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Lichtsteindruck ist ja ein so leichtes und treffliches Mittel der Vervielfältigung.
Nun liegen uns bereits zwölf Blätter vor, die Hälfte des Album: vier alt-
testamentliche und acht neutestamentliche Darstellungen.. „Hagar und Ismael"
zeigt eine gewisse herbe an Cornelius erinnernde Großheit; „Jakob und Rahel,"
jetzt in der herzoglichen Galerie zu Dessau befindlich, ist ein Bild voll einfach
edler Anmut; „Jonathan und David" verbindet zarte Empfindung mit helden-
hafter Stärke; „Salomos Urteil," welches unsere Alten so gerne in ihre Rats-
und Gerichtssäle malen ließen, ist eine wirkungsvolle Zierde des Schwurgerichts-
saals in Dessau. „Die Verkündigung Mariä" zeugt von Auffassung großen Stils.
„Das Gleichnis vom großen Abendmahl," zu dem die Armen, Lahmen und Krüppel
geführt werden, während die zuerst Berufenen ihren Geschäften nachgehen; „die
Grablegung," genauer Grabtragung Christi (jetzt in der Schloßkirche zu Dessau)
sind zwei figurenreiche, lebens- und empfindungsvolle Kompositionen. „Christus
am Ölberg" (in Privatbesitz) und „die Auferstehung Christi," (in einer evangelischen
Kirche Westfalens) sprechen weniger an, als das vom Knnstverein in Köln an-
gekaufte schöne Bild, wie die Purpurkrämerin Lydia zu Philippi mit Mann und
Kindern den Apostel Panlus samt seinen Gefährten in ihr Haus einladet, und
das ernste Gemälde „Petrus vor der Leiche der vielbetrauerten Tabea." Eigen-
tümlich sinnig sind die drei christlichen Kardinaltugenden dargestellt: der Glaube
in Betrachtung versunken auf das Bild des Gekreuzigten niederblickend, die
Hoffnung auf das Wort Gottes und seine Verheißungen gestützt nach oben blickend,
die Liebe, als die größte in der Mitte der Schwestern sitzend, umfaßt beide; ihr
Gürtel ist mit den Zeichen des Himmelskreises geschmückt zum Sinnbild ihrer
Erde und Himmel umspannenden Macht; nm das diadcmgeschmückte Haupt leuchtet
der Lichtschein der Ewigkeit. Drei Engelsköpfe schweben über der edelschönen
Gruppe, welche bei der hübschen Größe dieser biblischen Bilder ganz besonders
einen würdigen Zimmerschmnck für ein Christenhaus bildet.

Die Kapelle -er Irrenanstalt bei Schleswig.
Schleswig-Holstein hat in der Irrenanstalt bei Schleswig ein Institut
der Humanität von nahezu mustergültiger Bedeutung. Als vor kaum 70 Jahren
der Grund dazu gelegt wurde „zur Rettung dieser Menschen, deren Not gen
Himmel schreit", da that der warmherzige Schöpfer, Physikus Suadicani, den
Ausspruch: „Gott sei gelobt, daß man sich nicht mehr sagen darf, du unterschreibst
ein Todesurteil, wenn du jemand ins Irrenhaus schickst." 90 Geisteskranke,
welche bis dahin im Zuchthause mit Verbrechern unter einem Dache gelebt hatten,
wurden in den Neubau übergeführt, an welchem der berühmte französische Irren-
arzt Esquirol sein Bansystem zuerst ausgeführt sah, ehe noch im eigenen Vater-
lande ihm ein ähnlicher Erfolg zu teil geworden. Der Andrang von Hilfe-
suchenden aus nah und fern nahm so stetig zu, daß jetzt fast ein Tausend Un-
glücklicher hier Hut und Pflege finden.*) Die alte Schleistadt ist im Laufe der
Es dürfte wenig bekannt sein, daß in der Schleswiger Anstalt u. A. Tegner (Bischof von
Schweden, Sänger der Frithjof-Sage) und der Schriftsteller L. Wink arg lebten und — starben.
 
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