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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 9.1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.7146#0031
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 104.

Domine diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1870.

Studien über Kreuz und Crucifix.

(Fortſetzung.)

Lammbilder. Unter den ſymboliſchen Kreuzen kommt
wohl am häufigſten das mit dem Lamme vor. Denn unter
den ſymboliſchen Geſtalten, welche Chriſtus bedeuten, wird vor-
nehmlich das Lamm gar oft abgebildet. Der Grund hievon
liegt nahe. Schon Jſajas 16, 1 flehte: ,,Sende Herr das
Lamm, den Beherrſcher der Erde.'' Johannes der Täufer be-
zeichnet Chriſtus als das Lamm Gottes und Johannes der
Evangeliſt ſchaute das Lamm in ſeinen Geſichten, in der Mitte
des Thrones, als ob es erwürgt wäre. Zugleich war ja das
Lamm das früheſte der blutigen Opfer. Darum alſo, weil
das Lamm ganz beſonders geeignet war, den Opfercharakter
des Erlöſers zur Darſtellung zu bringen, wurde es erwählt,
die Stelle des Crucifixes am Kreuze zu vertreten. Die Bilder
mit dem Lamme unter oder an dem Kreuze bilden den Ueber-
gang von den zuerſt üblichen Darſtellungen zu denen, wie ſie
jetzt noch in Uebung ſind. Paulinus von Nola beſchreibt ein
ſolches Bild aus dem Anfang des 5. Jahrhunderts mit den
Worten:

oder an dem Tabernakel ſehen. Nachdem die Lammesbilder
im Allgemeinen verlaſſen worden waren, liebte man es doch
noch, dasſelbe als Symbol auf der Rückſeite des Kreuzes, ſo-
wie zu den Füßen oder über dem Haupte des Gekreuzigten
anzubringen. Dieſe genannte Reihe von Bildern vermitteln
demnach den Uebergang vom einfachen Kreuze zum Crucifixe.
Crucifix. Wann das eigentliche Crucifix, das wir als
dritte Kreuzesform bezeichnen können, in Aufnahme gekommen,
läßt ſich wiederum wohl nie ſicher erheben. Jedenfalls aber
viel früher, als vor Kurzem noch gewöhnlich angenommen
wurde. Schon Kaiſer Conſtantin der Große † 337 ſoll ein
ſchönes Crucifixbild über einem Thore der Vorhalle ſeines Pa-
laſtes zu Conſtantinopel haben aufrichten laſſen, das beim Volk
zur Zeit ſeiner Vernichtung in außerordentlicher Verehrung ge-
ſtanden. Kaiſer Leo der Jſaurier ließ zur Zeit der Bilder-
ſtürmerei auch dies Bild dem Untergang preisgeben und an
der Stelle desſelben ein nacktes Kreuz aufrichten.
Es verhält ſich ähnlich wie mit den Madonnenbildern
deren Vorkommen man aus tendentiöſen Gründen vielfach nicht
weit genug herabſetzen konnte, während Roſſi 1857 in den
Katakomben der hl. Domitilla eine Anbetung der drei Weiſen
entdeckte, welche er in's nachapoſtoliſche Zeitalter, noch in's
Ende des 1. Jahrhunderts zu ſetzen geneigt iſt. Andere der-
artige Darſtellungen aus dem 2.—3. Jahrhundert laſſen ſich
verſchiedene nachweiſen, wie denn bei den erſten Chriſten die
Malerei keineswegs verpönt war.
Es iſt natürlich, daß die Crucifixbilder nicht auf einmal
und aller Orten aufgekommen ſind, ſondern längerer Zeit be-
durften, bis ſie ſich vom Morgen- in's Abendland Verbreitung
verſchafft hatten. Aus dem 6. Jahrhundert haben wir jedoch
ganz feſte Anhaltspunkte, welche die Darſtellungen Chriſti an's
Kreuz geheftet beſtätigen. Gregor von Tours f 594 ſpricht
von einem Gemälde, das Chriſtus am Kreuze darſtellte nur
mit einem Lendentuch umgürtet. Dieſes Crucifixbild in der
Kirche des heil. Geneſius zu Narbonne erregte zwar Aufſehen
unter den Gläubigen, aber nicht durch die Darſtellung Chriſti
des Gekreuzigten an ſich, ſondern deßwegen, weil das Bild ent-
blößt, nur mit einem Hüfteſchurz bekleidet war. Das fragliche
Bild mußte darum mit Rückſicht auf die Stimmung der Gläu-

,,Chriſtus ſteht in der Geſtalt eines ſchneeweißen Lammes
unter einem blutrothen Kreuze.'' Das Lamm wurde anfäng-
lich blos an den Fuß des Kreuzes geſtellt, ſpäter aber auch
am Kreuze befeſtigt, da, wo die Balken in einander gefügt ſind.
Münz bringt in Tafel V ſeines Werkes verſchiedene Lamm-
bilder zur Anſchauung. Bei den älteſten Darſtellungen ſteht
das Lamm auf einem Berge, aus welchem vier Quellen, die
vier Paradiesſtröme oder die vier Evangelien hervorfließen.
Seit dem 4. Jahrhundert trägt es häufig einen Nimbus, zu-
erſt den kreisrunden, ſpäter zu Anfang des 6. Jahrhunderts,
den Kreuznimbus, von dem ſpäter die Rede ſein wird.
Zuweilen trägt es ein Kreuz auf dem Rücken oder auf dem
Kopfe, ein ander Mal hält es Kreuz oder Kreuzesfahne mit
einem der Vorderfüße, auch erſcheint es, gleichſam als Opfer,
auf dem Altare liegend. Kreuze mit dem Lamm haben ſich
in der ganzen folgenden Zeit bis zur Gegenwart erhalten. Man
kann auch jetzt noch häüfig das Lamm mit ſieben Siegeln, mit
einem Kreuze, mit einer Kreuzes- oder Auferſtehungsfahne auf
 
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