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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 17.1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.7195#0024
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— 700 —

der Kunſt. Wenn die Kunſt veredelt, ſo wird es doch
wünſchenswerth ſein, daß auch die Malerei unter die Maſſen
des Volkes wieder heraustritt und mithilft, die Schätze
religiöſer Kunſt zum Gemeingut Aller zu machen. Soll eine
Beſſerung eintreten, ſo beſteht ſie in der Wiedererweckung
der geiſtigen von der Renaiſſance grundverſchiedenen Kunſt-
richtung des Mittelalters. Aehnlich wie in der kirchlichen
Muſit ſind wir auch in der monumentalen Malerei an die
Vergangenheit angewieſen, nicht um ihre Fehler nachzu-
ahmen, ſondern ihre Vorzüge auszunützen.

mußte. So etwas Gewöhnliches war es bis zum XJJ.
Jahrhunderte herab, die Kirchen auszumalen, daß es gar
nichts Auffallendes darbietet, ſelbſt eine Dorfkirche in dieſem
Schmucke zu ſehen.
Ehe wir die Wandmalerei während der Herrſchaft des
gothiſchen Styles verfolgen, wollen wir einen Blick auf den
Oſten werfen. Was uns von Ausmalung von dort aus
neuerer Zeit erzählt wird, klingt faſt wie ein Märchen.
Nun iſt die Art .wie dort die Kirchen im XJX. Jahr-
hundert bemalt werden, dieſelbe wie im X. Erfindung und
Jdee gehören den Kirchenvätern an, uralt und unantaſtbar
und deshalb das Angeführte beweiſend für unſere Frage.
Eine Behauptung findet noch immer Anbeter, daß nämlich
die gothiſche Bauweiſe der Malerei ungünſtig ſei. Man hat
dieſes falſche Dogma ſich aufbinden laſſen, ohne zu be-
denken, daß ſelbſt ſolche mittelalterliche Bauten, welche in
der ſinnreichen Maſſenvertheilung und Unterbrechung der
Wandflächen das Aeußerſte geleiſtet haben, wie der Kölner
Dom, immer noch Wandflächen genug darbieten, auf
welchen die Malerei in der gebührenden Unterordnung ihren
Beitrag zur vollen Ausſtattung des Gotteshauſes liefern
kann und muß. Weiteres gegen jenen Jrrthum zu ſagen,
iſt unnöthig, da die Mehrzahl der gothiſchen Kirchen durch
ihre noch vorhandenen oder durch die Tünche durchſcheinen-
den Malereien ihn gründlich widerlegt. Die große Anzahl
berechtigt zu der Behauptung, daß auch in der Blüthezeit
der Gothik die Ausmalung Regel geblieben und gothiſche
Kirchen ohne ſolche als Ausnahme anzuſehen ſind. Das
XJV. und XV. Jahrhundert liefert der Beweiſe genug hie-
für. Angeführtes Schriftchen nennt nun eine Reihe ſolcher
Kirchen, darunter auch z. B. die Frauenkirche von München,
die Lieb-Frauenkirche in Würzburg, an Wänden und Pfeilern
bemalt, 1520 übertüncht und im XVJJ. Jahrhundert wieder
bemalt. Schwaben iſt mit einer auffallend großen Anzahl
von Reſten monumentalen Malereien geſegnet — und es
ward auch in dieſem Land die Farbenkunſt mehr geliebt
und geübt als anderwo.
Jm XVJ. Jahrhundert verliert ſich der Faden der
Wandmalereien mehr und mehr, wenigſtens in Deutſchland.
Die epidemiſche Wuth für das Renaiſſance-Bauweſen machte
den Bruch mit der Vergangenheit tief und klaffend. Zudem
ſanken die Malereien des XVJ. Jahrhunderts zur Tafel-
malerei herab. Die Reize der damals allgemeiner werden-
den Oelmalerei waren ſo verführeriſch, daß es nicht be-
fremdet, wenn jene Zeit ihr beſonders zugethan geweſen iſt.
Aus dem erhellt, daß der jetzige Zuſtand der Verkümmerung
der kirchlichen Wandmalerei ein unnatürlicher iſt, er ſteht
im Widerſpruch mit dem Bedürfniß der Gläubigen, mit der
Geſchichte') und ſelbſt mit der vollkommenen Ausbildung

Mittheilungen
Ueber ſchlechte Acuſtik wird bekanntlich in neueren
ſonſt ſehr ſchön und ſtylgerecht erbauten Kirchen häufig
geklagt. Nach einem Aufſatz der ,,Wr. Abendpoſt'' wäre
ſolchen Uebelſtänden leicht abzuhelfen. Dieſelbe ſchreibt:
,,Ein eben ſo eigenthümliches als wirkſames Mittel, um die
Schallwirkung eines Saales zu modificiren, wurde früher
in Jrland und wird gegenwärtig in Paris verſucht. Die
Kirche von Saint-Fin-Barre in Cork (in Jrland) war mit
einer ſolchen Schallkraft ausgeſtattet, daß es beinahe un-
möglich war, in derſelben einen Prediger zu verſtehen.
Jedes geſprochene Wort verlängerte ſich durch den Nachhall
bis zur Unverſtändlichkeit. Die Töne der Orgel klangen
ſehr unangenehm. Man mußte um jeden Preis die reflectir-
ten Schallwellen, durch welche die directen für den Hörer
undeutlich gemacht wurden, auf ihrem Wege aufhalten.
Man verſuchte es, in einer Höhe von 6—8 Metern über
dem Boden des Schiffes von Mauer zu Mauer eine An-
zahl von Fäden zu ſpannen. Dieſe kaum ſichtbaren Hinder-
niſſe veränderten vollſtändig die Acuſtik der Kathedrale.
Das nämliche Verfahren wurde ſpäter auch in anderen
Kirchen mit gutem Erfolge angewendet. Herr Cavaille Coll
brachte dieſes Mittel in der neuen Kirche von Notre-Dame
des Camps in Anwendung, welche in Paris auf dem
Boulevard Mont Parnaſſe erbaut worden iſt. Die Prediger
in dieſer Kirche klagten, daß ſie ſich außerordentlich an-
ſtrengen müßten und doch nicht verſtanden würden. Die
Orgeltöne klangen verſchwommen. Durch das Aufſpannen
von Baumwollfäden von 3 Millimeter Dicke im Schiffe, in
der Höhe der Bogenanläufe, wurde die Acuſtik der Kirche
weſentlich verbeſſert.'' — Ein Verſuch dieſer Art kann keines-
falls ſchaden und auch nicht viel koſten.
* Freiburg, 24. Febr. (Zwei neue Bilder von Hof-
m aler Dürr). Jn dieſen Tagen vallendete Hr. Hofmaler Dürr zwei
Gemälde, die für die neugebaute Kirche in St. Blaſien beſtimmt ſind,
und die, genieinſchaftlich mit einer Himmelfahrt, die ſchon letzten
Herbſt vollendet wurde, einen Altar ſchmücken werden. Das eine
ſtellt den iriſchen Glaubensboten des Oberrheins, den hl. Fridolinus,
dar, der dadurch leicht kenntlich gemacht iſt, daß ihm Säckingen als
Hintergrund gegeben wurde Das andere ſtellt den hl. Blaſius dar,
wie er geradẽ bemüht iſt, durch Berührung einen Knaben, dem eine
Fiſchgräte im Halſe ſtecken geblieben iſt, und dem kein Arzt hatte
helfen können, vom Tode zu retten. Die kreuzweiſe gehaltenen Lichter
in der Hand des Biſchofs erinnern den Kundigen an das an manch en
Orten noch übliche Feſt der Halsweihe am 3. Februar. Dürr gehört
zu jenen Malern, die ihr Talent an den großen Meiſtern der
Renaiſſance gebildet haben, und die alle Reizmittel moderner Effeet-
haſcherei grundſätzlich verſchmähen. Darum ſind ſeine Kunſtwerke auch
echte Heiligenbilder, wohl geeignet, das Gemüth der Gemeinde zu
erheben und ihre Andacht zu befördern.

*) Von einer neueſtens ausgemalten gothiſchen Kirche, der Votiv-
(Heilands)⸗Kirche Wiens, ſagt die ,,A. Allg. Ztg'' in einem September-
Artikel (Wiener Briefe): ,,Jn dieſer Kirche, die wie das Jeruſalem der
Apocalypſe in Gold und Farben ſtrahlt, hat die polychromatiſche Frage
eine ſchöne Löſung gefunden. Die farbige Behandlung der gothiſchen
Votivtempelhalle erſcheint als Werk ſchöner Harmonie, glücklichen Zu-
ſammengehens aller decorativen Eleniente, kurz als Werk des guten
Geſchmackes, das ſelbſt dem Gegner der Farbe Anerkennung abnöthi-
gen muß.'' Und R. Baumſtark ſagt von der gothiſchen Wiener Pfarr-
kirche unter den Weißgebern: ,,Jn ihrem ganzen Umfang iſt ſie reich
und vielfarbig bemalt — ein wahres Muſterbild dieſer Behandlungs-
art. Kein Zweifel, es lauern Gefahren gegen die religiöſe Weihe
unter dieſem Princip. Der frohe ſelig in Gott ruhende, zu deſſen
Verherrlichung Alles aufbietende Farbenreichthum, kann in ſpielende
Ueppigkeit und weltlichen Glanz ausarten; der Geſchmack am einfach
Schönen kann Noth leiden durch den zu weit getriebenen Cultus der
Farbenwelt. Hier, ſo dünkt es uns, ſind dieſe Gefahren mit großem

Glück und noch größerm Geſchick vermieden. Der edle Ernſt der Far-
ben mildert den Reichthum der Bemalung, ſo daß nicht blos ein lebendi-
ger Eindruck von Pracht, ſondern auch ein harmoniſches Gefühl ruhi-
ger Befriedigung und religiöſer Weihe in der Seele entſteht und ver-
bleibt.''

Verantw. Redaet. und Herausgeber: Dr. Stephan Braun in Freiburg. — Druck von J. Dilger Freiburg
 
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