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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 1.1862

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Nr. 9 (September 1862)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6483#0035
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Hlängſt erledigte betrachtet werden.

ö — ms un lhrng des Werkes — den veftiezigendten

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* 7 — —. „ — 34
2 —

ö uneiin Periode leitete er dagegen die geſteigerte Machtfülle

des fränkiſchen Königthums hinüber in das erneuerte chriſt-
liche Kaiſerthum der abendländiſchen Welt. Indem Herr
Prof. Bock mit beredten Worten ſchildert,

than, mit Hülfe Alcuins feſter begründete und ausbaute, und

ſo auch zu Aachen neben der Schöpfung der Palaſtſchule den
Ausbau des Carolingiſchen Domes vollendete — ſtellte

er ſchließlich die Frage: Wem geben wir nun die Ehre dieſes
Baues? Etwa jenen fränkiſchen oder italieniſchen Meiſtern,
welche die frühere Regierungs⸗Epoche Karls d. G. zu Metz

ö vereinigt hatte, oder aber Alcuin und' ſeinen deutſchen Genoſ⸗ ö

ſen? Die Antwort ſcheine leicht; die Frage könne als eine
Wiſſe man doch, daß Ita-
lien, zumal Ravenna, Marmor und Moſaik zu dem Bau ge-

liefert hatten, ſtimme man doch allgemein darin zuſammen,

daß der Plan des Aachener Doms von der oktogonen Kirche

des hl. Vitalis zu Ravenna entlehnt worden ſei:

Allein dieſe Unterſtellung vertrage eine ſtrengere Prüfung

reineswege; auf die Grundverſchiedenheiten der techniſchen Kon-

ſtruction bei dem Aachener Dome und der Ravennatiſchen

Kirche habe bereits vorlängſt der Architekt Oſten aufmerkſam

gemacht; darauf näher einzugehen, könne nicht am Orte ſein.
Doch wolle der Redner hervorheben, daß Alcuin, wie aus ſei-
nem Briefwechſel mit Karl erſichtlich ſei, nicht nöthig gehabt

Coal über die Verwendung der aus Italien gekommenen
Säulen für einen, bei ſeinem Entwurf nicht darauf berechne-

ten Bau zu belehren, wenn das Denkmal von Ravenna, bei
welchem die Verwendung von Säulen einen integrirenden Be-
Daß Alcuin ei-

ſtandtheil bildete, als Vorbild gedient hätte.
nen Einfluß auf den Bau geübt, ſei nicht blos aus allgemeinen
Gründen wahrſcheinlich, ſondern werde durch die angeführte
Stelle ſeiner Briefe, und durch andere von noch größerer Wich-
tigkeit unzweifelhaft.

berufen hatte, zu
ſich von ſelbſt verſtehe, blos von Pfeilern getragenen Kathe-
drale vorgeſtanden habe. Dieſer angelſächſiſche Dom, nicht der
ravennatiſche, ſei das Vorbild des Aachener Münſters gewe-

ſen; für beide habe man das viel verbreitete Schema beſtimmt,
das für den älteſten chriſtlichen Kirchenbau zu Antiochien ge-

wählt worden war. Die Grundidee des Aachener Baues gehe

von Alcuin aus; in welchem Verhältniſſe aber Alcuin zu der

Auskführung geſtanden, könne noch näher beſtimmt werden. Ein

weſentlicher Theil der Konſtruktion, nämlich die eigenthümliche

Bedeckung der Empore mittelſt ſchräg gelegter Tonnengewölbe
weiſe auf franzöſiſche, nicht auf italieniſche, nicht auf angel-
ſächſiſche techniſche Traditionen hin.
den, daß zum Behufe dieſes Gewölbebaues die von Einhard
bezeugten Handwerker von Rheims herbeigezogen worden waren.

Der Meiſter, dem die Leitung anheimgeſtellt war, ſei uns, und
zwar durch Theodulf von Orleans, unter dem bibliſchen Na-

men Hiram vorgeführt worden, eine Bezeichnung, die in dem

Zuſammenhange, worin ſie vorkomme, weder auf Alcuin, noch

auf Einhard, noch auf irgend eine andere bis jetzt bekannte
hervorragende Perſönlichkeit unter den Künſtlern und Gelehrten
der Aachener Palaſtſchule bezogen werden könne. Es gereiche

dem Redner zur Befriedigung, bei dieſer Gelegenheit zuerſt
den Namen dieſes Meiſters, der Alcuin- bei der Leitung des
Baues beigeſellt war, nach einem handſchriftlichen Funde aus-
ſprechen zu können: Meiſter Odo von Metz.

Das Zuſammenwirken Odo's und Alcuins bei ver Erfin-

was Karl d. Gr.
in der zweiten Periode gethan, wie er, was P. Gregor
. Gr., Beda der Ehrwürdige, und Bonifacius für die-
Chriſtianiſirung und Bildung der germaniſchen Stämme ge-

Man müſſe beſonders die Thatſache be-
achten, daß Aleuin, bevor ihn Karl der Große in ſeine Nähe
Hork dem Bau der dortigen oetogonen, wie

Es dürfe unterſtellt wer-



ö Aufſchluß über die Probleme, welche daſſebe uns verlege. Ir
dem Künſtler habe der Gelehrte in dem Verhältniß geſtanden,

in welchem bei den Kirchenbauten, die weiland Konſtantin d.
Gr. ausführte, der Architekt Zenobius neben dem Prieſter Eu⸗ ö

ſtathins von Konſtantinopel bethätigt war.

In dieſem Verhältniſſe wirkte wahrſcheinlich auch zu York
gewon-

Alkuin neben ſeinem Genoſſen Eanbald. — Der alſo
nene Aufſchluß befriedige nicht blos eine wiſſenſchaftliche Neu-

gier; er verbreite auch über das Entſtehen und die geſchichtliche
Wir erfahren,
daß die traditionelle Kunſtfertigkeit der römiſchen und fränki-
ſchen Vorzeit, von Odo gehandhabt, ſich bei demſelben dem ed-

Bedentung des Bauwerkes ein helleres Licht.

len Streben der chriſtlichen Neuzeit verband, die Alcuins Geiſt
zuſammenfaßte und in der ihm überwieſenen Sphäre verwirk-
lichte.

So wird der Aachener Dom ein Denkmal der in der

zweiten Epoche der Regierung Karls d. Gr. vollendeten chriſt-

lichen Wiedergeburt der europäiſchen Staaten.

Die Geſtaltung

des geſammten Deutſchlands nnd der ihm unterworfenen Län-

der zu einem organiſchen Ganzen, die Ausgleichung des Sü-
deus und Nordens unter dem Einfluß des chriſtlichen Sitten-

geſetzes, das neubegründete Gleichgewicht der geiſtlichen und

weltlichen Macht, die glückliche Verknüpfung des vielen Treff-
mit den Anfor-
derungen einer neuen Aera — das waren die großen +.—
und Beſtrebungen, welche in den Tagen, wo der Aachener Kir-
chenbau gefördert wurde, fowohl den kaiſerlichen Bauherrn wie.
den leitenden Baumeiſter erfüllten. Mit gehobener Sunng

lichen, das aus der alten Welt erhalten war,

betrachten wir das altehrwürdige Denkmal, das Karl d. Gr.
bedeutungsvoll ſeinen Lateran nannte, wenn wir es von
dem Standpunkte aus, zu welchem dieſe Erwägungen uns füh-

ren, würdigen wollen.

Viele Jahrhunderte ſind mit ihren Kämpfen und Stürmen

ohne ſeine Grundveſten zu erſchüttern an dieſem Bau vorüber-
gegangen; die Tage des Glückes haben ihre Kränze an ſeinen
die Zeiten der Trübſal haben manche

Zinnen aufgehängt,
Scharte ſeinen Mauern eingewetzt.
Jedesmal,

ſie ſorgſam geſtrebt, dem erhabenen kirchlichen Denkmale, das
der Stifter des Reichs. gegründet, ſeine Würde und Pracht
zurückzugeben. Die Auflöſung des karolingiſchen Reichs und

ſeine Folgen hatten auch für den Aachener Dom eine Zeit der
die kräftige Er-
neuerung des deutſchen Reiches unter den Ottonen. ließ deem

Zerſtörung und der Verödung herbeigeführt;

ehrwürdigen Bau eine noch nicht vollſtändig erkannte und ge-

wenn nach Perioden trauriger Entzweiungen —.
Deutſchland und ſeine Herrſcher ſehnſüchtig zu der Größe des
in beſſern Tagen. geeinten Vaterlandes zurückſchauten, haben

würdigte, weitgreifende Reſtauration angedeihen, welcher die —.

auf dem Vorhofe erhaltenen Broncewerke angehören.

„Auch die Hohenſtaufen haben, als ſie mit gewaltiger Kraft
die Feſtigung des tief erſchütterten Reichs erſtrebten, ihre Hul-
digungen der Palaſtkirche dargebracht.
gen ſind ebenfalls ſichtbare Zeugniſſe unſerer Gegenwart er-
halten.
Um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts war ein neuer

allerwärts ihre eigenen, unübertroffenen Werke;

Von dieſen Bemühun-

Welttag geworden. Von Weſten aus hatte, von den Strömun-
gen des Zeitalters getragen, eine neue himmelw ärtsſtrebende
Bauweiſe ſich verbreitet, die, zumal in Deutſchland, mit war-
mer Begeiſterung ergriffen und fortgebildet wurde, weil ſie denn
höchſten Streben der Geiſter einen entſprechenden Ausdruck lieh.
Dieſe Kunſtweiſe, welche mit neuen Mitteln von den ewigen
Wahrheiten des Chriſtenthums Zeugniß ablegen wollte, ſchuf
ſie hat auch
um den ehrwürdigen Bezirk des karolingiſchen Doms eine reiche
Blüthenkrone gezogen; den hohen Ernſt des alten Baues hat ſie
verklärt mit den lichten Raͤumen des Chores, der Kobelen
 
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