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MklelMerliche Nlimkelche *).
Von der Form des Abendmahlkelches ist früher in diesen Blättern (1860
No. 9—11) die Rede gewesen und es wird gestattet sein, darauf zurückzuweisen.
Nur Eins sei nochmals betont, das nämlich, daß, abgesehen von dem sonstigen
rechten Ebenmaaß der Verhältnisse, hier wie allerwärts als schön nur die Form
gelten kann, in welcher sich der Gegenstand, insbesondere das Gerüth sofort dem
Auge als das darstellt, was es ist, und als dem Zwecke entsprechend, dem es
dienen soll. Wahrheit ist die erste Bedingung der Schönheit und diese
beruht in der richtigen Konstruktion, wovon früher gehandelt worden ist. Ein ver-
ständnißvoll construirter Kelch wird bei übrigens sorgfältiger Ausführung auch ohne
alle weitere Verzierung schön sein, während die reichste Verzierung unschöne Formen
nicht zu verdecken vermag. Gleichwohl ist es nicht mehr als billig, daß, wie man
zu diesem vornehmsten Gefäße des christlichen Cultus die edelsten Stoffe verwendet,
auch die dekorative Kunst ihr Bestes dabei zu thun gesucht hat. Alle einzelnen
Zweige der Goldschmiedekunst haben gleichsam gewetteifert, zur Ausschmückung des
Kelches das Ihre beizutragen. Als das Einfachste dürfte die Gravirung und das
Niello gelten, weil hierbei die Form ganz unberührt bleibt. Ihnen schließt sich
das aus der Masse selbst herausgearbeitete ciselirte Ornament an. Dagegen erscheint
das Auflegen von gegossenen, getriebenen, geprägten Verzierungen, zu denen auch
noch das Filigran hinzukommt, schon anspruchsvoller, möglicherweise nicht unbe-
denklich. Farbenschmuck bringen gefaßte Edelsteine, Perlen, Korallen und das
Email, welches die Vertiefungen und Zellen erfüllt und über die Flächen sich aus-
breitet.
Das Ornament hat von allen einzelnen Theilen des Kelches Besitz genommen.
Die größte und geeignetste Flüche bot ihm der mit Recht weit ausladende Fnß
dar. Als in der gothischen Periode der früher kreisrunde Fuß aus Kreissegmenten
construirt wurde, so daß er eine vier-, füuf-, sechs-, achtblätterige Rose bildete, so
waren damit einzelne Compartimente gegeben, innerhalb derer das Ornament sich
zu entwickeln hatte, und die Theilungszahl blieb nicht ohne Einfluß auf die Wahl
des Ornaments. Von dem Fuße stieg dieses aufwärts in den sich erhebenden
Ständer. Auch die Röhre (der stzlus) und die sie ober- und unterhalb des
Knaufes umschließenden Ringe wurden Gegenstand ziervoller Bildungen. Insbe-
sondere aber gilt dies von dem Knauf (dem iroclus). In der romanischen Periode,
wo man ihn noch als eine reine oder auch als eine gedrückte Kugel bildete, be-
schränkte man sich darauf, ihn mit zierlichem Rankenwerk zu umspinnen, wie dies
z. B. sehr schön an einem Kelche im Baseler Domschatz (jetzt im Alterthums-
museum befindlich), sowie an dem Kelche in der Apostelkirche in Köln der Fall ist.
Als der Knauf später nach der den ganzen Aufbau des Kelches beherrschenden Zahl

*) Wer diesen Gegenstand iin archäologischen Interesse weiter verfolgen will, findet in
Otte's Handbuch der kirchl. Knnstarchäolvgie 4. Aust, reiches Material in knapper Zusammen-
stellung. In der vorliegenden kleinen Abhandlung sind nur solche Kelche berücksichtigt, welche
der Verfasser entweder im Original oder in Gypsabgnssen selbst gesehen und eingehend unter-
sucht hat.
 
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