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Litteratnr.
Die heidnische Weiheformel v. U. auf altchristlichen Grabsteinen. Ein Beitrag zur
Kenntnis des christlichen Altertums von Ferdinand Becker. Mit vielen Ab-
bildungen in Holzschnitt. Gera, Reisewitz 1881.
Der nm Verbreitung altchristlichen Monumentalverständnisses viclvcrdiente
H. Verfasser hat uns wieder mit einem Ertrag der Mußestunden seines pfarr-
amtlichen Berufes (er ist Divisionspfarrer in Düsseldorf) beschenkt. Seine neueste
Schrift giebt eine so viel als möglich vollständige Zusammenstellung aller, jene
heidnische Weiheformel enthaltenden altchristlichen Grabdenkmäler nebst getreuen,
teilweise erstmaligen und nach eigenen Papierabdrücken gemachten Nachbildungen
der wichtigsten Grabinschriften. Die Siglen (Wortabkürzungen) O. N. 8., welche
in der Zeit der Vergötterung gestorbener römischer Kaiser aufgekommen sind,
wurden schon von dein gelehrten Benediktiner Mabillon richtig gelesen Oiis
Nanilons 8aorunr, d. h. den lichten Göttern (inanss vom nämlichen Stamm-
Wort, wie ipairo, frühe am lichten Morgen), genauer den Gottähnlich Verklär-
ten (Abgeschiedenen) geweiht. Auf den christlichen Grabdenkmälern konnten sie
nichts anderes als ein Nest des heidnischen Afterglaubens sein. Der gelehrte
Passionei (1763) und nach ihm manch anderer, H. Becker selbst in seiner srühcrn
Schrift über „die Darstellung Jesu Christi unter dem Bilde des Fisches" (1876)
hat vermutet, die alten Christen hätten Grabsteine benützt, auf denen schon
vorher die allgemein übliche Formel V. N. eingegrabcn war. Neuerdings ist
der römische Altertumsforscher de Rossi geneigt, wie schon der Jnschriftensorscher
Fabretti (1699), die Siglen zu lesen Ovo Nag-no (dem großen Gotte), wenn
das Monogramm Christi hinzutritt: Veo Lingvo EliriLto 8aornnr, oder auch
nach dem Brief an Titus 2, 13: Ilans Na^nns OIrristns 8nlvator (der große
Gott und Heiland Christus). Wir könuen dein gegenüber dem H. Verfasser nur
beistimmcn, wenn er sich dahin ausspricht, daß die Buchstaben L. N. (8.) nur
Düs Llanibns gelesen werden dürfen, daß, nachdem es einmal Sitte und Brauch
geworden war, Grabschriften mit jener Weiheformel zu beginnen, sich diese im
allgemeinen Gebrauch fast bis zur Bedeutungslosigkeit abgeschwächt habe und so
auch von den Christen — immerhin gedankenlos gebraucht wurde (etwa wie heute
einer von seinem seligen Vater sprechen kann, ohne an Unsterblichkeit und Se-
ligkeit zu glauben), daß man nicht in den Werkstätten die schon mit D. N. ver-
sehenen Grabsteine kaufte, sondern das O. N. auf denselben herkömmlicherweise
anbrachte (wie auch christuslose Ärzte früher über ihren Nccepten die üblichen
drei Kreuzeszeichen dem Herkommen gemäß zu schreiben pflegten). Unwider-
sprechlich wird auch sein, daß die mit jenen Siglen versehenen Grabinschriften
der Mehrzahl nach dem dritten Jahrhundert und der Zeit Konstantins d. Gr.
angehören, wo das Christentum die größeren Volksmassen in sich aufnahm, daß
endlich im Laufe des 4. Jahrhunderts die christlichen Denkmäler mit O. N. (8.)
immer seltener werden und bald vollends ganz verschwinden, wenigstens in Nom
rind Italien, während auswärts die heidnische Formel auch auf Christengräbern
noch länger im Brauch blieb. Aus den etwa 100 Inschriften, welche H. Becker
gesammelt und mitgeteilt hat, heben wir zum Schlüsse hervor die im christlichen
Litteratnr.
Die heidnische Weiheformel v. U. auf altchristlichen Grabsteinen. Ein Beitrag zur
Kenntnis des christlichen Altertums von Ferdinand Becker. Mit vielen Ab-
bildungen in Holzschnitt. Gera, Reisewitz 1881.
Der nm Verbreitung altchristlichen Monumentalverständnisses viclvcrdiente
H. Verfasser hat uns wieder mit einem Ertrag der Mußestunden seines pfarr-
amtlichen Berufes (er ist Divisionspfarrer in Düsseldorf) beschenkt. Seine neueste
Schrift giebt eine so viel als möglich vollständige Zusammenstellung aller, jene
heidnische Weiheformel enthaltenden altchristlichen Grabdenkmäler nebst getreuen,
teilweise erstmaligen und nach eigenen Papierabdrücken gemachten Nachbildungen
der wichtigsten Grabinschriften. Die Siglen (Wortabkürzungen) O. N. 8., welche
in der Zeit der Vergötterung gestorbener römischer Kaiser aufgekommen sind,
wurden schon von dein gelehrten Benediktiner Mabillon richtig gelesen Oiis
Nanilons 8aorunr, d. h. den lichten Göttern (inanss vom nämlichen Stamm-
Wort, wie ipairo, frühe am lichten Morgen), genauer den Gottähnlich Verklär-
ten (Abgeschiedenen) geweiht. Auf den christlichen Grabdenkmälern konnten sie
nichts anderes als ein Nest des heidnischen Afterglaubens sein. Der gelehrte
Passionei (1763) und nach ihm manch anderer, H. Becker selbst in seiner srühcrn
Schrift über „die Darstellung Jesu Christi unter dem Bilde des Fisches" (1876)
hat vermutet, die alten Christen hätten Grabsteine benützt, auf denen schon
vorher die allgemein übliche Formel V. N. eingegrabcn war. Neuerdings ist
der römische Altertumsforscher de Rossi geneigt, wie schon der Jnschriftensorscher
Fabretti (1699), die Siglen zu lesen Ovo Nag-no (dem großen Gotte), wenn
das Monogramm Christi hinzutritt: Veo Lingvo EliriLto 8aornnr, oder auch
nach dem Brief an Titus 2, 13: Ilans Na^nns OIrristns 8nlvator (der große
Gott und Heiland Christus). Wir könuen dein gegenüber dem H. Verfasser nur
beistimmcn, wenn er sich dahin ausspricht, daß die Buchstaben L. N. (8.) nur
Düs Llanibns gelesen werden dürfen, daß, nachdem es einmal Sitte und Brauch
geworden war, Grabschriften mit jener Weiheformel zu beginnen, sich diese im
allgemeinen Gebrauch fast bis zur Bedeutungslosigkeit abgeschwächt habe und so
auch von den Christen — immerhin gedankenlos gebraucht wurde (etwa wie heute
einer von seinem seligen Vater sprechen kann, ohne an Unsterblichkeit und Se-
ligkeit zu glauben), daß man nicht in den Werkstätten die schon mit D. N. ver-
sehenen Grabsteine kaufte, sondern das O. N. auf denselben herkömmlicherweise
anbrachte (wie auch christuslose Ärzte früher über ihren Nccepten die üblichen
drei Kreuzeszeichen dem Herkommen gemäß zu schreiben pflegten). Unwider-
sprechlich wird auch sein, daß die mit jenen Siglen versehenen Grabinschriften
der Mehrzahl nach dem dritten Jahrhundert und der Zeit Konstantins d. Gr.
angehören, wo das Christentum die größeren Volksmassen in sich aufnahm, daß
endlich im Laufe des 4. Jahrhunderts die christlichen Denkmäler mit O. N. (8.)
immer seltener werden und bald vollends ganz verschwinden, wenigstens in Nom
rind Italien, während auswärts die heidnische Formel auch auf Christengräbern
noch länger im Brauch blieb. Aus den etwa 100 Inschriften, welche H. Becker
gesammelt und mitgeteilt hat, heben wir zum Schlüsse hervor die im christlichen