Chriſtliche
Kunſtblätter
Organ des chriſtlichen Knnſtvereins der Erdiöceſe reiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)
Nro. 7.
Domine diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.
Juli 1862.
. * eber Par amente.
die ſich den alten würdig an die Seite reihen und zum Theil
übertreffen. Auch die ,chriſtlichen Kunſtblätter'' für die
Erzdiöce ſe Freiburg haben ſich zur Aufgabe geſtellt, nach
Kräften ihr Schärflein zur Verbreitung und Anwendung rich-
tiger Grundſätze auf dem Gebiete der Kunſt beizutragen, was
bei Sachverſtändigen um ſo mehr Freude verurſacht, als die
desfallſigen Kunſtbeſtrebungen der Erzdiöceſe bis jetzt nur ſporadiſch
zum Vorſchein gekommen ſind, und bei den vielen Anſchaffun-
gen kirchlicher Requiſite, wie die Erfahrung und Wahrneh-
mung lehrt, aus Unkenntniß häufig nicht auf das Richtige re-
flektirt wird. Nichts thut ſo ſehr noth, als an dem Grundſatz
feſtzuhalten: daß die kirchliche Kunſt Norm und Form ein-
zig vonder Kirche zu empfangen habe; denn dieſe allein
weiß, was ſie bedarf und wie ſie es bedarf. Die bloß auf dem
Boden der natürlichen Vernunft ſtehende Aeſthetik oder der
bloße Geſchmack des Einzelnen iſt hier durchaus nicht maß-
gebend und darf keine Geſetze diktiren. Der profane Kunſtge-
ſchmack muß gänzlich aus den Kirchen ausgeſchloſſen bleiben;
denn die Kirche folgt einem andern Geiſte und andern Regeln.
Dieſe. Regeln ſind nicht etwas willkührlich oder äußerlich An-
genommenes, ſondern ſie ſind von Jnnen heraus, aus dem die
Kirche leitenden Geiſte, der mit dem Weltgeiſte nichts gemein
hat, aus ihren Anſchauungen, aus ihren Cultbedürfniſſen or-
ganiſch gleichſam hervorgewachſen. Anders iſt die Verzierung
und die Ausſchmückung eines Salons, anders die der Kirche;
man darf deßhalb die Schönheitsformen des erſtern nicht in
letztere einführen und übertragen. Man hüte ſich, daß, wenn
man einen ſ. g. guten Geſchmack hat, zu meinen, daß man auch
ohne Weiteres ſchon etwas von der kirchlichen Kunſt verſtehe,
ohne daß man ſich in die Regeln und Grundſätze derſelben
hineingedacht und hineinſtudirt hat.
Jn Bezug auf die Paramente, von welchen hier zunächſt
die Rede ſein ſoll, macht ſich immer mehr das Streben geltend,
zur ältern Form derſelben zurückzukehren; denn auch die heil.
Gewänder ſind von der Ungunſt der Zeiten nicht verſchont
geblieben, und konnten ſich dem gewaltigen Einfluß der Ge-
ſchmackloſigkeit nicht entziehen. Mögen die nachſtehenden Zei-
len geeignet ſein, etwas zur Verbreitung richtiger Grundſätze
und deren Anwendung bei Anſchaffung von Paramenten oder
Seit dem Wiedererwachen des religiöſen Geiſtes und des
kirchlichen Bewußtſeins überhaupt, welches ſeit einigen Dezen-
nien in Deutſchland immer mehr an Jntenſität und äußerer
Ausdehnung zugenommen hat, iſt auch der Sinn und die Liebe
zur chriſtlichen Kunſt und das richtige Verſtändniß derſelben
aus ihrem langen Schlummer erwacht. Man reibt ſich die
Augen voll Verwunderung ob der chriſtlichen Kunſtprodukte
der Vorzeit; man ſtaunt jetzt die Dome und ihre ſymboliſchen
Gebilde an, die man vormals mit Gleichgültigkeit, wo nicht
mit Geringſchätzung behandelte; man durchſucht jetzt die Sa-
criſteien und Rumpelkammern, um alte Paramente, Teppiche
u. ſ. w., die man ehedem als geſchmacklos bei Seite gelegt,
aus ihren finſtern, beſtaubten Winkeln und Fächern an's Ta-
geslicht hervor zuziehen; man ſchlupft in die Erdgeſchoſſe und
Dachkammern der Kirchen und Privathäuſer, um kunſt- und
werthvolle Gemälde und Statuen oder ganze Altäre wieder zu
Ehren zu bringen. Den vermeintlichen alten Schund, den man
vormals keines Blickes gewürdigt hat, bewacht man jetzt eifer-
ſüchtig vor den annexirenden Fingern kunſtliebender Schnapphäne,
denen übrigens das Verdienſt gebührt, viele ſolcher kirchlichen
Gegenſtände vor dem Feuerstode gerettet zu haben. Bereits
hat man angefangen, der kirchlichen Kunſt eine würdige Stel-
lung in der theologiſchen Wiſſenſchaft anzuweiſen. Einzelne
und vereinte Kräfte bemühen ſich, zu dieſer neuen Wiſſenſchaft
Materialien und Bauſteine zuſammenzutragen, und eine Rege-
neration der kirchlichen Kunſt, welche die höchſte Kunſt, die
vorzugsweiſe wahre Kunſt iſt, hervorzurufen. Den chriſtlichen
Kunſtvereinen in den preußiſchen Rheinlanden und dem in der
Diöceſe Rottenburg gebühren vorzugsweiſe das Verdienſt, die
richtigen Grundſätze und Regeln aufgefunden und durch ihre
Organe verbreitet zu haben. Namentlich iſt es der vom letz-
terem Vereine ſeit dem Jahre 1857 herausgegebene ,, Kir-
ch enſch muck'', welcher für alle Zweige der chriſtlichen Kunſt,
beſonders auch für Anfertigung der Paramente, ein vortreff-
licher practiſcher Wegweiſer iſt. Paramentenvereine und klö-
ſterliche Anſtalten haben ſich zur Aufgabe gemacht, nach dieſer
muſtergiltigen Zeitſchrift zu arbeiten und liefern Paramente,
Kunſtblätter
Organ des chriſtlichen Knnſtvereins der Erdiöceſe reiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)
Nro. 7.
Domine diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.
Juli 1862.
. * eber Par amente.
die ſich den alten würdig an die Seite reihen und zum Theil
übertreffen. Auch die ,chriſtlichen Kunſtblätter'' für die
Erzdiöce ſe Freiburg haben ſich zur Aufgabe geſtellt, nach
Kräften ihr Schärflein zur Verbreitung und Anwendung rich-
tiger Grundſätze auf dem Gebiete der Kunſt beizutragen, was
bei Sachverſtändigen um ſo mehr Freude verurſacht, als die
desfallſigen Kunſtbeſtrebungen der Erzdiöceſe bis jetzt nur ſporadiſch
zum Vorſchein gekommen ſind, und bei den vielen Anſchaffun-
gen kirchlicher Requiſite, wie die Erfahrung und Wahrneh-
mung lehrt, aus Unkenntniß häufig nicht auf das Richtige re-
flektirt wird. Nichts thut ſo ſehr noth, als an dem Grundſatz
feſtzuhalten: daß die kirchliche Kunſt Norm und Form ein-
zig vonder Kirche zu empfangen habe; denn dieſe allein
weiß, was ſie bedarf und wie ſie es bedarf. Die bloß auf dem
Boden der natürlichen Vernunft ſtehende Aeſthetik oder der
bloße Geſchmack des Einzelnen iſt hier durchaus nicht maß-
gebend und darf keine Geſetze diktiren. Der profane Kunſtge-
ſchmack muß gänzlich aus den Kirchen ausgeſchloſſen bleiben;
denn die Kirche folgt einem andern Geiſte und andern Regeln.
Dieſe. Regeln ſind nicht etwas willkührlich oder äußerlich An-
genommenes, ſondern ſie ſind von Jnnen heraus, aus dem die
Kirche leitenden Geiſte, der mit dem Weltgeiſte nichts gemein
hat, aus ihren Anſchauungen, aus ihren Cultbedürfniſſen or-
ganiſch gleichſam hervorgewachſen. Anders iſt die Verzierung
und die Ausſchmückung eines Salons, anders die der Kirche;
man darf deßhalb die Schönheitsformen des erſtern nicht in
letztere einführen und übertragen. Man hüte ſich, daß, wenn
man einen ſ. g. guten Geſchmack hat, zu meinen, daß man auch
ohne Weiteres ſchon etwas von der kirchlichen Kunſt verſtehe,
ohne daß man ſich in die Regeln und Grundſätze derſelben
hineingedacht und hineinſtudirt hat.
Jn Bezug auf die Paramente, von welchen hier zunächſt
die Rede ſein ſoll, macht ſich immer mehr das Streben geltend,
zur ältern Form derſelben zurückzukehren; denn auch die heil.
Gewänder ſind von der Ungunſt der Zeiten nicht verſchont
geblieben, und konnten ſich dem gewaltigen Einfluß der Ge-
ſchmackloſigkeit nicht entziehen. Mögen die nachſtehenden Zei-
len geeignet ſein, etwas zur Verbreitung richtiger Grundſätze
und deren Anwendung bei Anſchaffung von Paramenten oder
Seit dem Wiedererwachen des religiöſen Geiſtes und des
kirchlichen Bewußtſeins überhaupt, welches ſeit einigen Dezen-
nien in Deutſchland immer mehr an Jntenſität und äußerer
Ausdehnung zugenommen hat, iſt auch der Sinn und die Liebe
zur chriſtlichen Kunſt und das richtige Verſtändniß derſelben
aus ihrem langen Schlummer erwacht. Man reibt ſich die
Augen voll Verwunderung ob der chriſtlichen Kunſtprodukte
der Vorzeit; man ſtaunt jetzt die Dome und ihre ſymboliſchen
Gebilde an, die man vormals mit Gleichgültigkeit, wo nicht
mit Geringſchätzung behandelte; man durchſucht jetzt die Sa-
criſteien und Rumpelkammern, um alte Paramente, Teppiche
u. ſ. w., die man ehedem als geſchmacklos bei Seite gelegt,
aus ihren finſtern, beſtaubten Winkeln und Fächern an's Ta-
geslicht hervor zuziehen; man ſchlupft in die Erdgeſchoſſe und
Dachkammern der Kirchen und Privathäuſer, um kunſt- und
werthvolle Gemälde und Statuen oder ganze Altäre wieder zu
Ehren zu bringen. Den vermeintlichen alten Schund, den man
vormals keines Blickes gewürdigt hat, bewacht man jetzt eifer-
ſüchtig vor den annexirenden Fingern kunſtliebender Schnapphäne,
denen übrigens das Verdienſt gebührt, viele ſolcher kirchlichen
Gegenſtände vor dem Feuerstode gerettet zu haben. Bereits
hat man angefangen, der kirchlichen Kunſt eine würdige Stel-
lung in der theologiſchen Wiſſenſchaft anzuweiſen. Einzelne
und vereinte Kräfte bemühen ſich, zu dieſer neuen Wiſſenſchaft
Materialien und Bauſteine zuſammenzutragen, und eine Rege-
neration der kirchlichen Kunſt, welche die höchſte Kunſt, die
vorzugsweiſe wahre Kunſt iſt, hervorzurufen. Den chriſtlichen
Kunſtvereinen in den preußiſchen Rheinlanden und dem in der
Diöceſe Rottenburg gebühren vorzugsweiſe das Verdienſt, die
richtigen Grundſätze und Regeln aufgefunden und durch ihre
Organe verbreitet zu haben. Namentlich iſt es der vom letz-
terem Vereine ſeit dem Jahre 1857 herausgegebene ,, Kir-
ch enſch muck'', welcher für alle Zweige der chriſtlichen Kunſt,
beſonders auch für Anfertigung der Paramente, ein vortreff-
licher practiſcher Wegweiſer iſt. Paramentenvereine und klö-
ſterliche Anſtalten haben ſich zur Aufgabe gemacht, nach dieſer
muſtergiltigen Zeitſchrift zu arbeiten und liefern Paramente,