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mahnt er hier zur Liebe, indem er von der Liebe dessen predigt, der sich selbst
in den Tod gab.
5. Thomas. Nach bekannter Gepflogenheit mit Jakobus dem Jüngeren
ans der Reihe gerückt und vor Philippus geschoben, damit er das Bekenntnis
dessen erhält, was er so hartnäckig zu glauben sich geweigert: „auferstanden von
den Toten." Er ist eine der am sorgfältigsten durchgebildeten Gestalten, ein
schöner, geistig nicht eben hervorragender Männerkops, sehr anziehend durch die
völlige Abgezogenheit, mit welcher er, die linke Hand auf die Keule (sein Märtyrer-
zeichen) gestützt, in sein Buch sich vertieft hat. Dem Künstler galt sein Leugnen
wohl kaum als ein Beweis geistiger Überlegenheit; aber gewissenhaft ist dieser
Mann, und wenn auch es uns scheinen will, so
sieht er auf zu dem, der
sich gesetzet hat zur Rech-
ten Gottes. Um seinen
Mund spielt etwas wie
ein sarkastisches Lächeln:
es könnte der Welt gel-
ten, die diesen Christus
wähnte ins Grab gelegt
zu haben und seine Er-
höhung noch wird zu
spüren bekommen.
7. Philippus, neben
Jakobus an der West-
wand, eine schmächtige,
zierliche Jünglingsge-
stalt, die fast wie ein Rät-
sel unter den Genossen
austaucht. Lichtblau fällt
das faltenlose, ungegür-
tete Unterkleid vom Hals
bis auf die Fußspitzen her-
ab; der Mantel ist fast zu
nach oben gerichtet, wie lang und liegt auf der
Konsole auf; eine blaue Mütze deckt das von braunlockigem Haupt- und Barthaar
umwallte schöne Haupt, das, wenn wir nicht irren, etwas jüdische Art zeigt; und
ein Paar Augen, groß, kindlich und drohend zugleich wie die des Kindes der Sixti-
nischen Madonna, sehen träumerisch in die Welt hinein. Etwas Heiligmäßiges,
Priesterliches, Märchenhaftes umweht diese Gestalt, als gehörte sie der diesseitigen
Welt gar nicht an, als käme sie, staunend und warnend, aus der Welt herab, „von
dannen Er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten." Eine schönere
Verklärung der kindlichen Unbeholsenheit, mit welcher Philippus in den Evangelien
auftritt, ist nicht denkbar (vgl. Joh. 1, 46; 6, 6). Ganz gewaltig ist der Gegensatz
dieses Bildes zu dem am nächsten — nördlichen — Pfeiler folgenden, dem des

etwas schwerfällig, doch
gründlich. Jetzt sinnt er
wohl nach über die Weis-
sagung der Schrift, die
ihm zum Glauben hätte
verhelfen können und an
der er so achtlos wie
die Emmausjünger vor-
übergegangen ist. Sein
Abbild hier ist nach einer
Photographie gezeichnet.
6.Jakobus minor:
„aufgefahren gen Him-
mel, sitzet zur Rechten
Gottes" re. Nach der
Überlieferung ist er dem
Typus Christi ähnlich
gebildet. Leider ist sein
Kopf der einzige schlecht
erhaltene, oder richtiger
arg verdorbene. War
sein Blick ursprünglich
 
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