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Zu Ludwigshafen am Rhein wurden über den beiden Hauptportalen der nach dem Plaue
des ch Oberbaurats v. Voit in München erbauten protestantischen Kirche (Kunstbl. v. 1. März
1860) die von Professor Möst in Karlsruhe modellierten und in Sandstein aus dem Königs-
bacher Bruche in einer Höhe von zwei Metern ausgeführten Statuen der vier Evangelisten bei
Gelegenheit der Lutherfeier ausgestellt und enthüllt. Diese Aufstellung bildete den Schlußstein
des Kircheubaues, zu welchem vor 25 Jahren der Grundstein gelegt worden war. Der ge-
nannte Künstler, welcher bei der Konkurrenz nur das Freiburger Kriegerdenkmal über Professor
Zumbusch in München und Professor Begas in Berlin den Sieg davoutrug und erst jüngst
wieder bei Herstellung der Giebelverzieruug auf dem neuen Straßburger Universitätsgebäude
seine Meisterschaft bewährte, hat auch hier in hervorragender Weise verstanden, aus den
Schriften der Evangelisten ihr Charakterbild herauszufinden und dem Steine mit gewandter
Hand die entsprechenden Züge abzugewiunen.
Kirchrndau. Am 17. September d. I. ist in Leipzig unter den entsprechenden Feierlich-
keiten der Grundstein zu der neuen evangelisch-lutherischen Petrikirche auf dem Schletterplatz
gelegt worden. Diese Kirche mit dem 17 in breiten Schiffe, welches das nur 13,8 m breite
Mittelschiff des Kölner Doms und das 15 m breite Mittelschiff des Straßburger und Ulmer
Münsters übertreffen soll, wird zu den wcitesträumigen Kirchengebäuden gehören. Die schmalen
Seitenschiffe sollen nur zu Umgängen, beziehungsweise zur Anlage weniger Sitzreihen auf den
Emporen benützt werden. Im Westen wird eine Orgelempore für zweihundert Sänger und
Musiker eingerichtet werden. An die drei Seiten des ChorschlusseS schließen sich außen drei
Beichtstnben an. Gegenüber dem auf der Nordseite zwischen Chor und Langhans stehenden
bis zur Spitze steinernen Turm kommt südlich die Sakristei zu stehen, um welche sich Neben-
räume für die Prediger, für den Kirchenvorstand, für die Expedition, für den Famulus und
für das Archiv reihen. Der Stil soll der srühgotische sein. Den Ban hat Baumeister A. Härtel
und Banrat Lipsius bis Ende des Jahres 1885 fertig zu stellen. Vertragsmäßig darf die
Summe von 900 000 nicht überschritten werden.
Am 8. Juli 1883 fand die 800jährige Jubelfeier der Stiftskirche zu St. Martin in
Sindelfingen in Württemberg statt. Sie wurde gestiftet von Graf Atzimbart (Adelbert
im Bart) von Calw, und seiner Gemahlin Wilcha, einer Herzogstochter aus Lothringen. Am
4. Juli 1083 wurde sie zu Ehren der h. Dreifaltigkeit, des h. Kreuzes und des h. Martin
geweiht. Graf Eberhard im Bart von Württemberg verlegte 1477 die Propstei und acht
Chorherrnstellen an die Georgskirche in Tübingen zu gunstcn der nengegründeten Universität.
Die dafür eingesetzten Augnstiner-Chorhcrrn verließen das Kloster 1535, als Herzog Ulrich
evangelischen Gottesdienst entführte. In den siebziger Jahren wurde der Chor durch zwei
Emporen verbant, welche im Jahr 1663 mit Bildern Christi, der Apostel nnd — der württ.
Herzoge geschmückt wurden, während über dem Chor das jüngste Gericht gemalt wurde. Nach-
dem die Drangsale des dreißigjährigen Krieges verschmerzt waren, stifteten etwa 80 in Sindel-
fingen und auswärts ansäßigc Wohlthäter der Kirche eine Reihe von 72 Bildern, welche bib-
lische Geschichten nnd auch I)r. Luther, so wie die zwei Stifter der Kirche darstellten. Sie
wurden zum Reformationsfest 1817 „schön überwcißnet." Im Jahr 1863 erhielt die Kirche,
1867 der Turm eine gründliche und stilgcmäße Wiederherstellung durch Oberbaurat von Leins.
Dabei wurden die uralten Flügelthüren der früheren Südpforte an das Westthor versetzt,
Schiff nnd Chor erhielten farbigen Schmuck an Wänden und Fenstern. Nnr eines fehlt noch,
daß die breiten Flächen über dem Triumphbogen und über den Bogenrcihcn Les Mittelschiffs
bildlichen Schmuck erhielten zum Ersatz dessen, was die Alten nach gut evangelisch-lutherischer
Weise an den Emporenbrüstungen gethan, deren Bilder dem „Restaurations-Eifer" unseres
Jahrhunderts zum Opfer fielen. —-
Inhalt: Rückblick. Von H. M. Die Wissenschaft von Pfannschmidt. Mit einer Abbildung. —
Bilder in Worten. — Bncherbericht: I>r. Heinrich Otte, Handbuch der kirchlichen Kunst-
Archäologie des deutschen Mittelalters, vr. E. Paulus, Bilder ans Kunst nnd Altertum
in Deutschland. — Grabkreuze nnd Grabschriften. — Chronik.
Verantwortliche Redaktion: Prälat I>r. H. Mer? in Stuttgart.
Druck und Verlag von I. F. Steinstopf in Stuttgart.
 
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