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42
Christliches Kunstblatt für Kirche, Zchule und Haus
Nr. 2

kehr zum Katholizismus zu behaupten, läßt aber doch durchblicken, daß er es
für sehr wahrscheinlich hält, und bezeichnet Dürers anfänglich freundliche Stellung
rundweg als einen Irrweg, den er, wie so viele andere, aus reiner Unkenntnis
der Person und wahren Tendenz Luthers eingeschlagen habe.
Die Frage gewinnt dadurch, daß Dürer so von zwei Seiten umworben wird,
für uns nur noch mehr an Reiz. Und auch ohne das ist's gerade jetzt in den
Jahren vor dem Reformationsjubiläum von Interesse, zu hören, wie einer der
berühmtesten Zeitgenossen sich stellte zu der neuen Bewegung, ein Mann, der
nicht bloß als Künstler, sondern auch als Schriftsteller sich mannigfach betätigte.
Ich habe damit schon angedeutet, wie ich die Frage behandeln möchte: den
Rndeutungen und sicheren Beweisen seiner Kunst möchte ich nachgehen, aber ebenso
hören auf die wohlverbürgten Nachrichten aus seinem Leben und nicht zuletzt
auf seine eigenen Worte.
l. Leben und religiöse Stellung Dürers.
Ts wird gut sein, zunächst sein Leben in einigen großen Umrissen uns zu
vergegenwärtigen.
1471 war Nlbrecht Dürer geboren. Sein Vater, ein armer Nürnberger
Goldschmied, hielt seine 18 Kinder in harter christlicher Zucht. Die Mutter,
ein abgeschafftes Weib mit scharfen Zügen, wird als kirchlich-fromm geschildert.
Rls sie später als Witwe bei ihrem Sohn wohnte, da war ihr einziger Gang
aus dem Hause der in die Kirche, und auch andere ermahnte sie zu fleißigem
Kirchgehen mit der ständigen Rede, die sie im Munde führte „Geh im Namen
Iesu."
herangewachsen kam Dürer zunächst zu seinem Vater in die Lehre und hatte
beinahe schon als Goldschmied ausgelernt, da regte sich in ihm der Wunsch, Maler
zu werden. In dem daraus sich ergebenden Kampf zwischen Vater und Sohn
— den Vater reute die verlorene Zeit — gewann der Sohn und bekam als neuen
Meister Michael Wohlgemut, den Nürnberger Maler. „In der Zeit verlieh mir
Gott Fleiß, daß ich wohl lernte." Und nachdem er gelernt hatte, was bei Wohl-
gemut zu lernen war, ging er auf die Wanderschaft. Sehnsüchtig hat er sein
Leben lang über die Grenzen seines Vaterlandes hinausgeschaut und jene Vor-
stellung der Romantiker ist so falsch als möglich, daß er, der deutsches Städte-
leben so behaglich breit schilderte, eben am liebsten in seinem Haus am Tiergärtner-
tor gesessen sei, vor sich hinarbeitend als ehrsamer Meister nach der Väter Weise.')
Ihn trieb's immer wieder, und noch im Rlter, in die Ferne.
Ziel und Etappen seiner damaligen ersten Reise sind uns nicht genau bekannt;
wir wissen nur, daß er in Kolmar war, um Martin Schongauer zu sehen, aber
ankam, als der Meister eben gestorben war; auch in Basel und Straßburg treffen
wir auf seine Spuren. Nach vier Jahren kehrte er Pfingsten 1494 wieder nach
Nürnberg zurück und heiratete die Frau, die ihm sein Vater ausgesucht hatte
und von der manche wissen wollen, daß sie sein stetes Hauskreuz gewesen sei.
 
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