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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 4.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.7150#0020
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— 162 —

thümliche Kapitälbildung verrathen eine primitive Kunſtrichtung
wo man principiell von den antiken Formen ſich losgeſagt;
aber zur Bildung einer eigenthümlichen, originellen und vollen-
deten Form, wie wir in den ſpätern romaniſchen Würfeln und
Kelchkapitälen ſehen, ſich noch nicht erſchwungen hatte. Die
Eckknolle auf den Plinthen der Baſen, die unorganiſche Ver-
bindung der Thürme mit dem übrigen Baukörper, dann das
Daſein eines eigenen Chorraumes, ſowie die bloße Eintiefung
der Abſiden in die Oſtwand, und zugleich das Daſein ſpitz-
bogiger Fenſter in Abſis und Thurm — ſprechen jedoch für
eine ſpätere Zeit. Jedenfalls wurden in verſchiedenen Perio-
den Bauveränderungen an dieſer Kirche vorgenommen.
Das Grabmal auf dem Boden in dem ſudweſtlichen Eck
rechts, hinten bei der Thüre, iſt das des Hans Jakob von
Danketſchwyl zu Windek, geſtorben am 2. Februar 1602, und
ſeiner Frau, geb. v. Menlishofen. Die Wappen beider Fami-
lien ſind dabei.
Die Herren von Danketſchwil ſelbſt waren Reichenauſche
Lehenleute und bewohnten als ſolche das nahegelegene Schlöß-
chen Windeck; ſie hatten auch Rilaſiugen vom Kloſter zu Lehen
und beſaßen Worblingen. So z. B. leiht Achilles von Danket-
ſchwyl, Herr zu Worblingen, 1611 der Gemeinde Rielaſingen
(welche ihn ihren Junker nennt) 300 fl. — Ein Burkard
Junker v. Danketſchwyl war 1552 Vogt zu Bohlingen (Bol-
lingen), u. ſ. w.
An der linken Seitenthüre, bei der Kanzel befindet ſich das
Grabmal des Canonikus Johann Roming, Vice-General und
Dr. Juris, f 27. November 1542.
Das Grabmal des hl. Egino oder Egnon iſt, wie geſagt,
auf dem Boden vor dem Hochaltar im, Chor. Sein Gemälde
hängt links davon (Evangelienſeite) oberhalb an der Chorwand.
Jm rechten (weſtlichen) Glockenthurm ſoll Egino ſeine erſte
Zelle gebabt haben. Noch ſieht man darin Ueberreſte von
alten Gemälden.
Altäre ſind in der Kirche vier: der Hochaltar (Peter
und Paul), der Dreifaltigkeitsaltar zur rechten Seite und der
Petronellenaltar zur linken Seite. Der ſ. g. Pfarr- oder Se-
baſtiansaltar befindet ſich unter dem großen Kreuz am Chor-
ſchluß, zwiſchen den beiden Seitenaltären, wo er den ohnehin
kleinen Raum zwiſchen Langſchiff und Chor noch verengt, und
die Ausſicht auf den Hochaltar gänzlich benimmt. Gluͤcklicher
Weiſe iſt derſelbe bei der i. J. 1862 eben ſo ernſt als ver-
ſtändig erſtrebten Reſtauration der Altäre und der
Kan zel beſeitigt worden!
Am 28. Auguſt 1857 ſchlug der Blitz (von Weſten kom-
mend) Mittags 2 Uhr in den nördlichen (nach Allensbach zu
gelegenen) Kirchthurm ein, und verbrannte die untere Schwelle
des Glockenſtuhls. Der Strahl kam an die Uhr, zerſplitterte
den Wellenbaum am großen Schlagwerk, gieng von da ans
Viertelwerk und zerriß den Draht; dann drang er in den weſt-
lichen kleinen Thurm, ſo genannt, weil darin die kleinen Glocken
hangen, und zerbröckelte auch da den untern Draht zur Glocke.
Der Uhr ſelbſt that er keinen Schaden.

hat die Form eines Pfühls, deſſen Fläche mit kleinen überein-
ander gereihten Quadraten (Schachbrettmuſter) verziert und
der an den vier Ecken und nach oben mit einem gewundenen
Bande (Tauverzierung) eingefaßt iſt. Ein anderes iſt rund,
korbförmig, mit ſtarker Ausladung, an den vier Ecken etwas
abgekantet, welche Kanten die Form eines Dreieckes bilden und
nach oben nochmal mit einem Wulſte umfaßt ſind. Andere wieder
ſind roher und haben faſt die Form einer umgeſtürzten Baſis mit
eigenthümlicher, leiſtenförmiger Eckgliederung. (Vollends ward
der Bau verunſtaltet durch die ſpäter erbaute Orgelbühne, die
auf armſeligen, viereckigen, hölzernen Nothſäulen ruht, die
mit den romaniſchen Säulen widerwärtig contraſtiren, wozu
noch die Verkleidung der Brüſtung im Renaiſſance Style kommt.)
Da, wo der Chor beginnt, ruht das letzte Arkadenpaar auf
einem viereckigen Wandpilaſter, deſſen einfache Baſis, eine
Platte mit abgekanteten Ecken, die Formen der Baſen im
Dome zu Augsburg hat, und auch im Konſtanzer Münſter an
ähnlichen Pilaſtern ſich wieder findet. Jn der Querlinie, wo
der Chor beginnt, ſchließen die Seitenſchiffe mit einer geraden
Wand ab. Der 40' Fuß lange, wenig erhöhte Chor iſt an
den Seiten in der ganzen Höhe mit Mauern umfaßt und
ſchließt im Oſten mit einer hohen, aber nicht ſehr tiefen, alſo
nicht im reinen Halbkreiſe geformten Abſis, die nur in die
dicke Wand eingelaſſen iſt, und welche jetzt ein großes gothiſches
Fenſter erleuchtet. Jm abgeſchloſſenen nun unbenützten Theil
der Seitenſchiffe längs des Chores ſind in die ſtarke,
öſtliche Thurmwand ebenfalls kleine 5' tiefe, aber in regel-
mäßiger Halbkreisform verlaufende Abſiden, in denen ehe-
mals Altäre ſtanden, eingelaſſen; je ein enges, rund überge-
bogtes Fenſter iſt mitten in dieſen Niſchen.
Unter den Thürmen vor dieſen Altarniſchen ſind Ton-
nengewölbe, die einen Raum von 11' Breite und 9' Tiefe
überdecken. Zwei Pilaſter ſtehen an den Wänden, da, wo dieſe
Gewolbe ſich weſtwärts gegen die Seitenſchiffe öffnen. Dieſe
flachen Pilaſter haben eine viel reichere, angenehmere mehr der
antike nachgebildetere Gliederung in Baſis und Geſimſen, als
man hier und in den benachbarten Kirchen zu ſchauen bekömmt.
Die Wände dieſer abgeſchloſſenen Theile der Seitenſchiffe ſind
ganz mit Wandmalerei en in großen Cyelen von Figuren
bedeckt.
Ein Fenſter von der urſprünglichen Form (die andern
ſind mit Ausnahme derer in den blinden Altarniſchen alle er-
weitert) iſt noch in dieſem Raum; es iſt bei 4' Höhe nur
1,' breit, rund überwölbt, und hat zu bedeutender Weite ab-
geſchrägte Fenſterwangen.
Die beiden Thürme, viereckig mit kurzer Pyramide be-
dacht und mit grün und braun gebrannten Ziegeln bedeckt —
haben im untern Theil rundbogige Fenſteröffnungen; die Schall-
löcher bilden auf jeder Seite zwei große Spitzbogen durch einen
Pfeiler mit abgeflachten Ecken getrennt. Jm ſüdlichen Thurme
hängen drei ſehr alte Glocken, wie die früh-mittelalterliche
Majuskelſchrift erkennen läßt. Die große von 3.' Durch-
meſſer hat am Kranze von einer Tauverzierung umfaßt, die Um-
ſchrift: ,,O rex glorias Christe veni cum pace und S. Pet-
rs. Die zweite von 2 8'' Durchmeſſer abermals: ,,O rex
gloriae ete.;' die kleine: ,, esus Nazarenus rex udasorum.'
Die Glocken im nördlichen Thurm ſind ebenfalls ſehr alt.
Jm Chor, vor dem Hochaltar auf dem Boden, deutet eine
neuere Jnſchrift die Grabſtätte des Biſchofs Egnon, des Er-
bauers der Kirche an. Jn des Abtes Gerberts alemaniſchen
Reiſen iſt angedeutet, daß man bei einem neuen Kirchenbau die
Gebeine Egnons gefunden; dort ſind auch ſeine im Grab ge-
fundenen Schuhe von beſonderer Form gezeichnet.
Was von Egnons Bau noch übrig iſt, mögen wir nicht
entſcheiden. Die Arkaden des Langhauſes und deren eigen-

JJ. Die Kunſtmoſaiks im Ordenslande Preußen
Die Kunſt des Moſaiks, welche bei den Römern zur Zeit
der Jmperatoren in der höchſten Blüthe ſtand, iſt in den alt-
chriſtlichen und byzantiniſchen Kirchen Jtaliens und des Orients
vielfach geübt worden und in Jtalien im Laufe der letzten 18
Jahrhunderte eigentlich nie ganz außer Gebrauch gekommen.
Jn Deutſchland iſt ſie aber, abgeſehen von dem zur Zeit
Karl's des Großen ausgeführten Kuppelmoſaik in der noch
byzantiniſchen Münſterkirche zu Aachen, völlig fremd. Wir
fiden hier nur drei Werke der Art: die moſaicirte koloſſale
 
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