dieſer und anderer
Hinderniſſe unerachtet habe ich aber dennoch die Hoffnung, daß
ſich der Geſchmack mehr und mehr nach den Principien der
Kunſtvereine bilden und läutern, und daß die Ueberzeugung
immer weiter Platz greifen wird, daß die alte, weite und reiche
Caſula mit ihrem majeſtätiſchen Faltenwurf eben doch ſchöner
iſt, als der Renaiſſanceſchnitt.
Gewiß iſt es auch ein ſehr empfehlendes Zeugniß für die-
ſelbe, daß gerade unſere größten Maler, wie Veit, Overbeck,
Heß, Schraudolph, Settegaſt, Müller und Jttenbach in ihren

*) Alſo ungefähr, was unſere Ordensdeeorationen
*) Statut. Synod. Leod. ann. 1287.
 
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