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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule und Haus

425

Ein deutscher Hoftheater-Intendant
über die sozialen Pflichten des Theaters
und über die Talmikunst des Kinema-
tographen.
Bei der Einweihung des Heilbronner
Stadt-Theaters hat der General-Intendant
der Stuttgarter Ugl. Hoftheater bemerkens-
werte Worte gesprochen, deren Programm
über eine solenne Festrede hinausreicht:
„In den letzten Dezennien sind in Deutsch-
land viele neue Theater entstanden, nicht
nur Hoftheater. Deutschland marschiert in
dieser Beziehung voran. Dadurch ist eine
Dezentralisation der Kunst entstanden. Mehr
als je wird erkannt, daß der Betrieb einer
guten Bühne nicht nur zum Vergnügen der
Einwohnerschaft da ist, sondern daß durch
gute künstlerische Darbietungen
eine soziale Aufgabe von großer
Bedeutung erfüllt wird. Ist doch
das GebietderU un st vielleicht das
einzige, auf dem sich ohne Klassen-
unterschied alleBürger zusammen-
finden. In dieser Erkenntnis haben selbst
Städte mit geringer Einwohnerzahl sich zum
Bau von Theatern entschlossen, die zunächst
viel zu großartig erschienen, aber die hiefür
gemachten Ausgaben haben sich noch immer
gelohnt, zumal wenn die weitere Einsicht
vorhanden war, daß man den Bühnen-
leitern möglichst günstige Bedingungen zu
stellen sich entschloß. Lines darf jedenfalls
behauptet werden, daß die sozialen Forde-
rungen, die an die Theatergebäude gestellt
werden, durch die neuen Häuser im vollsten
Umfang erfüllt werden; in dieser Bezieh-
ung können wir getrost behaupten, daß
Deutschland in der Welt voran marschiert.
Kein anderes Land besitzt auch nur an-
nähernd so viele und so gute Theaterge-
bäude, wie sie in Deutschland seit einer
Ueihe von Jahren vorhanden sind. Das
ergibt aber auch eine gesunde Dezen-
tralisation der Kunst, die über das ganze
Keich verstreut eine große Anzahl kleinerer
Zentren geschaffen hat, die ein wichtiger
Kulturfaktor geworden sind, und ich bin
überzeugt, es auch bleiben werden, trotz der
bedauerlichen Tatsache, daß die Sensation,
die sich wesentlich auch in den Kinemato-
graph enth eat ern breit macht, dem wahren

Kunstempfinden stark Abbruch getan hat.
Aber ich bin überzeugt, daß wir es da mit
einer vorübergehenden Erscheinung zu tun
haben. Schließlich wird das Wahre
und Tiefe doch den Sieg davon-
tragen. Gerade Ihre Stadt hat einem
Werke den Kamen gegeben, dessen zwingende
Poesie auch heute noch ihrer Wirkung sicher
ist; gerade Stücke wie „Das Käthchen von
Heilbronn" müssen den klaftertiefen Abgrund
deutlich zum Ausdruck bringen, der zwischen
der wahren Kunst des Theaters und der
Talmikunst des Kinematographen besteht."
Neue Kunstblätter des Volks-
kunstbundes.
A. Feuerbach: „Iphigenie". In farben-
prächtiger Wiedergabe! Bildgröße 63:96 cm.
Preis Mark 6.-. Diese Groß-Ausgabe soll
für Schulen, Mädchenheime, Damenzimmer,
Säle, große Wohnräume, Dielen usw. ein
willkommener Schmuck sein, den der Volks-
kunstbund mit besonderem Willen als drittes
Monumentalbild nach Leonardos Abend-
mahl und Burnands Ahrenleserinnen aus-
gibt.
Feuerbachs Iphigenie ist in unseren Tagen
so etwas wie ein Symbol der Sehnsucht ge-
worden nach dem großen unbekannten Land.
Goethes Wort: „Das Land der Griechen mit
der Seele suchend" erweitert sich in diesem
deutschen Bilde von der suchenden Griechen-
seele zur suchenden Menschenseele. Diese
hohe, herrliche Gestalt, die auch noch in
ihrer sitzenden Haltung Größe hat, dieses
lange, weiße, priesterliche Gewand, dieses
Frauenhaupt, in dem Schönheit und Geist
eins geworden sind, dieses ferne Meer, dessen
geheimnisvolle, smaragdene Woge an den
lichten Himmel pocht, das alles ist dazu an-
getan, eine Welt der Gedanken und Träume
in unserer Phantasie aufsteigen zu lassen,
die uns im harten Kampf des modernen
Lebens als das wahre Land der Heimat
unsrer Seele dünkt, wo für hohes Wollen ein
beglückendes vollbringen gegeben ist. So ist
das Bild mit seinem durch eine edle Frau aus-
gesprochenen Symbol gleich für Mann und
Weib geltend, für Jugend und Alter, für
Schönheitssucher und für Ewigkeitssucher
 
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