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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 3.1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.6485#0046
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— 138 —

binden ſind, von gelb nach roth hingerückt, alſo dunkleres,
rötheres Gold genommen werden, um das einander möglichſt
Homogene zu finden. Ebenſo, da Violett und Roth nicht zuſammen-
paſſen, ſo muß, wenn doch eine Zuſammenſtellung beider nöthig
iſt, von Violett gegen Blau hingerückt werden, und von Roth
gegen Orange, um eine Harmonie herzuſtellen. Nicht ſelten
iſt der Fall, daß bei einer Kaſula Roth und Gold zu verbin-
den ſind. Da nun Roth und Orange (Gold) nebeneinander
liegen, ſo paſſen ſie nicht zuſammen; um nun einige Har-
monie herzuſtellen, muß man Carmoiſin (Rothviolett) mit hell-
gelbem Golde verbinden, wenn man nicht ſtatt des letzteren
lieber Silber wählen will.
Wir haben bisher von Schwarz und Weiß deßhalb
nicht geſprochen, weil dieß nicht Farben im eigentlichen Sinne,
d. i. Brechungen des Lichtes, ſondern Licht ſelbſt, oder
deſſen Negation ſind. Weil aber Weiß das Licht ſelbſt iſt,
und die Farben ſeine Brechungen ſind, ſo kann mit Weiß
jede der Farben in Verbindung gebracht werden — eben wegen
der natürlichen Zuſammengehörigkeit des Lichtes mit ſeinen
Brechungen. Anders iſt es bei Schwarz, das wohl als
Grundlage für andere Farbe dienen kann, das ſich aber doch
am beſten mit Weiß verbindet. Eine ſchwarze Kaſula mit
ſilbernen Borden oder Silberſtickerei macht darum einen viel
beſſeren und harmoniſcheren Eindruck, als eine ſolche mit Gold-
borten oder Goldſtickerei.
Zur Farben-Harmonie gehört übrigens nicht bloß die Zu-
ſammenſtellung der bisher erwähnten complementären Farben,
ſondern es wird eine ſolche auch erzielt, wenn ich die verſchie-
denen Abſtufungen einer und derſelben Farbe, z. B. die ganze
Schattirung von Grün, nebeneinander ſtelle, und dieſe bei
weltlichen Kleidern nicht ſeltene Compoſition wird auch bei
Kirchengewändern eines guten, namentlich ſanften und würdi-
digen Effekts nicht verfehlen.
Schließlich erlauben wir uns noch eine, wenn auch nicht
ganz zum vorliegenden Thema gehörige, doch ſicher nicht über-
flüſſige Bemerkung, daß kirchlichen Entſcheidungen gemäß bei
Kirchengewändern allerdings Gold, aber nicht Geſb, ſowohl
für Roth als für Weiß gilt, und daß nicht Blau überhaupt,
ſondern Violett im engeren Sinne Kirchenfarbe iſt.

ſich nicht verhehlen, daß ſie viel von ihrem urſprünglichen
Charakter eingebüßt. Die Bilder in Donaueſchingen dagegen
zeichnen ſich bei ihrer ſonſtigen Vorzüglichkeit auch noch durch
treffliche Erhaltung aus. Drei große Tafeln in einem Rah-
men, ein ehemaliges Altarblatt, enthalten links den heiligen
Martin und zu ſeinen Füßen die kleinere Figur eines Bettlers,
welcher nach dem Mantel desſelben greift, in der Mitte des-
ſelben die heilige Magdalena, eine ſtattliche, edle Figur, wohl
die großartigſte des Gemäldes; rechts Johaunes der Täufer.
Unter dem heiligen Martin kniet der Stifter ,,Gottfried wern-
herr Graue vnd Herre zu willdenſtein vnd Mößkirch,'' in rit-
terlicher Tracht; gegenüber, zu den Füßen des Johannes, die
Stifterin, ſeine Gemahlin, ,,Apolonia von Gottes gnaden Grauin
vnd Fraw zu Henneberg. Beide waren Vorfahren des jetzi-
gen Beſitzers und ihr Schloß Wildenſtein im oberen Donauthal
war mit dieſen und den folgenden Gemälden ausgeſtattet, die
zwar durch keine Jnſchrift als Werke Scheuffelein's bezeich-
net ſind, aber unzweifelhaft ſeinen Charakter tragen. Jn den
Köpfen lebt echt Dürer'ſcher Geiſt; ſie ſind rundlich in der
Form und voll ernſter Tiefe und Gediegenheit im Ausdruck.
Jn der ſonſtigenen Behandlung aber offenbart ſich ein weit
reinerer Geſchmack, als bei Dürer gewöhnlich iſt, die edlen,
naturwahren Geſtalten ſind in der Zeichnung richtiger, ſchöner
in der Form, anmuthiger in der Bewegung, auch der Falten-
wurf iſt ſtylvoller, minder kleinlich und kraus in den Brüchen.
Beſonders trefflich iſt das Kolorit, welches freilich durchaus
nichts Beſtechendes hat und haben will, aber gerade durch ſeine
Einfachheit wirkt. Der Vortrag iſt flüchtig und durchſichtig,
der Ton ungemein licht, große Maſſen von Weiß herrſchen in
den Gewändern vor; doch iſt die Färbung geſättigt und von
einer Harmonie, wie ſie Dürer wohl niemals erreicht hat.
Meiſterhaft — zart und flott zugleich — iſt die Behandlung
mancher Nebendinge, wie des Biſchofſtabes und der Mitra des
heiligen Martin.
Wohl noch feiner und lieblicher iſt ein zweiter, ganz kleiner
Altar: in der Mitte die heilige Jungfran mit dem Kinde,
über dem Haupte zwei Engel eine Krone haltend, ringsum ein
Kranz von dreizehn Heiligen. Auf den Flügeln kniet derſelbe
Graf von Wildenſtein mit ſeiner Gemahlin; im Hintergrunde
eine reiche Renaiſſance-Architektur, auf einem Balkon viele Leute
worunter auch Muſikanten. Die Rückſeiten der Flügel enthal-
ten Chriſtus am Oelberg. Seine Figur iſt hochpathetiſch, die
Landſchaft ſehr ſchön. Die Jahreszahl 1536, mit welcher
dies Gemälde bezeichnet iſt, verſetzt es in die ſpäteſte Zeit des
Künſtlers, welcher 1540 ſtarb. Das Kolorit iſt zart und
wahrhaft duftig. Wir kennen nur noch ein Bild, eine Scene
aus der Legende eines heiligen Mönches in der Sammlung des
Domdecan v. Hirſcher zu Freiburg im Breisgau, das ſich mit
den beiden genannten meſſen kann. Was ſich noch ſonſt von
Scheuffelein in Donaueſchingen vorfindet, ſteht freilich auch
nicht ganz auf ſolcher Höhe, gehört aber noch immer zu den
beſten Leiſtungen des Meiſters. So beſonders die vor einer
Niſche im Renaiſſancegeſchmack thronende, heilige Anna, welche
das Kind auf dem Schooße hält und die neben ihr kniende
Maria mit der linken umſchlingt; an den Seiten die Heiligen
Ottilie, Barbara, Katharina und Urſula, ſowie zwei Engel,
welche einen Vorhang zurückſchlagen. Außerdem ſind noch ein
Abſchied Chriſti von Maria, mit ſchöner Perſpektive der Renaiſ-
ſancegebäude; vier kleinere Tafeln mit den Heiligen Erasmus,
Andreas, Sebaſtian und Rochus, Chriſtophorus; endlich Chri-
ſtus am Kreuz zwiſchen Maria, Johannes und Magdalena zu
nennen.
Unter einer großen Anzahl von Gemälden, welche den Cha-
rakter der früheren ſchwäbiſchen Schule zeigen, und, wäre über
ihre Herkunft Einiges zu erfahren, manch werthvollen Beitrag

II. Die Fürſtenberg'ſche Gemäldeſammlung in Donau-
eſchingen.

A. -n. Jn der Kunſtwelt bis jetzt ſo gut wie unbekannt,
aber demungeachtet für die Kunſtgeſchichte zum Theil von er-
heblichem Werthe, verdient eine Anzahl von Gemälden im
Schloſſe zu Donaueſchingen, der Reſidenz des Fürſten von
Fürſtenberg, daß man die Aufmerkſamkeit der Kunſtfreunde
für ſie in Anſpruch nimmt. Beſonders einen Meiſter kann
man hier ſo gut und ſo vollſtändig wie an keinem andern
Orte kennen lernen, Hans Scheuffelein, deſſen hier auf-
bewahrte Schöpfungen beweiſen, daß er der größte Maler
unter den Schülern Dürer's iſt, ja mit dem Pinſel vielleicht
mehr als ſein berühmter Lehrmeiſter vermag. Was man in
öffentlichen Galerien von ihm ſieht, ſind gewöhnlich flüchtig
und handwerksmäſſig behandelte Kleinigkeiten, die nur den
Stempel ſeines Ateliers, kaum aber ſeiner Hand an ſich tra-
gen, und nicht fähig ſind, eine Vorſtellung von ſeinem Können
zu erwecken. Einen ungleich größeren Begriff erhält man von
ihm, wenn man ſeine Arbeiten, beſonders den Hauptaltar mit
den trefflichen Flügelbildern, in der Hauptkirche zu Nördlin-
gen, wo er lebte und Bürger war, erblickt. Aber dieſe Bil-
der waren ſo beſchädigt, daß ſie einer ſehr ſtarken Reſtauration
bedurften, und bei aller Großartigkeit des Eindrucks kann man
 
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