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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 4.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.7150#0018
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160 —

der Grundſätze bei Reſtaurationen dennoch von einem Kritiker
darüber Klage geführt worden iſt: daß die Kirche durch derlei
unnütze Neuerungen aufhöre, in ihrem bisherigen ruinöſen
Zuſtande ein maleriſches Sujet zu ſein; ſie habe in dieſem Zu-
ſtande zu verbleiben, indem hierbei in künſtleriſcher Beziehung
nichts eingebüßt werde; kurz, dieſe Kirche mit ihrer Umgebung
ſei ein Anziehungspunkt für Maler geweſen, und nun ſei die-
ſer Magnet durch Laune und Eigendünkel eines Einzelnen für
lange Jahre entfernt. Das erinnert in der That an Bertholet,
der vor länger als einem halben Jahrhundert beim Anblick
des traurigen und zerfallenen Domtorſo's zu Köln ſein Ent-
zücken darüber ausſprach, daß nun allgemach der maleriſche
Effect des ruinöſen Denkmals ſich ſteigern werde, und welcher
den Rath ertheilte, ſchon damals rings um den Dom Pappeln
— oder waren es Kugelakazien — anzupflanzen, weil der Ge-
genſatz der grauen Trümmer zum Grün der Bäume nur um
ſo draſtiſcher wirke. Dank aber der Neubelebung eines erlo-
ſchenen Kunſtſinnes ſind ſolche Anffaſſungen als unberechtigt
und albern von unſerer Zeit in einem ſolchen Maße perhor-
rescirt, daß nur hie und da ein mit originellen Einfällen ſich
ſpreizender Sonderling dergleichen auszuſprechen wagt; auf die
Zuſtimmung des verſtändigen Theiles ſeiner Zeitgenoſſen kann
er dabei nicht rechnen.
5. Vertilgung des Holzwurmes. Das Colner
Organ für chriſtliche Kunſt hatte in Nro. 24. des vorigen
Jahrganges über die Ergebniße der. Bemühungen einer in
Frankreich gebildeten Commiſſion berichtet, deren Aufgabe iſt,
ein Mittel zufinden, Holz vor Wurmfraß zu ſchützen. Jetzt
theilt das Organ in Nro. 4. von dieſem Jahre weiter mit:
Aus dem engliſchen Journal , The Builder' vom 12. Novem-
ber 1864 erſehen wir, daß in England zu demſelben Zwecke
eine Commiſſion zuſammengetreten, deren Bericht S. 832 mit-
getheilt wird, und im Weſentlichen, ſelbſt dem Wortlaute nach,
mit den durch das Organ gegebenen Andeutung überreinſtimmt,
was zu der Vermuthung führt, daß die Notiz des Organs
engliſchen Urſprungs iſt. Die Reſultate der von der engli-
ſchen Commiſſion angeſtellten Verſuche zur Vertilgung des
Holzwurmes ſtimmen darin überein, daß das ſicherſte Mittel
das Verdampfen von Benzin in Luftdicht verſchloſſenen Räumen,
ſo für Schnitzarbeiten geringen Umfanges in Glaskaſten. Jm
Frühlinge oder Frühſommer liefert das Experiment die beſten
Reſultate, indem dann auch die Brut der verſchiedenen bei uns
vorkommenden Holzwurmarten (Anobium ſtriatum, Anob. teſſel-
latum und Ptilinus pectinicornis) zerſtört wird. Das Anobium
ſtriatum iſt der äußerſt gefährliche Feind der Bibliotheken, kann
aber auch hier zuverläſſig durch Verdampfen von Benzin ver-
tilgt werden, wie dies in der Bodleianiſchen Bibliothek erprobt
worden. Die Bücher werden in luftdicht verſchloſſene Kaſten
gebracht, auf deren Boden man Schalen mit Benzin zum Ver-
dampfen ſtellt.

Allerhöchſten aber ſoll die Wohlfeilheit maßgebend ſein, wenn
nur der unbewachte Sinn des Nichtkenners es überſieht, daß
nichts Rechtes dahinter ſteckt! Wo ſoll denn die echte
Kunſt noch eine Zufluchtsſtätte finden, wenn ſogar das Hei-
ligthum ſich ihr verſchließt.
Falls blos die Ghps-Heiligen und die Gyps⸗Stationen (l)
des Herrn Cardinali ſich in Frage befänden, könnte man ganz
füglich ein Auge zudrücken; allein dieſelben ſtehen keineswegs
iſolirt da; das Surrogaten-Unweſen greift ſichtlich mehr und
mehr um ſich; es handlt ſich um eine Frage von der weſent-
lichſten Bedeutung für die ganze Zukunft der Kunſt, insbeſon-
dere der kirchlichen Kunſt, und es erſcheint demnach dringend
geboten, jenem Unweſen ohne Anſehen der Perſon mit aller
Entſchiedenheit entgegenzutreten. Tanſend Mal beſſer echter
Roccoco als falſche Gothik von Zink, Gyps oder Gußeiſen!
4. Die Reſtauration derSt. Margarethenkirche
in Salzburg. Unter Hinweiſung auf das in Nro 38 die-
ſer Blätter mitgetheilte Gutachten des Herrn Diöceſanbaumei-
ſter Federle für eine Reſtanration der Stiftskirche in Baden
geben wir im Nachſtehendem einen verwandten Bericht über die
Reſtauration der oben erwähnten Kirche aus Nro. 3. des Cöl-
ner Organs für chriſtl. Kunſt vom 1. Februar 1865.
Jm St. Peter-Friedhofe ſteht die Margarethenkirche, ein
einfacher, würdevoller Bau des zu Ende gehenden fünfzehnten
Jahrhunderts, der durch das Bündniß zerſtörender Elementar-
geiſter mit einem falſchen ſpäteren Zeitgeiſte große Unbild er-
fahren hat, indem einerſeits die bauliche Unterhaltung nicht
genügend geweſen, andererſeits über die urſprünglich reinen
Formen die Zuthat der Tünche und des Zopfes ein fremdes,
disharmoniſches Gewand gelegt hat. Der Prälat von St. Peter
Dr. Albert Eder, faßte den Plan der Reſtauration, damit die-
ſes dem Ruine zugeneigte Denkmal der Kunſt nach Beſeitigung
der entſtellenden Zuthaten erhalten und verjüngt dem gottes-
dienſilichen Zwecke dienen könne. Die rechten Principien, welche
nunmehr bei der Reſtauration mittelalterlicher Baudenkmale durch
Kunſthiſtoriker erforſcht und endgültig feſtgeſtellt ſind, wurden
dabei beobachtet: überall das Alte, Echte, Primitive unter dem
Kleiſter einer geſchmackloſen ſpäteren Zeit hervorzuziehen, das
Zerſtörte oder Gefälſchte im Geiſte und nach der Norm des
Alten mit gewiſſenhafter Genauigkeit zu ſäubern und zu ergän-
zen, und auf dieſe Weiſe, frei von allem Beſſermachenwollen,
das Verdienſt in der reinen Wiedergeburt des Alten zu erken-
nen. Was über die bei dem Reſtaurationsbau befolgten Prin-
cipien, nach welchen man das Einzelne hergeſtellt und geſäubert
hat, durch die Preſſe iſt veröffentlicht worden, iſt ſtichhaltig
und verdient unſere volle Anerkennung. Natürlich iſt Autopſie
am Orte ſelber erforderlich, um im Einzelnen und nach allen
Stellen zu entſcheiden, ob in der Anwendung dieſer Principen
nicht einzelne Mißgriffe gemacht worden ſind. Nach dem, was
wir vernommen, beloben wir den wackern Kunſtſinn, welcher
der Erhaltung dieſes Denkmals mit anſehnlichen Opfern ſich
zugewandt und die Trefflichkeit der Normen, unter deren Be-
rückſichtigung man die Reſtauration in die Hand genommen,
um ſo mehr, weil auch dieſes Unternehmen am Platze ſelber
in der Engherzigkeit und dem Unverſtande einer der Schönheit
des mittelalterlichen Styls abgeneigten Auffaſſung einen bittern
Gegner erhielt.
Jn einem ſeltſamen Mißverſtändniße befangen nannte man
,Vandalismus'' jenes Verfahren, durch welches den vandaliſchen
Verunzierungen einer ſpätern geſchmackloſen Zeit die paſſende
Arznei bereitet und die Sünden der Väter durch die Erneue-
rung des Bauwerkes im Sinne der Urväter geſühnt werden
ſollten. Wer ſollte es glauben, daß noch in unſeren Tagen
Angeſichts der durch die Erfahrung bewieſenen Probehaltigkeit

IV. Correſpondenz

PFx den christlichen Kunstverein sind waitere Geldbeiträge einge-
gangen: von Ern. Gürtler Erggelet in Froiburg intrittsboitrag 1i.;
von Hrn. Pfarrer Oberle in Dauchingen ahresb. für 1866 mit 1 ſi.
15 r.; von Ern. Pfarrer Bader in Eingen für 1864 und 1866 2 f1.
30 r; von Herrn Decan Zugschwert in Markolfingen ahrosb. 1 i.
15 r.; von Ern Pfarrv. Moser in Gengenbaeh ahresb. fr 1864 mit
1 1. 15 kr.; von Hrn Pfarrer Bachmann in Ballrochten ahresb. für
1865 mit 1fl. 15 kr.; von Ern. Decan Karg in Steisslingen Eintritts-
und Tahresb. 2 fl. 15 r.; von rn. Pfarrer Knierim zu Glotterthal
ür 1865 ahresb. 1 fl. 15 Xr.; von rn. Pfr. Lumpp in Munzingen
dito 1 l. 15 Er.; von Hrn. Pfr. Schuler in etteſbrunn dito 1 f.
15 kr. — zusammen 14 fi. 30 r.; mit den in Nr. 39 angezeigten 56 f.
15 kr. ergibt sich die Summe von 70 f1. 45 kr. der Beiträge seit anuar
1865.

Verantwortliche Redaetion: Stephan Braun. — Druck und Verlag von J. Dilger in Freiburg
 
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