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feind bezwungen war, wurde an ein kirchliches Dankopfer und Denkmal für „des
güidnen Friedens wertes Gut" gedacht. Ein Kirchenbauverein nahm 188l,
nachdem die Bauschuld der Johanneskirche getilgt war, die Sache in die Hand,
und nach neunjährigem treuem, eifrigem Bemühen war soviel erreicht, daß, nach-
dem der Bauplatz mit einem Aufwand von 95000 ^// gewonnen war, am
27. Oktober 1890 der Grundstein an der Stelle des künftigen Altars feierlich
gelegt werden konnte.
Rührend war es zu vernehmen, wie von Anfang an Herzen und Hände
sich für die Friedenskirche öffneten. Da brachte ein Dienstmädchen, das nicht ein-
mal seinen Namen nennen wollte, eine Gabe von zehn Mark. Eine unbekannte
Frau that dasselbe „zum Dankopser für Genesung aus schwerer Krankheit."
Eine Mutter spendete „aus Dankbarkeit für die Erfolge ihres Söhnleins im
Lernen" einen Beitrag. Die Kinder einer Familie lieferten den Ertrag eines
Kaufladens, der ihnen zu Weihnachten beschert worden war, an die Vereinskasse
ab. Ein Greis steuerte wiederholt reichlich bei mit der Erklärung: er habe in
den Kirchen Stuttgarts schon so viel Erbauung und Tröstung erhalten, daß es
ihm ein Bedürfnis sei, so viel er vermöge, auch in Unterstützung dieses Kirchen-
baues sich dankbar dafür zu beweisen. Im Opferbecken der Wanderkirche fand
sich eine ansehnliche Gabe mit dein Begleitwort: „Vom ersten Gehalt Gab ich
hier alsbald Ein Scherflein klein Dem Kirchenbauverein." Und so weiter.
Also wurde durch Gaben klein und groß, durch hochherzige Hilfen des König-
lichen Hauses, des Staates, der Stadtgemeinde, der Kirchengemeinden, durch die
jährlichen Beiträge der Mitglieder des Bauvereins, durch einen besonderen Frauen-
verein, durch Vermächtnisse und Stiftungen bis jetzt eine Summe von mehr als
300000 ^ ersammelt und die Gewähr gegeben, daß auch die noch nötigen
250000^ der Kirche zufließen werden, die nun in dieser h. Adventszeit (am
11. Dez.) zum erstenmal der feiernden Gemeinde ihre schönen Pforten öffnen darf.
Der glückliche Erbauer der in den zwei Jahren 1890 bis 1892 vollendeten
Friedenskirche hat uns freundlich in stand gesetzt, sein gelungenes Werk hier-
zu beschreiben nnd abzubilden. Wir haben schon in den Jahrgängen 1888 bis 1890
Kunde davon gegeben, wie die Entwürfe zu der Kirche hervorgegangen sind aus
einem am 7. Januar 1888 für die deutschen Baumeister eröffnten allgemeinen
Wettbewerb, dessen Ergebnis dreiunddreißig Entwürfe waren. Ans ihnen hob
sich durch sehr bemerkenswerte Eigenart hervor eine Arbeit, als deren Verfasser
der Erbauer der hiesigen Garnisonkirche, der Lehrer der Baukuude an der tech-
nischen Hochschule, Herr Prof. Dollinger, sich ergab. Er hatte die neuerdings
stärker, von manchen überprotestantisch einseitig betonten Bedürfnisse einer evange-
lischen Gemeinde ins Auge gefaßt und demselben, ohne mit dem zu brechen, was
von jeher im christlichen Kirchenbau feststand, namentlich in der Raumanlage
solches Genüge gethan, daß er mit Ausarbeitung der Pläne beauftragt wurde.
Der im Aufriß bedeutend umgearbeitete Plan wurde zur Ausführung bestimmt und
ist nun ebenso sorgfältig als rasch ausgeführt.
Der bestimmte Bauplatz war nach Gestalt, Lage und Höhenverhältnissen
keineswegs bequem. Er liegt am Bergabhang und an zwei unter stumpfem
 
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