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86

Christliches Kunstblatt für Kirche, Zchule und Haus

Nr. 3

Bettler erschienen. Sie schmückt auch mit goldenem Zaume den gelben Zand der
verlassenen Ufer. Dann überstreut sie, wie den Himmel, so den Zee mit einem
wunderbaren Rosenstar, den ein stilles Säuseln der Luft und linder Wellenschlag
weiter und weiter trägt, bis er die blaue Fläche oben und unten ganz überdeckt.
Vas verpustende Leben des Tages durchzittert Luft und Wasser mit leiserem Beben
und Weben, mit sanftem Zzintillieren. Dann verglimmen und verschwimmen
langsam die Gluten und Farben dieser abendlichen Festbeleuchtung zu Ehren des
Ruferstandenen,' die festen und bestimmten Umrisse der Berge werden weich und
duftig, und wie eine Zilberwolke überschwebt sie die Zchneekuppel des Hermon.
Vie Sterne beziehen ihre Nachtwache und ordnen ihre Ehöre zum Empfange der Nacht.
Rn solcher Pracht hast einstens auch des ewigen Vaters ewiger Sohn an
diesen Ufern in Rnbetung und Dank sein menschliches Rüge geweidet, sein Herz gelabt.

Vie Heiliggrabkirche einst und jetzt.
Wir haben es schon mehrmals besucht, Jerusalems größtes Heiligtum, das
Golgathas blutgeröteten Hügel und die Stelle des Grabes und der Ruferstehung
zumal in sich birgt, Todesdenkmal und Siegesmonument zugleich. Heute kommen
wir hierher, um den Bau gründlich zu studieren. Da tritt zu uns die Kritik,
welche längst aus Europa auch hierher den Weg gefunden, seit langer Zeit in
diesem Boden gegraben und geforscht, fast jeden Stein beklopft hat, hinabgestiegen
ist zu den Tiefen der Fundamente und hinauf auf die Zinnen des Tempels.
Vas verhätschelte Rind des 19. Jahrhunderts mit den kalten, blassen Zügen
und den scharfen, oft unheimlich lauernden Rügen hält uns an der Schwelle an
und stellt uns die verfängliche Frage: Weißt du auch, ob wirklich hier die wahre
und echte Stätte der Kreuzigung und des Grabes ist?
Wir müssen uns mit ihr auseinandersetzen. Vie Schriften für und wider
aus den letzten zwei Jahrhunderten bilden eine kleine Bibliothek. Wit viel
Eifer wurde zuzeiten diese aufgeworfene wichtige Frage verhandelt — wichtig
nicht in dem Sinne, als ob irgend eine fundamentale historische Tatsache oder
irgend eine dogmatische Grundlage, worauf das Christentum beruht, mit in Frage
gestellt wäre, aber deswegen allerdings wichtig, weil ein Interesse jedes christlichen
Geistes und Herzens ins Spiel kommt. Zum guten Glück haben wir, um den
heutigen Stand dieser Frage darzutun, nicht nötig, den umständlichen und kompli-
zierten Rpparat vorzuführen, der noch bis vor kurzem unentbehrlich war. Ein
glücklicher Fund hat hier alles vereinfacht.
Eine große Schwierigkeit, von den Gegnern der Echtheit stark ausgenützt,
von deren Verteidigern nicht ganz befriedigend gelöst, bildete immer die Lage
der Heiliggrabkirche. Sie liegt ganz innerhalb der Stadt und der Stadtmauer,
von Golgatha aber berichten die Evangelisten ausdrücklich, daß es zwar in der
Nähe der Stadt, aber außerhalb derselben und außerhalb des Tores gelegen
gewesen sei. Vie Frage ist näherhin die, ob die Stelle der Grabkirche innerhalb
oder außerhalb des früheren zweiten Wauerlaufs gelegen sei,- denn die dritte,
 
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