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überdies mit dem auf ihr liegenden Kämpfer hat zusammengeraten können, da
dieser denjenigen der andern Säulen desselben Stockwerks entspricht. Ebenso har-
moniert die Sänke Fig. 7 durchaus nicht mit den übrigen. Da nun die Annahme
ausgeschlossen ist, als seien die letztgenannten Säulen neuerdings angcfügt worden,
wie sich schon ans dem verwitterten Stein crgiebt; da sic aber anderseits durchaus
nicht zu der Architektur des zwölften Jahrhunderts passen wollen, welcher doch
die früher besprochenen Teile des oberen Stockwerks angehören, so bleibt nur
die Möglichkeit übrig, daß bei dem Bau des oberen Tnrmgcschosses Überreste
von dem früheren, jedenfalls bis in die ältesten Zeiten der Stcinbaukunst zurück-
reichenden Gebäude mit in diesen späteren Ban herübergcnommen wurden, mochte
dies nun durch eine wirkliche Beibehaltung vorhandener Exemplare oder durch
eine getreue Nachbildung derselben geschehen. In beiden Fällen würden wir
demnach das Bild uralter Säulen in dem Turm von Waldau haben.
Daß wir es hier, wenigstens in wesentlichen Bestandteilen, mit einem Ban
ältester Zeit zu thnn haben, damit stimmen auch durchaus die geschichtlichen An-
gaben überein. Die Kirche wird schon in einer Urkunde aus dem Jahre 964
(v. Heinemann, ooä. ckipk. ^.nir. I, 38) erwähnt, in welcher der Markgraf Gero
unter andern auch die Kirche von Waldau (^Valckukem ounr cmpmllu uUlmtissa
ob purroolUu) unter den dem Kloster Gernrode vermachten Schenkungen anfführt.
Nun ist freilich diese Urkunde nicht echt; gleichwohl wird an der Richtigkeit der
darin enthaltenen Angaben nicht gezweifelt, und in der That find Gründe dafür-
geltend gemacht worden, daß sic der Wahrheit entsprechen (v. Heinemann, Mark-
graf Gero, Note 4l>). Hat es also im Jahre 964 schon eine Kirche in Waldau
gegeben, so steht nichts der Annahme im Wege, daß in der That wenigstens der
größere Teil des Turmes, wie wir ihn noch jetzt erhalten sehen, jener genannten
Kirche angehört. Da nun die Baudenkmäler ans der Zeit vor dem zwölften
Jahrhundert überhaupt in Deutschland und speziell in Sachsen sehr selten sind,
ja da mit aller Sicherheit überhaupt kein kirchliches Monument aus dem zehnten
Jahrhundert für die genannte Gegend nachgewiesen werden kann, so erscheint cs
um so wichtiger, wenn wir durch das hier beschriebene Gebäude einen Einblick
in die älteste Zeit der deutschen Baukunst gewinnen.
Bis dahin wurde die Krypta der Wipertikirchc in Quedlinburg als das
älteste Denkmal mittelalterlicher Architektur in den sächsischen Landen angesehen.
Aber abgesehen davon, daß es doch immerhin nur auf einer Vermutung beruht,
wenn man dieselbe in das zehnte Jahrhundert verlegt, so sprechen ans der andern
Seite doch gerade die baulichen Eigentümlichkeiten der Kirche zu Waldau sowohl
als die geschichtlichen Dokumente dafür, daß wir es hier mit einem Werke zu
thnn haben, welches wohl in noch höherem Grade Anspruch auf ein frühes Alter-
erheben kann, mit einem Werke, welches mit ziemlicher Sicherheit in das zehnte
Jahrhundert, wenn nicht in eine noch ältere Zeit, znrückverlcgt werden muß; ja
wenn wir die Säule Fig. 6 in Betracht ziehen, so dürfte es wohl aus den
mittelalterlichen Baudenkmälern von ganz Niederdeutschland keinen Bauteil geben,
der, mag jene Säule nun ein Original oder eine Kopie sein, einen so hohen
Ursprung aufznweisen hat.
 
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