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Die Tugenden und Untugenden sind je nach dem besonderen Charakter des
Apostels, dem sie gegenüber zu stellen waren, bestimmt.
Ungleich schwerer war die Auffindung der Darstellungen in den oberen
Rosen und in den untern Kreisen. Für die oberen drei Rosen hätte man nach
den Vorbildern anderer mittelalterlicher Bilderkreise wohl den auf dem Regen-
bogen thronenden Christus und Maria nebst Johannes dem Täufer als Fürbitter
nehmen können, allein die Erwägung, daß die beiden Fürbitter für die Mensch-
heit, als welche sie in der späteren katholischen Kirche (ohne Schristgrund) an-
gesehen wurden, für eine evangelische Kirche nicht zu empfehlen seien, ließ von
ihnen Abstand nehmen und dafür die zwei Engel Gabriel und Michael neben dem
thronenden Christus anbringen. Dem Studium der einschlägigen Werke über den
Naumburger Dom und den Forschungen des hochverdienten Geheimen Justizrat
C. P. Lepsius über die Bischöfe Naumburgs verdanke ich die Fingerzeige zur
Wiederherstellung der alten Ordnung der Bischofsfiguren. Eine Stelle in der
um 1512 geschriebenen Chronik des bosanischen Mönchs Paul Lauge Zeigt, daß
die Fenster des Westchors damals bereits zerstört, daß aber in den Unterteilen
der drei damals noch teilweise vorhandenen Fenster Bischofsbilder noch mit Rahmen
zu sehen, und daß die im ersten und zweiten Fenster gewesenen paarweise nach
den Regierungszeiten angeordnet worden. Den sichersten Weg zur richtigen An-
ordnung zeigten die vorhandenen Bruchteile der Apostelbilder, denn nach der
Reihenfolge der Apostel waren jedenfalls auch die einst unter ihren Bildern ge-
malten Bischöfe geordnet. Hienach ist jetzt die Reihenfolge der Naumburger
Bischöfe geordnet von Hildeward an, unter dem 1028 der Bischofssitz von Zeitz
nach Naumburg verlegt wurde, uud dessen Nachfolger Cadalus 1045, der unter dem
Namen Honorius II den päpstlichen Thron bestieg, bis zum zehnten, Bertholdus.
In den drei Fenstern sind nun Figuren in nachstehender Ordnung.
UieUuel
61iristus
(taUrisl
Nörssverg-utig. . I>g.u1u8
Illoonstautig.. . ttsro
8upi6utikl . . . 8iraou
IiisixisMig. . . 2uro68
N6tru8.IUä68
8imOu(mUKU8) . Iuüä6l1tkl8
4u6oUu8
II6ro668
Nuii8U6tnäo
Iu80l6utiu
kIiIIii)M8 . . . Mserieorälkl,
Meuuor .... luäul^sutiu
NklrtUoloiuLu.? . NslliAiiitg.8
L.8tl'LA68 (N. 2) . luvläiu (N. 1)
?ÄX . . ,
I)j8LoräiL
. 1IlL<Iä6U8
. ^.ifuxklt
1oUcluu68
Ooruitiuu
. 0Uuritu8
. ^.varltig,
Ucl.tUkI.6U8 .
Hiitueu8 . .
. kutisutiu
. Iru
au8titiL . .
lu^uriu. . .
'IUsoäoriou8
1111 — 1123
. cHot>U8 II
. Ü6riU0^6U68
. tVkl.Irkliuu8
. 1089—1111
u4.uär6U8 . .
2V6A6U8 . . .
H11ä6'lVclräu8
1002—1032
. I^oi'tltuäo
. liiuor
. 0uäu.Iu8
. 1032—1045
Hioruu8 . .
Ll68<l8U8 . .
Ld6rUg.räu8
1045—1079
. 8p68
. Dssxör-ltio
. 6üutU6riu8
. 1079 — 1089
In der Wiesenkirche zu Soest in Westfalen, deren Wiederherstellung ich von
1879 bis 1882 zu leiten hatte, war ebenfalls die Wiederherstellung der alten zwischen
1310 und 1350 entstandenen Glasmalereien, die eine Fläche von 150 Quadrat-
meter Annahmen und bei 46 000 Mark kosteten, eine der Hauptaufgaben.
War in Naumburg der Raum eine Marienkapelle, so sind wir hier in
einer bedeutenden Marienkirche. War dort die Kirche Neuen Testaments dar-
gestellt, so hier die Kirche Alten und Neuen Testaments in ihren vornehmsten
Vertretern, ansangend vom Mittelfenster und dann immer die gegenüberstehenden
Die Tugenden und Untugenden sind je nach dem besonderen Charakter des
Apostels, dem sie gegenüber zu stellen waren, bestimmt.
Ungleich schwerer war die Auffindung der Darstellungen in den oberen
Rosen und in den untern Kreisen. Für die oberen drei Rosen hätte man nach
den Vorbildern anderer mittelalterlicher Bilderkreise wohl den auf dem Regen-
bogen thronenden Christus und Maria nebst Johannes dem Täufer als Fürbitter
nehmen können, allein die Erwägung, daß die beiden Fürbitter für die Mensch-
heit, als welche sie in der späteren katholischen Kirche (ohne Schristgrund) an-
gesehen wurden, für eine evangelische Kirche nicht zu empfehlen seien, ließ von
ihnen Abstand nehmen und dafür die zwei Engel Gabriel und Michael neben dem
thronenden Christus anbringen. Dem Studium der einschlägigen Werke über den
Naumburger Dom und den Forschungen des hochverdienten Geheimen Justizrat
C. P. Lepsius über die Bischöfe Naumburgs verdanke ich die Fingerzeige zur
Wiederherstellung der alten Ordnung der Bischofsfiguren. Eine Stelle in der
um 1512 geschriebenen Chronik des bosanischen Mönchs Paul Lauge Zeigt, daß
die Fenster des Westchors damals bereits zerstört, daß aber in den Unterteilen
der drei damals noch teilweise vorhandenen Fenster Bischofsbilder noch mit Rahmen
zu sehen, und daß die im ersten und zweiten Fenster gewesenen paarweise nach
den Regierungszeiten angeordnet worden. Den sichersten Weg zur richtigen An-
ordnung zeigten die vorhandenen Bruchteile der Apostelbilder, denn nach der
Reihenfolge der Apostel waren jedenfalls auch die einst unter ihren Bildern ge-
malten Bischöfe geordnet. Hienach ist jetzt die Reihenfolge der Naumburger
Bischöfe geordnet von Hildeward an, unter dem 1028 der Bischofssitz von Zeitz
nach Naumburg verlegt wurde, uud dessen Nachfolger Cadalus 1045, der unter dem
Namen Honorius II den päpstlichen Thron bestieg, bis zum zehnten, Bertholdus.
In den drei Fenstern sind nun Figuren in nachstehender Ordnung.
UieUuel
61iristus
(taUrisl
Nörssverg-utig. . I>g.u1u8
Illoonstautig.. . ttsro
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. 1089—1111
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1002—1032
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. 1032—1045
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1045—1079
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. Dssxör-ltio
. 6üutU6riu8
. 1079 — 1089
In der Wiesenkirche zu Soest in Westfalen, deren Wiederherstellung ich von
1879 bis 1882 zu leiten hatte, war ebenfalls die Wiederherstellung der alten zwischen
1310 und 1350 entstandenen Glasmalereien, die eine Fläche von 150 Quadrat-
meter Annahmen und bei 46 000 Mark kosteten, eine der Hauptaufgaben.
War in Naumburg der Raum eine Marienkapelle, so sind wir hier in
einer bedeutenden Marienkirche. War dort die Kirche Neuen Testaments dar-
gestellt, so hier die Kirche Alten und Neuen Testaments in ihren vornehmsten
Vertretern, ansangend vom Mittelfenster und dann immer die gegenüberstehenden