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Mittelganges zwei seitliche Gänge zu den Bänken an-
genommen. Ebenfalls angesichts der Gemeinde ist die
Orgel mit dem Sängerchor ausgestellt. Das Be-
dürfnis einer solchen Anordnung, besonders auf kirch-
liche, musikalische Aufführungen wird niemand bestreiten,
meint der H. Verfasser. Aus Zweckmäßigkeitsgründen
ordnet er doch auch eine Borkirche im Westen, wenn
der Altar im Osten zu stehen kommt, „wodurch um-
gangen wird, daß die Andächtigen sich gegenübersitzen."
Unter die Orgelbühne käme ein Saal für den Konfir-
mandennnterricht, der auch für die Gemeinde zu
anßerkirchlichen Versammlungen dienen könnte. Eine
solche Kirche mit etwa 700 Sitzplätzen und mit Holzdecke ließe sich je nach der
Ausführung um 150 —180000 Mark Herstellen. Wir geben in Fig. 6 eine ver-
kürzte Nachbildung des Grundrisses. Für das renaissanceförmige Äußere sind
an die vier Ecken je ein schlanker, spitzer Treppentnrm, aus den Giebel der
Schanseite ein ebensolcher Dachreiter gedacht.
Wäre der evangelische Kirchenbau bloß eine Geschmacksache, so würde man
sich bei dem Satze beruhigen müssen, daß über Geschmacksachen nicht zu streiten
sei. So könnte auch der sägensörmige Seitenabschluß der theatermäßigen Bank-
reihen für überaus geschmackvoll gehalten werden. Wäre im evangelischen Kirchen-
ban die nüchterne Zweckmäßigkeit eines Hör- und Schauraumes das A und das O,
so könnte ein Plan wie der soeben umrissene seinen Preis erlangen.
Es mag wohl noch eine Weile sortgehen mit Erfinden und Versuchen von
Kirchenanlagen und Einrichtungen nach dem neuen Dogma in dem ruhelosen
Strome des zu Ende eilenden Jahrhunderts. Konnte in diesem mehr und mehr
in seiner zweiten Hälfte den Idealen abgewandten Jahrhundert der Fabriken
und Erfindungen ein übermütiger Realist sich nicht scheuen zu sagen, der Weg
zur Hölle sei mit Idealen gepflastert, so mögen Weckstimmen wie die, welche in
der schönen Schrift „Idealismus" von Pros. O. Ehr. Muff, Direktor des
König-Wilhelms-Gymnasiums zu Stettin (Halle a. S. Map Grosse 1890) er-
hoben worden ist, vorerst die Stimme eines Predigers in der Wüste sein. Aber
die rückläufige Bewegung zu den schwachen und dürftigen Satzungen und zu den
so wenig das kirchliche Gefühl befriedigenden Leistungen einer srühern, im Nieder-
gang gewesenen Zeit der Kirchenbaukunst wird — ob auch heutige künstlerische
Bildung durch bessere Schulung den guten alten Fnrttenbach Übertressen mag —
sicherlich nicht zu dem gewünschten echt und recht und rein „protestantischen" Stil
und Ziel führen.
Das neue Dogma dieser sonst so undogmatisch sein wollenden Zeit wird
mit diesem Zeitstrom sein Ende haben.
Inhalt: Ein neues Dogma. Mit Bildern.
Verantwortliche Redaktion: Prälat vr. v. Mer; in Stuttgart.
Druck und Verlag von I. F. Steinkopf in Stuttgart.
Mittelganges zwei seitliche Gänge zu den Bänken an-
genommen. Ebenfalls angesichts der Gemeinde ist die
Orgel mit dem Sängerchor ausgestellt. Das Be-
dürfnis einer solchen Anordnung, besonders auf kirch-
liche, musikalische Aufführungen wird niemand bestreiten,
meint der H. Verfasser. Aus Zweckmäßigkeitsgründen
ordnet er doch auch eine Borkirche im Westen, wenn
der Altar im Osten zu stehen kommt, „wodurch um-
gangen wird, daß die Andächtigen sich gegenübersitzen."
Unter die Orgelbühne käme ein Saal für den Konfir-
mandennnterricht, der auch für die Gemeinde zu
anßerkirchlichen Versammlungen dienen könnte. Eine
solche Kirche mit etwa 700 Sitzplätzen und mit Holzdecke ließe sich je nach der
Ausführung um 150 —180000 Mark Herstellen. Wir geben in Fig. 6 eine ver-
kürzte Nachbildung des Grundrisses. Für das renaissanceförmige Äußere sind
an die vier Ecken je ein schlanker, spitzer Treppentnrm, aus den Giebel der
Schanseite ein ebensolcher Dachreiter gedacht.
Wäre der evangelische Kirchenbau bloß eine Geschmacksache, so würde man
sich bei dem Satze beruhigen müssen, daß über Geschmacksachen nicht zu streiten
sei. So könnte auch der sägensörmige Seitenabschluß der theatermäßigen Bank-
reihen für überaus geschmackvoll gehalten werden. Wäre im evangelischen Kirchen-
ban die nüchterne Zweckmäßigkeit eines Hör- und Schauraumes das A und das O,
so könnte ein Plan wie der soeben umrissene seinen Preis erlangen.
Es mag wohl noch eine Weile sortgehen mit Erfinden und Versuchen von
Kirchenanlagen und Einrichtungen nach dem neuen Dogma in dem ruhelosen
Strome des zu Ende eilenden Jahrhunderts. Konnte in diesem mehr und mehr
in seiner zweiten Hälfte den Idealen abgewandten Jahrhundert der Fabriken
und Erfindungen ein übermütiger Realist sich nicht scheuen zu sagen, der Weg
zur Hölle sei mit Idealen gepflastert, so mögen Weckstimmen wie die, welche in
der schönen Schrift „Idealismus" von Pros. O. Ehr. Muff, Direktor des
König-Wilhelms-Gymnasiums zu Stettin (Halle a. S. Map Grosse 1890) er-
hoben worden ist, vorerst die Stimme eines Predigers in der Wüste sein. Aber
die rückläufige Bewegung zu den schwachen und dürftigen Satzungen und zu den
so wenig das kirchliche Gefühl befriedigenden Leistungen einer srühern, im Nieder-
gang gewesenen Zeit der Kirchenbaukunst wird — ob auch heutige künstlerische
Bildung durch bessere Schulung den guten alten Fnrttenbach Übertressen mag —
sicherlich nicht zu dem gewünschten echt und recht und rein „protestantischen" Stil
und Ziel führen.
Das neue Dogma dieser sonst so undogmatisch sein wollenden Zeit wird
mit diesem Zeitstrom sein Ende haben.
Inhalt: Ein neues Dogma. Mit Bildern.
Verantwortliche Redaktion: Prälat vr. v. Mer; in Stuttgart.
Druck und Verlag von I. F. Steinkopf in Stuttgart.