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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 3.1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.6485#0005
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Chr iſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe reiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 25.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Januar 186.

* j. leber den Altar, die Ausſtattung der Kirchen,
Rirchenbauten und Reſtaurationen.

Oie im verfloſſenen Jahre begonnenen Erörterungen über
innere Ausſtattung der Kirchen insbeſondere der hl. Gefäße
ſollen im neuen Jahre fortgeſetzt werden. Dasjenige hl. Ge-
fäß nun, welches ſich zunächſt an den Kelch anreiht, iſt

das Ciborium

Gefäße zu ſehen.) Offenbar dachte man bei dieſer Taube an
den hl. Geiſt und deſſen Werk bei der Menſchwerdung Jeſu
Chriſti. Der hl. Chryſoſtomus ſagt: ,,denn der myſtiſche Leib
und das Blut werden nicht ohne die Gnade des heil. Geiſtes.''
De resurrect. mort. t. I. pag. 432 ed. Mign. Conſtantin
der Große, ließ wie Anaſtaſius der Bibliothekar erzählt, eine
goldene Patene mit einem 30 Pfnnd ſchweren Thürmchen und
eine mit 215 weißen Perlen beſetzte Taube fertigen. Die
Thürmchenform wurde in der gothiſchen Zeit die gewöhnliche
und das Ciborium wurde deshalb geradezu Thürmchen genannt.
Man betrachtete es als das Haus des ſtarken Königs, als den
Thurm des neuen Davids: Esto nobis, Domine, turris
fortitudinis a facie inimici, heißt es in den Verſikeln nach
der Allerheiligen Litanei. Die gothiſchen Ciborien haben in
der Regel eine ſechseckige Cuppe und einen gleichfalls ſechs-
eckigen Deckel, der hoch emporſtrebt und gewöhnlich mit Fialen
und Zinnen bekrönt iſt, auf der Spitze aber ein Kreuz trägt.
Fuß und Schaft mit dem Nodus ſind geſtaltet wie bei einem
gothiſchen Kelche.
Die Renaiſſançe- und Zopfzeit hat auch an den Ciborien
ihre Geſchmackloſigkeit an den Tag gelegt bezüglich der Form
ſowohl als der Verzierung. Das Ganze hat nemlich eine
gedrückte, bauchige Form. Der Deckel verliert ſeinen pyra-
midalen Aufſatz und wird dem einer Zuckerdoſe ähnlich.
Es iſt ſehr zu wünſchen, daß auch bei dieſem heiligen Ge-
fäße zur ältern beſſern Form (romaniſch oder gothiſch) zurück-
gegangen werde, was aber nur dann geſchehen wird, wenn die
Geiſtlichen um gute Muſter als Vorlagen für die Goldarbeiter
ſich umſehen. Je größer und eifriger die Theilnahme des
hochw. Clerus und aller Kunſtfreunde für den Kunſtverein iſt,
je reichlicher die Mittel fließen, deſto mehr wird derſelbe ſich
auch in den Stand geſetzt fühlen, gute Muſter zu geben.
Noch beſondere Aufmerkſamkeit verdient das Ciborium, oder
das Gefäß für das Viaticum und die Krankenproviſionen, wozu der
gewöhnliche Speiſekelch nicht verwendet werden kann. Man hatte
früher — und es ſind jetzt noch da und dort ſolche zu finden

Das Ciborium (auch pyxis, tabernaculum gestatorium,
arcula, vasculum, turris, Speiſekelch genannt) iſt dasjenige
kelchähnliche mit einem Deckel verſehene Gefäß, in welchem im
Tabernakel die conſecrirten Partikeln für die Kommunion der
Gläubigen und Kranken aufbewahrt werden. Was den Stoff
betrifft, ſo gehen die kirchlichen Beſtimmungen dahin, daß das
Ciborium von Gold, Silber, oder wenigſtens von Kupfer, inner-
halb vergoldet, wohl und fein ausgearbeitet ſei. Man ſieht,
daß dieſe Beſtimmungen denen über den Kelch ähnlich ſind.
Das Ciborium ſoll eine ſolche Höhe und ſolchen Umfang haben,
daß, wenn nicht die ganze Gemeinde, ſo doch ein größerer
Theil derſelben daraus communicirt werden kann. Was die
einzelnen Theile dieſes hl. Gefäßes anlangt, ſo ſoll dasſelbe
einen feſten nicht wankenden Fuß, einen leichten Nodus, Knopf,
damit die Hand des Prieſters das Ciborium bequem faſſen
tann und nicht verletzt werde, und einen Deckel von der Ma-
terie des Gefäßes haben, der in pyramidaler Form in die Höhe
eigt und auf der Spitze das Kreuz oder das Bildniß des
Erloſers hat. Dieſer Deckel ſoll genau ſchließen.
as Geſchichtliche des Ciboriums anlangend dürften fol-
gendeBemerkungen genügen. Wie ſchon bei der Geſchichte
des Altarbaues angefuhrt worden iſt, wurde das Allerheiligſte
in einer goldenen oder ſilbernen, reichgeſchmückten Taube auf-
bewahrt, welche an der Ueberdachung des Altares an Kettchen
aufgehangt war. Die Kirche erhält bei den chriſtlichen Schrift-
ſtellern nanchsmal die Benennung von dieſem Gefäße. So
nennt ertullian (f um 240) die Kirche ,,das Haus
unſerer Lauoe.
ei der Gmünder Kunſtausſtellung waren mehrere ſolcher

) Dieſelben waren aus dem Kunſtſcbatz S. K. H. des Fürſten von
Hohenzollern, der eine exquiſite, koſtbare Sammlung kirchlicher Gefäße und
Geräthſchaften beſitzt.
 
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